Anaximander schrieb:Es geht darum, dass @hawak meint, dass beim 7. Ring die APU nicht gestartet sein könnte. Es heißt nicht, dass der Absturz kontrolliert gewesen sein könnte (was dann ein Pilotenselbstmord wäre). Bis jetzt fehlen dafür aber Belege, auch stellt sich die Frage, was dann den Logon verursacht haben sollte.
Nun ja, fehlende Belege (oder Beweise) ziehen sich quasi durch die MH370-Geschichte wie ein roter Faden.
Wasserdicht sind für mich bis heute lediglich die ACARS bzw. ADS-B-Daten bis IGARI, da sie von Dritten betätigt werden konnten.
Leidlich sicher würde ich auch die Inmarsat-Daten einstufen, zumindest auf den Teil bezogen, der veröffentlicht wurde.
Ja, es gibt auch eine Reihe Trümmerteile, deren Analyse bislang nur eine sichere Aussage zulassen, nämlich das MH370 irgendwo im IO abgestürzt ist - nichts Neues im Westen also.
Alles andere? Mehr oder weniger ein unklarer Mix aus Meinungen, Berichten, ungeprüften Informationen und aufbereiteten technischen Szenarien, die unzählige Annahmen benötigen, um zu funktionieren.
Meines Erachtens taugen die heute vorliegenden Informationen nicht, um ein neues Suchgebiet mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg zu definieren.
Da nutzt es auch nichts - wie es z.B. teilweise auf JW oder bei VI abläuft - technische Abläufe bis auf die fünfte Nachkommastelle (z.B. zum Treibstoffverbrauch, Triebwerks-Differenzen oder Anstellwinkel) zu berechnen und endlos um True/Magnetic Heading/Track) zu diskutieren wenn die Grundbedingungen unklar sind.
Bislang ist zumindest mein Eindruck, dass viele Ansätze gerade deshalb gewählt wurden, um bestimmte Geschichten zu stützen - was auch immer das Motiv dafür sein mag.
Ein in dieser Hinsicht besonders herausragender Ansatz ist eben der des Steep-Descents, der ein Suchgebiet nahe des letzten Ping-Rings unterstützte - was das Suchgebiet auf eine zu bewältigende Fläche reduzierte.
Diese Theorie wurde zugegebenermaßen recht elegant damit erklärt, dass die APU beim endgültigen Triebwerksausfall angesprungen ist, die letzten Liter Treibstoff u.a. aus den Leitungen (!) gezogen hat und die SDU damit gerade genügend Zeit hatte, hochzufahren und BFO's zu generieren, die auf einen Sinkflug zwischen 3500ft/min und 15000ft/min hindeuten. Natürlich passt der Abbruch des Handshakes dann gut auf den final erfolgten Hochgeschwindigkeitsaufschlag des Flugzeugs.
Unstrittig ist der Autostart der APU einer B777 wenn linker und rechter AC-Bus stromlos sind, was unter anderem bei doppeltem Triebwerksausfall gegeben ist.
Strittig ist meines Erachtens, ob dieser Autostart auch erfolgt, wenn der Triebwerksausfall aufgrund von Treibstoffmangel erfolgte - sprich beide AC-Pumpen sich aufgrund LOW PRESSURE abgeschaltet haben.
Meine Argumentation ist, dass dieser Start kontraproduktiv wäre und die Situation in keinem Fall verbessern würde:
1. Die AC-(Haupt-)Pumpen schalten sich automatisch ab, wenn sie einen Druckabfall aufgrund Treibstoffmangels feststellen, um ein Heißlaufen und die damit verbundene Feuer-/Explosionsgefahr zu vermeiden.
Die DC-Pumpe für die APU - die in diesem Fall zum Einsatz gekommen wäre - verfügt möglicherweise nicht über dieses Sicherheitsfeature - zumindest habe ich dazu nichts gefunden. Ein Grund, die APU bei leerem Tank nicht zu starten.
2. Die APU-Inlet-Door würde sich öffnen, dabei eine asymmetrische Kraft auf das Flugzeug ausüben - vom zusätzlichen Luftwiderstand mal abgesehen -, was mit Hilfe der sowieso schon beschränkten Steuerungsmöglichkeiten aufgrund RAT-Betrieb unnötige zusätzliche Korrekturmanöver nach sich zöge. Ein zweiter Grund.
3. Die folgenden Flüge sind alle unter RAT-Betrieb mehr oder weniger erfolgreich notgelandet worden:
- Air Canada Flug 143 (Gimli Glider)
- Ethiopian-Airlines Flug 961 (APU-Betrieb nach Start)
- Air Transat Flug 236
- Hapag-Lloyd Flug 3378
Es sind natürlich unterschiedliche Flugzeugmodelle beteiligt, aber bei all diesen Flügen war Treibstoffmangel Grund für die Notlandung. In keinem Untersuchungsbericht zu den Unglücken konnte ich auch nur einen Hinweis auf den Einsatz der APU finden.
Im Gegensatz zu:
- US-Airways Flug 1549 (Scully)
Die 'berühmte' Notlandung auf dem Hudson River, nachdem Vogelschlag die Triebwerke ausfallen ließ.
Hier wird im Untersuchungsbericht mehrfach das Starten der APU genannt, was zeitgleich mit dem Aktivieren der RAT erfolgte. Ok, hier war der Tank auch nicht leer.
Für mich zumindest ein dritter Grund, nicht von einem APU-Autostart unter den gegebenen Umstände auszugehen.
4. Die oben genannten Treibstoffmangel-Notlandungen, insbesondere Gimli und Air Transat sind ein Paradebeispiel dafür, dass Piloten eben doch vollkommen von komplettem Triebwerksausfall und den sich daraus entwickelnden Konsequenzen überrascht werden können. Die ersten paar Minuten stehen für hektisches (Notfall-)Checklisten-Abarbeiten und verzweifelte Versuche die Flugkontrolle wieder zu erlangen. Da sind unnötige zusätzliche Meldungen und Alarme im MFD störend und könnten sogar gefährlich werden - weil sie Zeit kosten.
Für mich der vierte Grund, die APU nicht zu starten.
Das sind natürlich keine 'Belege', sondern auch nur eine Meinung (und dann noch Boeing-widersprechend...), aber der gegenteilige Beleg fehlt mir genauso.
Ach so: die Triebwerke könnten die IDG's durchaus im Windmilling-Betrieb dazu bringen, Strom auf die AC-Busse zu legen. Unklar ist dabei allerdings, welche Mindest-Umdrehungszahlen N1, N2 erforderlich sind und über welchen Zeitraum diese Drehzahl mindestens gegeben sein muss. Möglicherweise würde ein Sinkflug, der 280 kTAS erreicht, die Elektrik über die IDG's wieder zum Leben erwecken - das ist aber wie gesagt auch nur eine Vermutung.