Herr OStA Wille 2007 im Interview:
https://taz.de/Barschel-hatte-ja-Plaene/!229442/?goMobile2=1591488000000Wäre ja fast putzig, das Interview, wenn dieser Mann mit seinen haltlosen Theorien nicht nachhaltig die öffentliche Meinung in Deutschland vergiftet hätte. Es ist jedenfalls ungemein entlarvend. Denn so darf ein Staatsanwalt nicht argumentieren.
Ich mache mir mal die Mühe, seine Argumente zu kommentieren:
1. Argument: Barschel sei keine suizidale Persönlichkeit, habe keine Veranlagung hierzu
Quatsch. Suizide passieren nicht nur bei suizidalen Persönlichkeiten. Oder war Möllemann eine suizidale Persönlichkeit? Oder der hessische Finanzminister Thomas Schäfer? Oder Torwart Robert Ehmke?
2. Argument: Barschels Situation sei nicht ausweglos gewesen, er hätte noch viel machen können
Das ist leider bei fast allen Suizidenten der Fall. Natürlich ist ihre Situation nicht ausweglos. Sie erscheint nur so. Die Leute haben sich verrannt, in ihren Ängsten, in ihren Lebenslügen, sie brauchen Hilfe. Wer in eine Klinik geht bekommt dort Perspektive, Unterstützung, Beruhigung. Die meisten begehen viele Jahre oder nie wieder einen Suizidversuch.
3. Argument: Barschel hatte noch was vor, er habe nach Kanada auswandern wollen
Als Staatsanwalt müsste Wille sagen: Bruder Eike hat erzählt, Barschel habe sich dahingehend geäußert, er habe dort noch was vor. Das könnte stimmen. Doch Wille nimmt das als objektive Realität, was der Bruder gesagt, was Barschel gesagt haben soll (und ob Barschel das in dem Moment geglaubt hatte oder ernsthaft vorhatte als Visitenkarten-Dr. mult. in Kanada Holzfäller zu werden, ist noch eine ganz andere Sache). Es fehlt jede professionelle Distanzierung zu dieser Legende.
4. Argument: HDW-Werft habe illegal U-Boot-Pläne nach Südafrika verkauft und Barschel habe (vielleicht) davon gewusst.
Es gibt hierfür keine Dokumente oder Zeugenaussagen, das gibt Wille selbst zu. Damit ist das Argument für den Eimer.
5. Argument: Barschel habe eventuell exklusives Wissen gehabt, das für andere gefährlich war oder gemeint, er habe solches Wissen, auch wenn es gar nicht so war. Oder andere hätten vielleicht gemeint, er wisse zu viel, auch wenn dem nicht so gewesen wäre.
Was soll man da noch groß argumentieren?
6. Argument: Der Hemdknopf
Ah. Endlich wird es konkreter. Hauptargument Willes: Die Krawatte war die ganze Zeit an, der oberste Hemdknopf geschlossen. Da könne man keinen Knopf mit Stoff abreissen, die Krawatte lasse das nicht zu. Das ist Käse.
Mal davon abgesehen, dass 1000 andere Möglichkeiten gibt: Barschel muss die Krawatte nicht stundenlang im vermutlich warmen Hotelzimmer bis obenhin zugeknöpft gelassen haben. Er kann sie gelockert und dann - einige Stunden später - wieder zugezogen. Käme ich mit Anzug in ein Hotelzimmer und hätte nichts mehr vor, würde ich spätestens nach wenigen Minuten die Krawatte lockern.
Das
https://image.stern.de/6685030/t/P0/v4/w1440/r1.7778/-/uwe-barschel.jpg zeigt ein Hemd, dessen oberster Hemdknopf augenscheinlich offen ist. Auch die Krawatte ist gelockert, so dass sie nicht mehr so eng am Hals anliegt.
7. Argument: Die Medikamentenschachteln seien entfernt worden, um eine Reanimation zu verhindern.
Seufz. Die Polizei hat schließlich eine Liste der aufgefundenen Verpackungen angefertigt. Oder will Wille uns hier weißmachen, die Schweizer Polizei hätte in der Nacht die Verpackungen aus dem Zimmer geklaut...
8. Argument: Whiskey-Flasche, Weinflasche und Socke und...
Ach Mensch, ich höre auf.
Die Schleswig-Holsteinische Justiz hat wirklich bessere Leute verdient. Wehe, mit einem Angeklagten würde so umgegangen! Dieser Staatsanwalt hat sich in ein Universum fern jeglicher Objektivität geschossen.
Da gibt es keine Differenzierung im Beweiswert, das wird das Zeugnis des Zeugen vom Hörensagen objektive Realität, da werden zielgeleitet (Mord!) unstreitige Ermittlungsergebnisse falsch dargestellt oder einseitig interpretiert. Einfache, schlüssige Erklärungsmöglichkeiten werden ignoriert, Tatsachen werden fingiert.