Immer wieder wird "dem Islam" unter anderem vorgeworfen, Frauen zu unterdrücken. Schon darum gehöre er nicht zu Deutschland und man möchte Angehörige von Religionen, die von Muslimen oder gar IS-Terroristen bedroht werden, lieber aufnehmen, als muslimische Flüchtlinge. Deren Religion hat das Elend ja erst verursacht.
@Fabs hat in einem Blogbeitrag
https://www.allmystery.de/blogs/fabs/nur_die_sonne_war_schuld ein Zitat voran gestellt, in dem es um den im Islam mangelnden Feminismus geht:
(...) Ein wohlverstandener, materialistischer Feminismus hieße Partei für all diejenigen Frauen ergreifen, denen nicht nur der Islamismus, sondern nahezu der gesamte praktizierte Alltagsislam in aller Unerbittlichkeit nachstellt. Kommunistische Kritik muss deswegen dem längst allgegenwärtigen fremd- und selbstethnifizierenden ‚Multirassismus‘ (Pohrt) auf den Leib rücken, der ganz besonders in islamischen Milieus und den mit ihnen neidvoll verbundenen Fankreisen verankert ist, (...)
Dann handelt der Blogeintrag von den jüngsten Ausschreitungen in einem Flüchtlingslager auf Lesbos, wo muslimische auf jesidische und kurdische Flüchtlinge los gingen.
Man kann nun aufgrund der Presseberichte "den Muslimen" die Schuld an den Ausschreitungen geben, oder etwas präziser IS-Anhängern unter den Muslimen - und als Opfer "Kurden und Jesiden" nennen, als wären die Kurden in dem Lager nicht auch zumeist entweder muslimisch oder jesidisch, in dem Völker-und Religionsgewirr der Region gibt es da gar keine klaren Abgrenzungen. Das macht es ja so kompliziert und die hoffnungslos überfüllten Lager zum Pulverfass.
Aber was hat das nun mit dem (mangelnden) Feminismus im Islam zu tun und der schwachen Position, die gerade Frauen in den Flüchtlingslagern haben?
Betrachtet man mal die Lage der jesidischen Frauen, sieht es für sie vielfach nicht besser aus, als für Frauen aus konservativ-islamischen Familien... womöglich sogar noch schlimmer. Mühselig konnte sich die Leitung der Glaubensgemeinschaft kürzlich dazu durchringen, entführte und vergewaltigte Frauen und deren Kinder nicht zu verstoßen. Puh, das ist doch ein Fortschritt.
https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/jesidische-frauen-in-deutschland-jeside-ist-nur-wer-als-jeside-geboren-ist/13310236-3.htmlAber irgend eine Art von Feminismus hat im Leben einer Frau aus einer konservativ jesidischen Familie trotzdem nichts zu suchen, ebenso wenig wie bei irgend welchen amerikanischen Pseudochristen oder ultraorthodoxen Juden, bei kastengläubigen Hindus oder Buddhisten. "Ehrenmorde" gibt es auch bei Kurden.
In Kriegen und als Flüchtlinge haben Frauen sowieso die A...-Karte.
Mich kotzt das zunehmend an, dass dem Islam unterstellt wird, das Übel für die Frauen und der Bremsklotz für die Befreiung der Frauen im gesamten muslimischen Raum zu sein. Als hätten es Frauen in Pakistan schlechter als nebenan im mehrheitlich hinduistischen Indien oder gar Nepal.
Nur kommen viel weniger Hindus zu uns, darum muss man sich nicht ständig und auf alle möglichen Weisen vom Hinduismus abgrenzen und darüber sinnieren, ob ein gläubiger Hindu je ein wirklicher Deutscher sein könne. Aber ob ein Afrikaner Christ oder Muslim ist, das ist eher egal... da darf die Kultur als religionsübergreifendes Zivilisationshemmnis herhalten. Was man Muslimen nicht zugestehen möchte. Die haben das im Koran stehen! ...
Kurden gelten als fortschrittlich, da dürfen Frauen auch mit kämpfen und stellenweise regieren. Dass trotzdem viele kurdische Frauen in stark patriarchalischen Familien leben und es Ehrenmorde und das ganze Pipapo gibt... ach ja, sind ja auch Muslime!
Fazit: Flüchtlinge, die von weit her nach Deutschland kommen, kommen zumeist aus anderen Kulturkreisen, in denen Feminismus keine große Rolle spielt.
Das bedeutet aber nicht, dass man diese Flüchtlinge nicht aufnehmen sollte, sondern im Gegenteil: Diese Flüchtlinge, besonders die Frauen und Kinder, brauchen umso mehr unsere Hilfe.
Fazit auch: Es gibt nicht "den Muslim" und ich hätte bei solchen Nachrichten wie der aus dem Flüchtlingslager in Griechenland gerne mal präzisere Angaben und mehr (und neutralere) Quellen. Und dann hätte ich gerne gewusst, was das mit Feminismus zu tun hat und ob Kurden und Jesiden per se keine Rassisten sind, und so weiter. Oder einfacher: Ich hätte gerne, dass das nicht alles in einen Topf geworfen wird, aus dem "die Muslime" (mal wieder) als universaler Buhmann hervor gehen.