Obwohl die Umstände der Ermordung keineswegs ein Geheimnis sind, hat sich nicht zuletzt dank Oliver Stones JFK eine reißerische Story, die aus CIA, Mafia, Kubanern und finsteren Südstaatlern gestrickt ist, gegen alle historischen Fakten durchgesetzt.
Warum wurde dem Attentäter von Anfang an so wenig Beachtung geschenkt?
Der Grund hängt wohl stark mit der McCarthy-Ära und noch viel stärker mit der Gegenreaktion auf jene finstere Zeit der Kommunisten-“Hexenagden“ zusammen.
Lee Harvey Oswald hatte genau das getan, was vielen während der McCarthy-Ära unterstellt worden war.
In seinem 17. Lebensjahr war er Kommunist geworden – eben genau zu jener Zeit , als gerade durch die TV-Übertragungen der absurden McCarthy-Prozesse der Abstieg des paranoiden Senators eingeleitet worden war. Lee Harvey Oswald hatte seine kommunistische Einstellung während seines Militärdienstes offen bekannt und war nach Ende seiner Dienstzeit in die Sowjetunion emigriert. In der Sowjetunion hatte man jedoch für die militärischen Geheimnisse, die der Wichtigtuer verraten wollte, bloß mäßiges Interesse.
Mit seiner russischen Ehefrau war er – frustriert vom realen Sozialismus und der untergeordnteten Rolle, die ihm dort zugewiesen worden war – in die USA zurückgekehrt.
Harvey Lee Oswald war in all seinen Aktionen auf öffentliche Beachtung aus. Aber ohne McCarthyism-Paranoia wurde er lediglich als harmloser, unbedeutender Spinner wahrgenommen.
Eine neue Gelegenheit, sich als gefährlicher marxistischer Staatsfeind hervorzutun, eröffnete sich dank Castros Revolution. Seine Versuche durch ein Engagement bei Fair Play For Cuba Aufmerksamkeit zu erregen, wurden jedoch ebenfalls schmählich ignoriert.
Die „Hexenjagden“ der McCarthy-Ära hatten den jungen Mann dazu motiviert, ein verwegener (Anti-)Held zu werden. Dass man ihm trotz seines zweifellos außerordentlichen Einsatzes so wenig Beachtung schenkte, trieb ihn in Verbindung mit seiner privaten und beruflichen Frustration zu immer extremeren Handlungen an.
Das Attentat auf den amerikanischen Präsidenten erfolgte kaum aus langfristiger Planung, sondern wohl eher aus einer zufälligen günstigen Gelegenheit (das unter falschem Namen besorgte Gewehr und der Job im Gebäude, an dem die Parade des jungen beliebten Präsidenten vorbeiziehen sollte)
Am Ende hatte Lee Harvey Oswald doch Recht gehabt hat. Man hätte ihm mehr Beachtung schenken müssen.
Lee Harvey Oswalds Aufenthalt in der Sowjetunion oder seine Mitgliedschaft bei Fair Play For Cuba hätten einen guten Anlaß geboten, dem KGB oder Fidel Castro die Schuld für das Attentat in die Schuhe zu schieben.
Aber die Zeit, in der man überall eine kommunistische Verschwörung sehen wollte, war endgültig vorbei. In den kommenden Jahren kehrte sich die Kommunisten-Hexenjagd der McCarthy-Ära sogar noch ins bizarre Gegenteil um.
http://aron2201sperber.wordpress.com/2010/05/02/hexenjagden/Die öffentliche Meinung neigte allmählich dazu, die eigene Regierung und den eigenen Geheimdienst als Verschwörer zu sehen. Selbst wenn der Mord nach eindeutiger Indizien-Lage von einem kommunistischen Spinner verübt worden war. (Oder wie später bei 9/11 von einer eindeutig identifizierten Gruppe islamistischer Extremisten)
Als kleine Ironie der Geschichte, stellte sich unlängst haraus, dass es sich bei den berühmtesten Opfern der McCarthy Ära tatsächlich um sowjetische Spione gehandelt hatte.