@nautix:
Erst einmal sorry für meinen Bandwurmsatz in meinem letzten Beitrag. Man sollte einen Satz nicht in drei Etappen schreiben, wenn man zwischendurch telefoniert
;)Ich bin - ebenso wie Du - der Meinung, dass die Kirche heutzutage die Menschen nicht mehr erreicht und dass eine Konsequenz daraus die zunehmende Entfremdung des Menschen von kirchlichen Traditionen (darunter packe ich jetzt mal Riten gleichermaßen wie Feiertage) ist. Doch habe ich mich kürzlich schon mal aus einem anderen Anlass gefragt, was wohl die Ursache dieser Entfremdung sein könnte. Denn dass die meisten Menschen "irgendeinen Halt" in einem wie auch immer gearteten "Glauben" brauchen, zeigt der Zulauf, den diverse "Esoterikclübchen" haben.
Sicherlich liegt eine Ursache darin, dass der moderne Mensch, aufgeklärt, wie er in vielen Dingen ist, der Dogmatik der "alten" kirchlichen Traditionen nicht mehr folgen will. Der moderne Mensch weiß, dass die Sicht der Kirche eine mögliche Sicht auf einen Sachverhalt X ist, dass es daneben noch zahlreiche weitere Alternativen gibt, eine Sache zu betrachten und zu beurteilen.
Eine andere Ursache sehe ich allerdings auch in der grundlegenden Änderung der Werte unserer Gesellschaft. Während früher ein "Miteinander" zwingend überlebensnotwendig war, streben wir heutzutage zunehmend nach Individualismus. Der Einzelne ist in den Vordergrund gerückt. Was will ICH tun, was will ICH machen, wie fühle ICH mich dabei? Ich glaube, wir haben uns in unserer zunehmenden Aufgeklärtheit als Individuen voneinander entfernt. Was zählt, ist nicht mehr die Gruppe, sondern der Einzelne. Eine Folge davon ist, dass wir weniger in die Gemeinschaft einzubringen bereit sind, als wir aus ihr herausholen wollen. Und ein daraus resultierende zentrale Frage, die einen modernen Menschen umtreibt, ist die Frage: "Was bringt es mir?".
Bei der Kirche kann die Antwort auf diese Frage nur lauten: "Sie kostet Geld, Arbeit, Mühe, verlangt Anpassung, Unterwerfung unter klare Regeln und Verständnis der Riten und wird Dir ohne Eigenleistung vermutlich nicht allzu viel bringen."
Unter dem Strich ist diese Veranstaltung nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten also eine Fehlinvestition
;) Ich denke, viele verkennen heutzutage, dass die Kirche kein Dienstleister ist. Kirche kann nur fortbestehen, wenn die einzelnen Mitglieder auch bereit sind, etwas in die Gemeinschaft einzubringen. Und dabei rede ich jetzt nicht vom Geld
;)Zu der Frage, die Du gestellt hast nach den Gründen für den Bruch zwischen FM und der kath. Kirche (und fasse mich kurz
;)):
1) Ich glaube, es gab keinen wirklichen "Bruch". Vielmehr waren diese beiden Geisteshaltungen noch nie vereinbar.
2) Einmal sicherlich das vielzitierte Zeitalter der Aufklärung. Im "Geheimen" gedieh der Widerstand gegen den absolutistischen Herrscher und damit - zumeist automatisch - auch gegen den jeweils dazugehörenden Klerus. Die Französische Revolution war ja ein gutes Beispiel, warum man als erster und zweiter Stand ein Problem mit FM haben sollte. Bei diesen Geheimbündlereien kann ja nichts Gutes herauskommen
;)3) Dann grundlegende Kirchendogmatik. Die Lehren der katholischen Kirche sind in vielen Punkten schlichtweg mit der Geisteshaltung der Freimaurer nicht vereinbar.
4) Die europäische Geschichte, die sich seit dem Mittelalter immer um Macht, Landesherrschaft und damit einhergehend die Dominanz einer Glaubensrichtung (Protestanten/Katholiken/Anglikaner) drehte. Des Feindes Feind war der eigene Freund. Und die Geschichte besagt, dass auch Templer und Freimaurer (und viel andere) Schachfiguren der europäischen Geschichte waren. Wer in Frankreich in den Untergrund ging, wurde von Frankreichs Feinden mit offenen Armen empfangen. Wer von den Katholiken verfolgt wurde, schlug sich zu den Protestanden durch, um mit diesen gegen die Katholiken ins Feld zu ziehen. So war es eben.