skagerak schrieb:Gutes Beispiel. Habe mich schon immer gefragt, inwieweit das Bremssystem bei so einem langen Güterzug und in welchem Fall wie funktioniert.
Dachte immer, am besten wäre es doch, wenn eine Lock von hinten alles ziehend bremst. Okay, würde auch lange dauern, aber es könnte ja die schiebenden Kräfte aller Wagen entgegenwirken sozusagen.
Lok vorn macht schon Sinn, man verhindert somit Stauchungen und auch Überpufferungen durch die Druck-/Zugkräfte im Zug.
Überpufferung sieht so aus:
(Quelle: www.lahrer-zeitung.de)
(Quelle: Wikipedia)
Ich versuche das mal mit dem Wikipediabild relativ einfach zu erklären.
Die Hauptluftleitung (4) geht den ganzen Zug entlang (das sind die Gummischläuche zwischen den Wagen die verbunden sind) und steht bei Fahrt mit 5 Bar (es gibt Dinge die zwar nicht SI-konform sind aber man weiß was gemeint ist
:) ) unter Druck. Über die Hauptluftleitung füllt man über das Steuerventil (6) den Bremsluftbehälter (7) mit Druckluft. Um zu bremsen denke ich den Druck in der Hauptluftleitung über das Führerbremsventil (3) ab, bei Güterzügen zwischen 0,5 Bar [kleinste Bremsstufe] bis 1,5 Bar [Vollbremsung] ab, das Steuerventil schaltet um und lässt Luft vom Bremsluftbehälter in die Bremszylinder, so lange man Druckluft in der Hauptluftleitung hat speist das Steuerventil auch immer den Bremsluftbehälter und somit die Bremszylinder nach. Lasse ich als Lokführer vorn auf der Lok 0,8 Bar aus der Hauptluftleitung dann dauert es pro 100m Zuglänge etwa 1 Sekunde bis die Steuerventile reagieren (in Bremsstellung "G" wohlbemerkt). Also bei einem 700m langem Zug tut sich erstmal bis zu 7 Sekunden rein gar nichts bzw. nicht so viel. Fülle ich vorn die Hauptluftleitung stufenweise wieder auf dann löst das Steuerventil auch stufenweise meine Bremsung auf indem es die Bremszylinder teilentlüftet.
Jetzt wirds bissel knifflig.
:)Man kann sich vorstellen das solch eine lange Verzögerung bei einem Personenzug oder gar ICE etwas blöd wäre, langsames anlegen und lösen der Bremsen. Um das zu regulieren gibt es einen "GP-Wechsel" das ist nur eine Drossel die unterschiedliche Querschnitte hat und somit die Bremsen langsamer (Bremsart "G") oder schneller (Bremsart "P" oder "R") anlegt bzw. löst. Man will damit verhindern das es zum zerreißen des Zuges kommt. Bei Güterzügen die in Bremsart "P" (wie Personenzug
:) ) gefahren werden wird ab 801t Wagenzuggewicht die Lok auf Bremsart "G" (wie Güterzug) umgeschalten und ab 1201t Wagenzuggewicht werden auch noch die ersten 4 Wagen nach Bremsart "G" umgeschalten, damit legen die später an und lösen später aus, der Zug läuft also quasi "Auf" und man hat keine Zerrungen.
Sollte man die Hauptluftleitung trennen dann legt sich automatisch die Bremse voll an, also eine sehr einfach aber wirklungsvolle Sicherheitsmaßnahme. Tamarillo wird jetzt bestimmt mit den Fingern auf den Tisch trommeln, weil er weiß es gibt noch mehr Bremsarten aber ich wollte nicht gleich das totale Chaos stiften. Zb. gibt es bei den Triebwagen der BR 425/426 zwar eine Hauptluftleitung aber die ist Leer und wird erst beim schleppen/abschleppen wichtig. Und in den USA gibt es Firmen die zum Bremsen Druckluft einblasen weil die Hauptluftleitung sonst leer ist, aber mit dem Kram bin ich noch nie in Berührung gekommen. Alle europäischen Fahrzeuge sind da normiert und verwenden im Prinzip das selbe Bremssystem, ich möchte das "im Prinzip" dabei sehr betonen weil es ist nicht ganz so einfach.
:)