emz schrieb:Hat es nicht:
Das LG hat Mollath wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen. Das dürfte unumstritten sein.
Eigentlich hätte es Herrn Mollath wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilen müssen. Weil dies aber revisionsrechtlich kaum Bestand gehabt hätte, hat man
in dubio pro reo Schuldunfähigkeit angenommen.
Ein außerordentlich raffinierter Kniff. Der "Clou", der mein Vertrauen in diese Rechtsprechung nicht gerade stärkt (wie auch andere Entscheidungen dieser Kammer am LG Regensburg).
1. Effekt des Urteils: Der Freispruch hat keine Beschwer und berechtigt nicht zur Revision oder Verfassungsbeschwerde.
2. Effekt des Urteils: Zugleich ist dem Angeklagten die maximale Bürde auferlegt worden: Das Gericht stellt fest, dass er eine Straftat begangen hat - und zugleich an einer seelischen Abartigkeit gelitten habe.
Dabei wird die "in dubio pro reo"-Regel klar missbraucht. Denn eigentlich hätte das LG die Pflicht, Anknüpfungspunkte für die Anwendung
in dubio pro reo nicht aus der Luft zu greifen, sondern an konkreten Sachverhalten festzumachen. Die gibt es aber nicht. Die o.g. Feststellung des Gutachters war aber eine Binsenweisheit, die auf jeden Schläger zutrifft. Der Gutachter hat medizinisch nicht ausschließen wollen, dass Mollath nicht doch krank gewesen sein könnte. Bei einem jahrelang zurückliegenden Tatgeschehen nicht mehr als ein "Disclaimer".
Was bleibt, ist die willkürliche Annahme des Gerichts, eine Person mit einem besonders rigiden Gerechtigkeitsfimmel oder zwanghafter Persönlichkeit könne sich in diese Grundhaltung so hineinsteigern, daß sie alle Hemmungen verliert und gerade deshalb eine gefährliche Körperverletzung begeht. Damit müssten viele prügelnde Ehemänner und Schläger
in dubio pro reo freigesprochen werden. Ich bin sicher, auch diese Kammer hat es davor und danach nie wieder getan.
Das erlaubt es dann Journalistinnen wie Beate Lakotta im SPIEGEL triumphierend schreiben: „Mollath war ein Pleitier und gewalttätig“, ein „prügelnder Ehemann“, „der seine Frau trat, biss und würgte, womöglich im Wahn“.
"Mission accomplished", LG Regensburg. Alle Wünsche der Ministerialen in München erfüllt:
- Mollath = straflos und frei
- Mollath = doch gefährlicher Schläger
- Mollath = doch irgendwie irre
- Ehre der bayerischen Justiz = soweit wie möglich gerettet
Und dieser Missbrauch der Dogmatik, diese willkürliche Anwendung von Rechtsgrundsätzen wie
in dubio, das Jonglieren mit der Beweiswürdigung, das Abschneiden von Revision und Verfassungsbeschwerde - und diese Willfährigkeit gegenüber der Politik finde ich sehr erschreckend. Die Person Mollath ist mir dabei ziemlich egal.