Freimaurer
23.07.2008 um 20:52
Hallo nautix! Hi all!
Es hat ein bisschen gedauert mit meiner Antwort, aber dafür durfte ich feststellen, daß eine Seitenstrangangina nicht unbedingt einem das Trinken und Essen erleichtert :) .
Du hattest bei einem deiner letzten Posts, die leider durch das notwendige Backup verloren gegangen sind, Urlauber beschrieben, die sich distanziert verahlten haben und aus deren Verhalten eine gewisse „Vorsicht“ gegenüber den Gastgebern zu erkennen war.
Diese Form der Vorsicht würde bringt mich noch nicht zu dem Gedanken, daß diese Urlauber intolerant wären. Vielmehr sehe ich darin einen Ausdruck dessen, was man Xenophobie nennt. Für ihre Herkunft und ihren Ursprung gibt es verschiedene Theorien, die bei Wiki leider nicht ganz so gut erläutert scheinen. Dennoch ergibt sich daraus ein gewisser Überblick.
Was aber dein Beispiel sehr deutlich zeigt, das ist, daß es ein einfaches ist, sich dem Gedanken der Toleranz und der Gleichheit zu verschreiben, denn ich denke, diese von dir geschilderten Urlauber sind ganz normale Bürger, die sich gegenüber Fremden offen und höflich verhalten, ohne auch nur ein Quentchen eines Gedanken daran zu verschwenden, daß sie gegenüber anderen intolerant sein könnten. Doch was ist geschehen, als sie sich dort in ihrem Gastgeberland befanden? Wurden sie andere Menschen? Lebten vllt rassistische Ideen wieder auf?
Ich denke nicht. Vielmehr scheint es mir so, daß sie sich in einer neuen Situation/Position wiederfanden. Es ist ein einfaches, zu Hause, wo man sich sicher fühlt, hehre Gedanken zu hegen und sich in Nächstenliebe und Vergebung und/oder sonst einer Tugend zu üben. Wir befinden uns in diesem Moment, wo wir dies tun, in einer Postion der Stärke, die uns Selbstsicherheit und Selbstvertrauen gibt, aber eben auch eine gewisse Laxheit. (Auch hier wieder eine Stärke, die sich als Schwäche erweisen könnte.). Was aber passiert, wenn wir aus der uns gewohnten Umgebung herausgerissen werden? Meist werden wir dann vorsichtiger, wir nehmen stärker und extremer wahr. Wir beurteilen die Umgebung nicht mehr aus der sicheren Haltung heraus, sondern bewegen uns auf unsicherem Gelände. Wir kennen uns nicht aus und dementsprechend nicht wieder. Nicht der Fremde ist in diesem Moment Gast, sondern wir. Das kann dazu führen, daß wir verunsichert sind. Wir erkennen uns nicht mehr, als das, was wir glaubten zu sein, sondern als ein Fremder in dieser Fremde. Dieser Verlust der Sicherheit und damit auch der Überlegenheit kommt hier voll zu tragen und läßt uns so reagieren, wie es diese Urlauber getan haben. Sie werden misstrauisch, skeptisch.
Wir haben zwei Möglichkeiten, dem Fremden zu begegnen, gastfreundlich oder eben feindlich (feindlich nicht als Ausdruck im Sinne feindselig, sondern als Form der Vorsicht). Gastfreundschaft setzt aber zwei wesentliche Sachen voraus. Erstens eine gewisse Neugier und Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen, und zweitens eine Position in der man Geben kann, ohne das Genommen wird. Nun ist es in unserem Wohlstand gegeben, daß uns sehr viel genommen werden kann, auc ohne die Bereitschaft wirklich geben zu wollen. Wenn man sich dann in einer Situation befindet, die man selbst nicht oder nur unzureichend kontrollieren kann, dann sieht man durchaus die Gefahr, daß man sein Eigenes verlieren kann/ es einem genommen werden kann. Besitzstand ist aber eben auch ein Teil unseres Denkens und Handelns und auch Wollens. Sie bieten uns Sicherheit und Anerkennung und vieles mehr, dementsprechend versuchen wir selbiges zu schützen und zu wahren. In diesem Sinne ist die oben erwähnte Xenophobie vllt. nichts weiter, als eine Reaktion auf Unsicherheit.
Aber das Wort Xenophobie beinhaltet auch noch einen anderen wichtigen Begriff; die Phobie, eine Angst, Furcht. Diese fast schon instinkthaft zu nennende Komponente spiegelt einen anderen Teil unseres menschlichen Seins wieder, denn sie ist der Motor, der uns in bestimmten Situationen überleben läßt, uns schützt. Das dieser Schutz nicht immer angebracht ist, dürfte zwar jedem rational denkendem Menschen klar sein, dennoch ist sie ein Teil von uns und wird den gleichen rational denkenden Menschen in bestimmten Situationen irrational erscheinen lassen.
In einem Asterix-Comic (Asterix und die Normannen) sagte Miraculix einmal: „Nur wer seine Angst beherrscht, kann wahrhaft mutig sein.“ Ich finde dieser Satz drückt die Problematik ziemlich genau aus. Es scheint doch so zu sein, daß wir manchmal nicht uns steuern, sonder eher wie Getriebene mit einer unbestimmten Angst (Furcht?) handeln. Nicht wir als rationale Wesen steuern unser Tun, sondern eben dieses instinkthafte „Gefühl“. Es zeigt in diesem Moment sehr deutlich, wer Herr der Lage ist. Wir als Menschen eben nicht, sondern dieser Teil, der auch aus der Tiefe unseres Unterbewußten kommt. Das passiert dem Urlauber wie dem Manager, wenn sein Job auf dem Spiel steht ganz ohne das Zutun eines anderen, denn es ist sein eigenes Fürchten, daß ihn zu den verschiedenen Annahmen und Verhaltensmustern treibt.
Wieso? Vielleicht einfach darum, weil wir in den Situationen, wo wir glaubten selbstsicher zu sein, nicht an uns gezweifelt haben.