Zur Zahnbürste (da gibt's viele, viele Artikel):
Der Fall Mollath
http://der-fall-mollath.de/Die nächste und letzte Verhandlung findet vor dem Landgericht Nürnberg statt. Sie dauert nahezu sieben Stunden. Mit seinem Pflichtverteidiger, dem Nürnberger Rechtsanwalt Thomas Dolmany, spricht Gustl Mollath nicht. Dolmany erinnert sich nicht mehr an diese Verhandlung. Nur noch daran, dass Gustl Mollath mit einer Zahnbürste im Revers kam und die Prospekte und Bücher von den Nürnberger Prozessen vor sich ausgebreitet und auch daraus vorgelesen habe.
Der Morgen der Verhandlung gehört Gustl Mollath. Er weigerte sich schon länger, mit seinem Pflichtverteidiger Thomas Dolmany aus Nürnberg zusammenzuarbeiten. Beide, der Anwalt und sein Mandant, hatten mehrfach darum gebeten, diese Zwangsverbindung zu trennen. Ein Wunsch, dem weder Richter Brixner noch Richter Eberl nachkommen. Im Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtages zum Fall Gustl Mollath im Juni 2013 begründet Eberl dieses Vorgehen mit der Sorge, dass der Angeklagte dann ohne Anwalt dagestanden hätte. Denn Mollath hatte schon seinem vorigen Anwalt das Mandat entzogen.
Spiegel online, 10. Juli 2014
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/gustl-mollath-zeugen-bestaetigen-pruegelvorwuerfe-vor-gericht-a-980187.htmlMollath schrieb, er sei mit seiner Frau in die Schweiz gefahren, er habe dort "Koffer voll Geld" hingebracht, erinnert sich Dolmany. Das sei ihm komisch vorgekommen. "Aber er hat mir nie gesagt, was ich tun soll. Er hat auch nie gesagt: Meine Frau hat mich nur angezeigt, weil ich etwas aufdecken will." Von Anfang an habe Mollath schriftlich Misstrauen geäußert: "Sie werden als stromlinienförmig beschrieben. Was soll ich davon halten?"
Begegnet seien sie sich erst beim Amtsgericht, am Tag der Verhandlung. Mollath habe ihn freundlich gegrüßt, eine grün-weiße Zahnbürste im Revers. Darauf angesprochen habe er zu ihm gesagt: "Die sperren mich heute sowieso ein."
Dann habe Mollath mit seinem Verhalten eine Weiche gestellt. "Während der Verhandlung hat er den ganzen Tisch mit Schriftstücken zu den Nürnberger Prozessen bedeckt. Der Staatsanwalt verliest die Anklage, da lehnt sich der Herr Mollath nach hinten und fängt an vorzulesen." Dolmany hält sich ein Stück Papier vors Gesicht und spielt die Szene auf seinem Zeugenstuhl nach: "Er wollte sich nicht mit den Vorwürfen auseinandersetzen."
Der Anwalt berichtet, wie es dazu kam, dass er damals das Gericht um seine Entpflichtung als Verteidiger bat. An einem Freitag habe er nach 20 Uhr in einem leeren Geschäftshaus im vierten Stock in seiner Kanzlei gesessen, als Mollath an die Tür geschlagen und gerufen habe: "Dolmany, ich will mit dir reden, mach auf!"
"Ich hab selten Angst", sagt Dolmany. "Aber da hab ich richtig Angst gehabt." Er habe sich gefragt, was Mollath von ihm wolle, er habe ihm schließlich nichts getan.
"Der hat ausgeforscht, wo ich wohne"
Außerdem sei es bei einer Begegnung mit Mollath in einem Fotoladen zu folgendem Dialog gekommen.
"Na, Herr Dolmany, wie geht's?"
"Gut."
"Noch gut, aber nicht mehr lange!"
Ähnliches sei mehrmals passiert. Mollath schickte Briefe: "Nie Ihre Haftpflicht vergessen, sonst könnte Sie das Ihr Haus kosten". "Der hat ausgeforscht, wo ich wohne", sagt Dolmany. "Ich mag es nicht, wenn man mich bedroht."
All das habe er dem Gericht geschrieben und auch, dass Mollath ihn als "wildgewordenen Nazi-Staatsanwalt" beschimpfte. Die Antwort: "Ein Rechtsanwalt wie ich müsse mit so etwas rechnen." Die Entpflichtung wurde abgelehnt.
@Poipoi Zwischen "anders" und "verrückt" gibt's nen Unterschied, die Grenzen mögen fliessend sein. Nur wird es halt spätestens dann kritisch, wenn Jemand straffällig wird. Und wenn Mollath sich so sicher war, dass er verurteilt werden würde (also im ersten Prozess), dann frage ich mich echt, warum er den Märtyrer spielte und sich damals nicht wenigstens selbst verteidigte oder den Versuch dazu unternahm. Das kann man mit einfacher Verschrobenheit nimmer erklären.
Und dann darf man seine Situation vor dem Prozess auch nicht aus den Augen verlieren: hoch verschuldet und in Scheidung lebend.
Vielleicht war dieses "Sich-Ergeben" auch leichter als sich der Realität zu stellen. Schon mal an diese Möglichkeit gedacht?
Für mich ist das jedenfalls einleuchtender als die große Intrige, für die es keinerlei Beweis gibt, was an sich ja wiederum die ideale Bestätigung ist, dass so gut und gründlich gemauschelt wurde
:) q.e.d.