Die "Erleuchtungskrankheit" - Fallen auf dem spirituellen Weg
04.09.2012 um 13:30
Predigt von Bruder Bernhardus - Teil 5
...und nichts, meine Lieben, kann euch mehr retten.
Wirklich nicht? Und doch Brüder: lasst uns Rettung suchen, fieberhaft, eilig, atemlos, denn schon naht der Augenblick, schon wird die Zeit knapp, der Tag des Herrn ist heimlich wie ein Dieb und hat keine Zeit mehr zu verlieren, suchen wir geschwind, auf der Stelle, nach dem rettenden Mittel, dem Medikament, nach Hilfe, dem stützenden Stab für die Lahmen, dem Licht für die Blinden, suchen wir ohne zu säumen, vielleicht findet sich etwas, irgendwie, irgendwann, Brüdder, lasst uns gemeinsam auf Rettung sinnen, dennn dort wird es zu spät sein, dort werden uns nur noch grausame Trauer und tiefe Verzweiflung zerfleischen, dort stirbt der Wurm niemals, drum suchet, ihr Lieben, schauet aus nach Rettung, schreit um Hilfe! zögert nicht, schmaler Saumpfad im finstern Wald, lauft, rennt um Wasser, wohin ihr könnt, die Feuersbrunst hat die ganze Stadt umfangen, das Land, die Welt, Wasser, Wasser...
Ja, ja, ihr Allerliebsten, ein Königreich von Dämonen tragt ihr in euerer Seele, jeder für sich, und alle gemeinsam, ein Reich der Finsternis, wie sollen wir denn gegen ein ganzes Königreich kämpfen, wir schwachen Menschlein, wie sollen wir sie je überwinden, die feindliche Macht höllischer Bosheit, wie den Dämon zum GEhorsam zwingen? Es geht, ihr Lieben, es gibt einen Weg, nur heisst es gewaltig aufpassen, die Worte des Evangeliums eifrig lesen, und Hilfe in ihnen suchen, Erquickung und Trost und schon findet ihr alles - Arznei gegen Verzweiflung und teuflische Durchtriebenheit, und Balsam jeglicher ARt, wenn ihr nur sorgsam achtgebt, doch wozu sage ich das, ihr gebt ja doch nicht acht, habt ganz andere Dinge im Kopf, was solltet ihr auch mit dem Evangelium, mit den Propheten, was bedeutet euch schon Lektüre, wo ihr doch auf Dieberei aus seid und auf Doppelzüngigkeit, auf Essen und Trinken, Geizkragen verfluchte, Wüstlinge und Dirnen, Freßsäcke und Mörder, neidische Ungeheuer, niichts bedeutet euch das Evangelium, gar nichts, oh ihr Lumpen. Schurken seid ihr, meine Herzallerliebsten, wo finde ich denn noch Rettung für euch, denn eine Rettung muss es schliesslich geben, dieser Jubel im himmlischen Reich, wenn auch nur einer bekehrt wird von euch unreinen Ferkeln und EhebrecherInnen, ohr ihr geliebten Brüder, stosst die helfende Hand nicht beiseite, es ist der letzte, allerletzte Augenblick, horchet, lauschet, hier spricht das Evangelium, die Stimme des Erlösers, Matthäus, Kapitel acht: "Wenn aber der Satan den Satan austreibt, so ist er in sich selbst gespalten, wie soll da sein Königreich bestehen?"
Nun, nun - hab' ich's euch nicht gesagt? Wie? Es gibt eine Rettung, es gibt sie, jawohl! Der Erlöser sagt uns, wie der Satan zu stürzen, wie der Unreine zu verderben sei. wie man mit dem Dämon ein für alle Mal fertig werden könne, oh diese Freude, ihr Lieben, also gut, gut, wir wissen es nun, wissen alles, genau darum geht es, nämlich dass die Herrschaft des Satans nicht von Bestand bleibe, seine Herrschaft, die in uns ist, besser gesagt: in euch, ihr Lieben, Allerliebsten, dass diese Herrschaft zweigeteilt, gleichsam zersägt, wie ein Wurm zerquetscht werde, jaja, wir wissen nund, wie so etwas zu bewerkstelligen ist...
Ihr erkennt somit, meine Teuersten, dass ihr nicht allein fähig seid, den Anfechtungen des Satans zu widerstehen, sondern dass euch dies leicht fallen wird, was sage ich - das leichteste auf der Welt wird es sein, eine Lappalie, eine Lächerlichkeit, ohne die geringste Anstrengung, ein Wink genügt, und schon zerfällt die höllische Maschinerie zu Staub, schon schwinden die unlauteren Pläne der unreinen Kräfte dahin. Wie einfach das ist, wie simpel, meine Kinderlein, wie schwach er ist, der Kaiser der Finsternis, jedes neugeborene Kind vermag seine Hoffart und Heimtücke zu zerstreuen, ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen - wenn man nur weiss, ihr Täubchen alle, bis in alle Einzelheiten hinein weiss, wie man die Sache anpacken muss. Wir aber wissen es, ihr wisst es, ihr Teuersten, worauf das Ganze beruht, wo der Kern steckt, welches die Waffe ist, die den Gegener in rauchende Asche verwandelt - in den Worten, des Erlösers ist alles enthalten - treibt der Satan den Satan aus, so hat seine Herrschaft keinen Bestand, und so gibt es gegen den Teufel nur dieses eine einzige Mittel - nämlich den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, ihn mit seiner eigenen Waffe zu fällen, das Böse mit dem Bösen auszutilgen, seine giftigen Kräuter mit dem eigenen Gift zu bekämpfen, dies, meine Allerliebsten, ist das Mittel, dies ist die Rettung, die Erlösung, der köngliche Pfad ewigen Lebens, die Strasse, die zum himmlischen Licht führt, die Schändung der Hölle selbst, ach, welches Glück, ihr Teuren, dass uns Gott dieses Mittel offenbart hat, dass er es uns ermöglicht hat, dem schändlichen Rachen des Dämons zu entrinnen,welch Glück, welch' trefflicher Hochzeitsschmaus, welch' hohes Vergnügen, Erlösung gleichsam aus dem tödlichen Sumpf, "französischer" Krankheit Heilung, Errettung aus schäumender Woge und wirbelndem Meeressog...Text
(Aus: P. Sloterdijk etc. Weltrevolution der Seele)