Die "Erleuchtungskrankheit" - Fallen auf dem spirituellen Weg
03.09.2012 um 10:59
GutenMorgenPredigt 5. Teil
...Sieh dich nur um, Bruder, versenke dich suchenden Auges in dein Inneres, und es wird dich ein solches Grauen ankommen, dass sich dies Bild für ewige Zeiten in deine Seele eingraben wird. Ist es denn überhaupt dein Bild? Unzweifelhaft das Deine, denn du bist es ja selbst, und zugleich auch ein fremdes, weil es der Satan ist, der in deiner Seele regiert und sich dir in all seiner Abscheulichkeit zeigt, und dann erkennst du, mein Fischlein, wie sehr du eins bist mit deinem Versucher, wie wenig man euch voneinander unterscheiden kann, wie hinter allen deinen Heiligtümern der boshafte Dämon sein Gebiß fletscht, und wie es an deinem ganzen Körper kein noch so winziges Teilchen und kein einziges Härchen gibt, das nicht vom Teufelsgift durchtränkt wäre, und wie sich - selbst wenn du Leib und Seele in noch so viele Einzelteile spalten und jeden dieser Teile in eine Million winzigster Splitter zerteilen würdest, von denen wiederum jeder einzelnen in eine Million noch kleinerer zerfiele - wie sich also selbst von jedem dieser allerwinzigsten Bruchteilchen der giftige Hauch der Hölle selbst ausbreitete, den jedes nasenlose Huhn wittern, jede blinde Fledermaus sehen und jeder stumme Fisch mit einem Entsetzensschrei begrüssen würde. So ist das, geliebteste Brüder und Schwestern, so ist das, und es lässt sich nichts dagegen tun, weil ihr nämlich bis tief ins Mark vom Höllengift zersetzt seid, weil euch der haßgeifernde Wüterich mit seinen subtilen Zaubertricks schon restlos an sich gekettet und gefesselt, euch geknebelt und versklavt hat, und selbst wenn ihr wer weiss wie toben und aus der Haut fahren würdet, so müsstet ihr dennoch nach seiner Pfeife tanzen, mit seiner Zunge sprechen, seinem Willen gehorchen und Dinge tun, die er euch eingibt, und dabei droht euch, ach, schlimmstes Verderben, es hängt über jedem von euch, denn Gottes Gericht ist unfehlbar, und keine Sünde bleibt ungerächt, in euch aber gibt es nichts als Sünde, faustdicke Sünde, eure Gebete sind grässliche Lästerungen, eure Danksagungen übelste Schmähung, eure Ehrenbezeugungen - blutiger Hohn für die Leiden unseres Erlösers, und jeder einzelne eurer Gedanken, jedes eurer frommen Worte, jede mitleidige Tat - all dies sind lauter Peitschenhiebe, die Seinen gequälten Leib in blutige Fetzen reissen und ihm keinen Frieden gönnen, o ihr grausamen Henker, ihr nichtswürdigen Schinder, da steht es vor euch, euer getreues Konterfei, morscher Strunk und mürbes Tuch, die ihr seid, Aas am Wegrand und Schafskot, so ist es nun einmal, meine lieben Brüder....
Und ich sorge mich von Herzen, ich gräme mich und bekümmere mich, liege wach in den Nächten, vergiesse bittere Tränen und stöhne, stöhne, und flehe um Erleuchtung, so sehr ist mein Herz von schmerzlicher Sorge durchdrungen, ich nässe mein Brot mit Tränen, und meine Gebeine sind wie dürres Holz, weil ich unentwegt denken und grübeln und abwägen muss, meine Lieben, wie ihr denn wohl mit jenen Unreinen zu Rande kommt, wie ihr den gierig gekrümmten Krallen entgeht, während er euch ohne Unterlass würgt und würgt, euch mit seinem haarigen Knie die Gurgel abdrückt, die Zähne fletscht und um euch kreist und sucht, wen er wohl fressen könnte, so bin ich denn vor lauter Kummer das reinste Grabmal, mit Kalk geweisst, auf dass es von aussen her prächtig ausschaut, während es doch innen voll von Totengebeinen ist - nein, es geht mir nicht darum, ihr, meine Brüder, ihr seid die geweissten Grabmäler, vergiftete Geister, durch und durcch verseucht von satanischem Geifer, triefend von verbrecherischer Bosheit - wie wollt ihr euch also helfen, wer wird euch unterstützen, euch die Hand reichen, wer eure verkrüppelten Glieder mit den Krücken der Liebe versehen, wer, frage ich, denn es kann schliesslich der Blinde nicht den Lahmen führen, ihr selbst stosst die helfende Hand beiseite, weil ihr euch lngst an die teuflische Lust gewöhnt habt, weil er euch darin wohlfühlt, in diesem Dung, und euch eures fürchterlichen Bündnisses mit dem Satan auch rühmt, den Sumpf auch noch segnet, in dem ihr steckt, und weil ihr in eurer Blindheit nicht seht, wie er euch ewige Verdammnis bereitet, weil eure tauben Ohren Gottes Stimme nicht hören, eure stummenMünder Gott nicht mehr zu rühmen wissen und statt dessen nur noch Schmutz und Lüge speien, und nichts, meine Lieben kanneuch mehr retten....
Aus: Die grosse Predigt des Bruder Bernhardus ffText