@libertarianIch erlaube mir ein paar Verständnisfragen:
oneisenough schrieb:
(1) Aus der Fähigkeit des Beobachtens (Aufmerksamkeit)
Dies ist das singuläre Potential, nicht wahr?
Ja, das ist die wahre Natur von allem.
libertarian schrieb:Welches Glied nun aber ist der Beobachtende? Das Ich-Bin?
Nein, der Beobachtende ist nicht das ICH BIN. Um es zu erklären, man muss auch hierbei alle beteiligten Elemente einzeln aufzeigen, wie sie zusammenwirken.
Das ICH-BIN sagt ja zunächst überhaupt nichts anderes aus, als "Ich bin vorhanden". Mehr ist mit "ICH BIN" nicht gemeint. Es macht keinerlei Aussagen darüber, wie ich bin oder wofür ich mich halte. Derjenige der "Ich bin" sagt, meint damit nichts anderes als "Ja, es gibt mich, ich bin vorhanden". Doch wie hat er diese Erkenntnis erlangt? Er kann schließlich nicht "aus sich selbst" heraustreten, sich umdrehen und sich dann selbst anschauen. Das geht nicht. Um das zu erklären, muss man das Zustandekommen von Objekt und Subjekt erklären.
Um Subjektivität erklären zu können, bedarf es eines Objektes, welches subjektiv ist. Das erklärt, warum jede Subjektivität zunächst als ein Objekt verstanden werden muss, um etwas zu haben, was subjektiv sein kann.
Das ICH BIN ist ein bestimmtes Aufmerksamkeits-Konstrukt, das man zunächst als eigenständiges Objekt verstehen muss, da es sich von anderen eigenständigen Objekten unterscheidet, sprich, ich unterscheide mich von dir, du unterscheidest dich von deinem Nachbarn, ein bestimmter Vogel unterscheidet sich von einem bestimmten Elefanten, etc.
Das ICH-BIN-Objekt besteht dabei aus allen 3 Elementen der Beobachtung.
Element (1) ist die Fähigkeit, Aufmerksamkeit auszuüben.
Element (2), ist das Ermöglichen, subjektiv sein zu können
Element (3), ist der eigentlich als Objekt verstandene Ausdruck, die Verkörperung, die Eigenständigkeit, verstanden als Objekt der Unterscheidbarkeit zu anderen Objekten (Körpern, Dingen, Gegenständen, etc.)
Jedes Lebewesen ist durch diese drei Elemente bestimmt. Es erkennt sich selbst, was allerdings kein tatsächliches Selbsterkennen ist, sondern nur das Bezeugen des eigenen Vorhandenseins. Denn das genügt, um zu wissen, dass man ist. Dagegen ist jedes darüber hinausgehendes Wissen, wie oder wofür man sich jeweils hält, nur für kommunikative Zwecke nötig. Wenn ich sage "Ich bin fröhlich", dann bin ich nicht tatsächlich das Gefühl der Fröhlichkeit (eine eigenständige Objektivierung), sondern das ist nur ein bestimmter kommunikativer Ausdruck, der eine bestimmte Zeit gültig ist und dann wieder verschwindet.
Sobald jemand "ich" sagt, kann er das nur, wenn er das "ich" zu einem Objekt macht, zu dessen Existenz er ihm allein durch das Bezeugen des Vorhandenseins verschafft. Erst dann hat er die Gewissheit "Ja, es gibt etwas, dass ich als mich bezeichne", und damit ist keinesfalls der Körper gemeint.
Ich stelle hier oft die Frage: "Wer bist du, wenn du in einen Spiegel schaust?" Und als Antwort sage ich dann: Ich bin weder Derjenige, der im Spiegel zu sehen ist, noch Derjenige, der in den Spiegel hineinblickt. Ich bin vielmehr das, was bezeugt, dass es jemanden gibt, der in den Spiegel schaut.
Das ist jedoch aus der Position (1) heraus gesprochen, und zeigt gnadenlos deutlich auf, warum ich bei diesem Beobachtungsvorgang unmöglich das Element (2) oder (3) sein kann. Denn (2) ist derjenige, in den Spiegel schaut, und (3) ist noch nichtmal der kommunikative Ausdruck (Körper), sondern nur ein Abbild.
Das heißt, ich benötige in jedem Fall etwas Objektiviertes, dass ich als "mich" empfinde kann, um beobachten und bezeugen zu können "Ja, da ist etwas". Hier zeigt sich erneut, dass ich unmöglich das sein kann, was ich beobachten kann.
Deswegen ist das ICH BIN nicht allein der Beobachter.