Anwaltsvollmacht

Meine Mutter will eine vermietete Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen und will das durch einen Anwalt machen lassen. Dieser hat Ihr nun eine Vollmacht zur Unterschrift zugesandt, die so ziemlich alles abdeckt, nämlich:

meine Mutter

bevollmächtigt hiermit

Anwaltsgesellschaft

gegen ...

wegen Wohnung ... Eigenbedarfskündigung

1. zur Prozessführung ...

2. zur Stellung von Insolvenzanträgen und der Vertretung von Insolvenzverfahren ...

3. zur Vertretung in privaten und gesetzlichen Schlichtungsverfahren

4. zur Vertretung von Verwaltungs- Sozial- und Finanzbehörden und -gerichten

5. zur Abgabe rechtsverbindlicher Erklärungen, zur Stellung von Anträgen sowie zur Einlegung und Rücknahme von Rechtsbehelfen

6. zur Vertretung an Arbeitsgerichten

7. zur Vertretung in sonstigen Verfahren und bei außergerichtlichen Verhandlungen aller Art

8. zur Begründung und Aufhebung von Vertragsverhältnissen und zur Abgabe von einseitigen Willenserklärungen ...


Die Vollmacht gilt für alle Instanzen und erstreckt sich auch auf Neben- und Folgeverfahren aller Art ...



Meiner Mutter und auch mir kommt das ein wenig unkoscher vor; die Vollmacht ist unseres Erachtens viel zu weitreichend. Hat jemand Erfahrung mit sowas. Ich danke Euch für eure Antworten.

edit:
Bei der dauerhaften Vertretung in steuerrechtlichen Angelegenheiten gegenüber Finanzbehörden und Dritten gilt die Vollmacht solange ihr Widerruf dem Finanzamt nicht schriftlich angezeigt worden ist.

stereotyp schrieb:die Vollmacht ist unseres Erachtens viel zu weitreichend

Guten Morgen, also so wie du es hier auflistest, kenne ich eine pauschale Vollmacht aber auch.
Habe es beim ersten Betrachten damals auch als sehr umfangreich erachtet und war skeptisch, aber der Anwalt deckt damit eben schon alle Eventualitäten ab, die in zB anstehenden Verfahren auftreten könnten.
Da du meist auch keine individuelle, sondern eine allgemein formulierte Vollmacht zur Unterzeichnung bekommst, sehe ich hier in deinem Post erstmal nichts Auffälliges.
Dies ist allerdings nur meine persönliche Ansicht, die ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen gemacht habe und betont kein rechtlich versierter Rat.

@Ben1990
Danke für die Antwort.

Punkt 2 und 6 finde ich zwar etwas merkwürdig aber auch das wird wohl seine Gründe haben.
@Ben1990 hat schon recht damit, dass der Anwalt damit alles mögliche abdecken will

Cherokeerose schrieb:Punkt 2 und 6

Ja die Punkte betreffen ihn nicht, aber der Anwalt hat da eine vorgefertigte Vollmacht benutzt, da wird sich niemand hinsetzten und extra eine für diesen Fall verfassen.
Also wenn es jetzt nicht um den Eigenbedarf einer Wohnung, sondern zB um eine Klage gegen den Arbeitgeber gehen würde, hätte es die gleiche Vollmacht gegeben, ist eben ein Vordruck, der alle Belange abdeckt, die dieser Anwalt vertritt.
Sonst müsste er halt für jede richterliche Instanz immer wieder beim Mandanten das Einverständnis einholen, so ist mit einem Wisch alles vom Tisch.

Ich frage mich ja eher warum das durch einen Anwalt gehen muss.
Auf Eigenbedarf kündigen geht fristgerecht doch auch ohne.

Nerok schrieb:Auf Eigenbedarf kündigen geht fristgerecht doch auch ohne.

Das stimmt, aber wenn man vorab eventuell schon ahnt, dass der Mieter sich quer stellen wird oder die Wohnung nicht freiwillig räumen wird, ist es schon vernünftig, das Ganze über diesen Weg laufen zu lassen, er bzw seine Mutter will halt auf Nummer sicher gehen denke ich.

@stereotyp

Frag mal Kleinundgrün, ich glaube der ist Anwalt wenn ich das richtig in Erinnerung habe.

@Laucott
Hab ich auch schon gedacht.

@kleinundgrün

@Ben1990
ganz genau.

stereotyp schrieb:die Vollmacht ist unseres Erachtens viel zu weitreichend

Weitreichend inwiefern?

Die Vollmacht beschränkt sich auf den Beklagten und der Sache.
Von daher sind einige in der standardisierten Vollmacht aufgeführten Punkte ohne Relevanz.

Ein Beispiel, wenn wir Gutachten erstellen, legen wir den geschädigten auch eine Vollmacht der Kanzlei zum Unterschreiben vor.
Das berechtigt den Anwalt z. B. aber nicht einen Scheidungsantrag (siehe Punkt 5.) zu stellen.

Original anzeigen (0,2 MB)

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@stereotyp

Zivilprozessordnung:

§ 81 Umfang der Prozessvollmacht
Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.

Quelle: https://dejure.org/gesetze/ZPO/81.html



Aus einem Urteil des OLG Düsseldorf:

Leitsatz (amtlich)
1. Aus dem Umfang einer standardisierten Formular-Vollmacht lässt sich nicht auf den Inhalt des Mandats schließen.

Quelle: https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/olg-duesseldorf-beschluss-vom-27052010-i-24-u-21109_idesk_PI17574_HI2573253.html

Gib also keinen Grund die Vollmacht für "unkoscher" zu halten.

Danke für die Antworten. Bin jetzt beruhigt.
@pluss

@stereotyp
Du hast den Text der Vollmacht nur teilweise widergegeben (vermutlich). Da steht wahrscheinlich drin, dass sich die Vollmacht genau nur auf die eine Sache bezieht.
Und ja, da wird weitgehend alles abgedeckt, was so passieren könnte. Der Hintergrund ist, dass es in einem Verfahren mit der Wahrung diverser Fristen eher schlecht ist, jedes Mal einer Vollmacht hinterher zu laufen. Und es ist auch eher lästig, für jeden Einzelfall eine genau passende Vollmacht bereit zu halten. Deswegen meist eine, die alles erschlägt.

Wenn es Dich stört, einfach mit dem Anwalt reden und ihn bitten, diese Vollmacht entsprechend anzupassen.