Islam: Ist es so oder scheint es nur so?
10.09.2017 um 15:01
Hmmmm..... DER Islam. Wäre das in einer islamkritischen Diskussion passiert und jemand hätte sehr, sehr kritisch und ohne Böses dabei zu meinen oder pauschalisieren zu wollen, nicht relativiert und einfach mal von DEM Islam gesprochen, kann ich mir die Folgen in etwa vorstellen.
Ich denke, es werden mehr, ja. Aus verschiedenen Gründen, die unser öffentliches Leben beeinflussen.
Ich hab einerseits was gegen die konservativen Islamströmungen mit politischen Überlegenheitsansprüchen, andererseits aber nicht gegen moderate, liberale, weil der Glauben für die moderaten Muslime Privatsache ist und keine politische Missionierung in sich trägt, welche Nicht-Muslime abwertet. Die politische Dimension ist einer der Hauptunterschiede, eine analytische Trennung, zwischen konservativ und moderat oder liberal. Wenn jemand als moderater Muslim, für den der Glauben Privatsache ist und nicht mehr die alten, menschenverachtenden Dogmen in sich trägt und der den Glauben nicht als Brille für die Welt anwendet, auf mich zukommt, wird er mich wohl eher auf Augenhöhe ansprechen. Mit solchen Leuten kann man sich per Du unterhalten. Wenn ein orthodoxer bis radikaler Muslim auf mich zukommt, wird er mich nicht als gleichberechtigt ansehen, sondern abwerten und dementsprechend ist ein Zusammenleben von vornherein konfliktreich.
Ich sehe das in der Gesellschaft, beim Weggehen am Wochenende und besonders da, wo ich neben dem Studium arbeite, wo auch viele, wie man heute umständlich sagt, Menschen mit Migrationshintergrund aus islamischen Ländern sind. Mit den einen kann ich gut und locker und da interessiert mich nicht, dass es Muslime sind, weil ich es nicht mal bemerke. Die anderen, z.B. verhüllte Muslimas, betrachten und behandeln einen als Nicht-Muslim und besonders andere Frauen richtig schön abschätzig und arrogant herrenmenschlich und sondern sich bewusst ab. Die haben von mir auch keine Sympathie zu erwarten und wollen sie auch nicht, weil ich für sie nicht wert genug bin und sie einen das deutlich spüren lassen.
So jemand wird sich mehr oder weniger an konservativen Islamströmungen orientieren, die - je ursprünglicher sie werden - immer mehr politisch-sozial-ideologische Machtansprüche in sich tragen, die unserer Gesellschaft widersprechen, weil sie dem Individuum keine freie Entfaltung ermöglichen wollen, weil sie sich immer stärker an Mohammeds UR-Islam orientieren. Die immer mehr eine Trennung zwischen Muslim und Nicht-Muslim aufmachen. Die Weltlichkeit und Spiritualität nicht trennen. Die Nicht-Muslime als minderwertig betrachten. Die das Alleinherrscherprinzip innehaben: Allah hat das ewige, unerschaffene, unhinterfragbare, wahre Wort, das nicht kritisiert werden darf, die soziale, politische und rechtliche Anleitung für alles. Sowas geht dann immer mehr Richtung Ur-Islam, Mittelalter und ideologischer Menschenverachtung. Der Politikwissenschaftler Hamed Abdel Samad hat in seinem Buch "Der islamische Faschismus" gut nachvollziehbar dargelegt, welche Gemeinsamkeiten der UR-Islam im Vergleich zum moderneren Faschismus in sich trägt. Und je näher eine Strömung sich an diesem orientiert, umso unzeitgemäßer wird sie für Gesellschaften, die die individuelle Freiheit schätzen. Das ist mal logisch und nachvollziehbar.
Relativierungen durch Personen mit Einfluss und Reichweite sind einer der Hauptgründe für die steigende Skepsis, finde ich. Beliebt sind diese alles relativierenden Aussagen "Kein Generalverdacht" oder "Das hat mit DEM Islam doch nichts zu tun", die schon feststehen, bevor überhaupt klar ist, was genau passiert ist und die unter der Hand allen Leuten einfach mal unterstellen, in der Gefahr zu stehen, jeden Moslem, der einem begegnet, direkt als Terroristen zu beschimpfen, ihre Nachbarn bei der Polizei zu melden und schlicht nicht genug Grips zu haben.
Ich persönlich komme mir verarscht und für dumm verkauft vor, wenn mir jemand mit so einer Reichweite in den Medien solche verharmlosenden Pauschalaussagen an den Kopf knallt.
Dass nicht selten so stark relativiert wird, ist meiner Meinung nach einer der Gründe, wieso mehr und mehr Leute sich mit "dem Islam" auseinandersetzen. Es ist diese Undifferenziertheit, mit der heute an vielen Ecken (Medien, Unis, Schulen, Öffentlichkeit) Toleranz für "den" Islam gefordert wird (Gutes Beispiel: die "Kopftuch-Solidaritäts-Aussage" des österr. Bundespräsi) oder irgendwelchen "Personen des öffentlichen Lebens" (wie Westernhagen, Jan Delay, Lanz, Kerner oder sonstwem), die sich in Talkshows profilneurotisch oder wiesoauchimmer dazu berufen fühlen (sie würden sagen "Ihre Stimme zu nutzen"), alles und jeden zu kommentieren und sich gegen in jeder Kritik gewitterte Islamophobie, Rassismus, Xenphobie etc. zu wenden, um sich dann für sonstwelche Humanisten halten zu können, aber eigentlich nie den Koran und die Überlieferungen oder Arbeiten dazu gelesen haben (nicht mal wüssten, WIE man den Koran liest, Stichwort Abrogation) und soviel Ahnung von dem Thema haben, wie ein Grundschulkind von höherer Mathematik und einfach nur dieses ahnungslose DAGEGEN verspüren.
Das ist ja das Lustige an solchen Shows und oft in den Medien (und auch an meiner Uni), was ich festgestellt habe: Die, die kaum Ahnung davon (weil es nicht ihr Fachgebiet ist), aber dafür eine öffentliche Stimme und "Sozialcourage" haben, irgendwelche Musiker, Schauspieler, Politiker, poltern am lautesten gegen die, welche tatsächlich fundiert kritisieren oder sogar noch selbst in islamischen Ländern großgeworden sind und den besten Einblick haben sollten und mir deshalb noch am glaubwürdigsten erscheinen (z.B. Abdel Samad, Henryk Broder, Wolfgang Bosbach, Sabatina James, Necla Kelek und andere) und die aber deshalb nicht als fundierte Kritiker erscheinen, weil die Kritiker-Kritiker selbst einer Dagegen-Mentalität aufsitzen und in den Shows z.B. in der Mehrheit sind.
So macht man echte Kritiker mit differenzierten Weltbildern doch am Ende nur anrüchig (Stichwort Hetze, rechte Ecke, wie man es bei Abdel Samad mal versucht hat, als der ne Rede vor der AFD gehalten hat und manchen u.a. auch in einer rechtlich-öffentlichen Nachrichtensendung nichts anderes einfiel, als ihn anrüchig zu machen) und verstärkt das Chaos und das ist meiner Meinung nach der ziemlich falsche Weg, der am Ende das, was zu vermeiden war, nämlich Radikalisierung, noch begünstigt.
Deshalb wundert es mich auch nicht, dass es manche wundert, wieso immer mehr Leute selbst "den" Islam zu hinterfragen beginnen und das entweder richtig fundiert tun oder bis hin zum anderen Extrem der rechten Ecke aufsitzen, wenn man z.B. von Politikern und Leuten wie Lanz und Kerner und in Nachrichtensendungen diese nichtssagende Kritik-Ja-Aber-Sie-Darf-Nicht-Zu-Sehr-Wehtun-Mentalität in großen Teilen der Medien und an den Unis und Schulen vorgelebt bekommt. Ist nur logisch, dass die Menschen skeptischer werden.