Auf Vorstellungsgespräche verzichten?

pretender9 schrieb:man musste immer noch einen obendrauf setzen und dominieren von Personalerseite.

Klingt als könntest du dich mal mit der Transaktionsanalyse beschäftigen. Vielleicht bist du schon mit Kind-Ich reingegangen, vielleicht hat der Personaler dich reingedrückt aber so oder so solltet ihr beide das Erwachsenen-Ich anstreben.
Wenn der Personaler es nicht anbietet musst du versuchen ihn da runterzuziehen, sonst klappt das nicht 🤷‍♂️

pretender9 schrieb:Also ich empfand es schon so. Es war allgemein keine gute Stimmung, sondern eher so egal was ich gesagt habe, man musste immer noch einen obendrauf setzen und dominieren von Personalerseite.

Freundlich aber bestimmend hinweisen, dass dir diese angespannte Stimmung aufgefallen ist und woran das läge. Die Antwort darauf verrät dir, ob du ebenfalls freundlich und bestimmend das Gespräch beendest und den Raum verlässt oder dort bleibst.

Ein Arbeitsvertrag regelt letztlich nur, was der eine gibt und was der andere dafür kriegt ... und natürlich, was passiert, wenn sich der andere nicht dran hält. Das sollte zumindest auch drin stehen. In meinem Verständnis sollte das ganz klar von Anfang an auf Augenhöhe ablaufen. Um dich von der Gunst solcher Personaler nicht abhängig zu machen, kannst du natürlich für ausreichend Alternativen sorgen. Das machts dann leichter souverän zu gehen. Auf keinen Fall unhöflich auf unhöfliche Leute reagieren, im schlimmsten Fall sitzt der selbe Personaler irgendwann wieder vor dir, wenn du ein paar Jahre im Gespräch mit deinem Wunscharbeitgeber stehst.

Es gibt aber auch Fälle, in denen Vorstellungsgespräche unter einem Vorwand entstehen. Ich kenne einen Fall von Industriespionage, wo der Automobilzulieferer den betreffenden Ingenieur auszuquetschen versuchte, welche Komponenten bei welchem Projekt vom Wettbewerber (dem aktuellen Arbeitgeber des Ingenieurs) verbaut oder modifiziert wurden. Da ging es gar nicht um die Person, sondern nur um das Projekt ... er berichtete auch, dass die Stimmung von Beginn an merkwürdig war. Er quittierte das Gespräch dann.

pretender9 schrieb:Also ich empfand es schon so. Es war allgemein keine gute Stimmung, sondern eher so egal was ich gesagt habe, man musste immer noch einen obendrauf setzen und dominieren von Personalerseite.

Ohnehin sollte man sowas immer direkt ansprechen. Manchmal ist es dem Gegenüber gar nicht bewusst wie er wirkt oder ihm liegt was quer, was dich gar nicht betrifft und er es auch nicht bei dir auslassen will.

Als junger naiver Mensch ging ich mal in eine Gehaltsverhandlung, damals dachte ich noch, dass man in Verhandlungen nur ans Ziel kommt, wenn man hart und unnachgiebig ist ... wie so'n amerikanischer Anwalt aus den Filmen halt :D
Hab mir meine ganze Taktik damals nur auf diese Ausstrahlung ausgelegt, total behämmert eigentlich ... mein Chef entwaffnete mich mit einem Satz: "Herr Soundso, sie wirken heute sehr verbissen auf mich, so kenne ich sie gar nicht." ... zumal dort natürlich ein paar psychologische Muster in einem aktiviert werden, wenn er das noch in einen Vergleich zu meinem sonstigen Verhalten setzt.

Ab da an war ich lockerer, ich konnte irgendwie nicht mehr so "verbissen" bleiben. Bekam immerhin dennoch was ich wollte und der Chef war mir irgendwie gleich sympathischer, weil er ja auch klar stellte, dass er mich nicht als "verbissenes Arschloch" kennt :D

Ich kann mich an ein Vorstellungsgespräch erinnern, ich habe mich auf eine Stelle als Bürokraft beworden es war eine Behörde.

Ich kam hin, allein schon das Gebäude veriet mir, als "Mädchen" vom Ort, ' Hier wird anders gestrickt ' , ich wurde schnell abgeholt und kam in ein großen Raum, Altbau, alles voller Schmuck und Gold und Vintage-Tapeten. in der Mitte war mit ein paar Tischen ein Viereck gestellt, ich bekam den Platz zugewiesen und schaute mir , die Gegenüber sitzenden Personen an. Ich selbst fühlte mich direkt unwohl, klar ich war, dementsprechend Anlass gekleidet ( Schwarzer Hosenanzug) aber dennoch fühlte ich mich völlig Fehl dort. Die weiblichen Mitarbeiterinnen die das Gespräch führten mussterten mich, die waren alle wesentlich älter, hatten Röcke, Strumphosen, Blusen und Hochsteckfrisuren. Meine Körpertemperatur stieg an, ich fing an zu zittern, stammelte mir während dem Gespräch ein. Die Herren der Runde waren sehr dominant und "streng" ...

Ich war noch NIE so froh nach 20 Min dort draußen gewesen zu sein, sowas unpersönliches kaltes hab ich lange nicht erlebt gehabt zu der Zeit und ständig diese Blicke der "Musterung" ... Allein deshalb sollten Vorstellungsgespräche weiterhin geben...!

Dini1909 schrieb:Ich kann mich an ein Vorstellungsgespräch erinnern, ich habe mich auf eine Stelle als Bürokraft beworden es war eine Behörde.

Ich kam hin, allein schon das Gebäude veriet mir, als "Mädchen" vom Ort, ' Hier wird anders gestrickt ' , ich wurde schnell abgeholt und kam in ein großen Raum, Altbau, alles voller Schmuck und Gold und Vintage-Tapeten. in der Mitte war mit ein paar Tischen ein Viereck gestellt, ich bekam den Platz zugewiesen und schaute mir , die Gegenüber sitzenden Personen an. Ich selbst fühlte mich direkt unwohl, klar ich war, dementsprechend Anlass gekleidet ( Schwarzer Hosenanzug) aber dennoch fühlte ich mich völlig Fehl dort. Die weiblichen Mitarbeiterinnen die das Gespräch führten mussterten mich, die waren alle wesentlich älter, hatten Röcke, Strumphosen, Blusen und Hochsteckfrisuren. Meine Körpertemperatur stieg an, ich fing an zu zittern, stammelte mir während dem Gespräch ein. Die Herren der Runde waren sehr dominant und "streng" ...

Ich war noch NIE so froh nach 20 Min dort draußen gewesen zu sein, sowas unpersönliches kaltes hab ich lange nicht erlebt gehabt zu der Zeit und ständig diese Blicke der "Musterung" ... Allein deshalb sollten Vorstellungsgespräche weiterhin geben...!

genau das meine ich. Das ist auch volle Absicht seitens des Arbeitsgebers. Unverständlich dass es das heutzutage überhaupt noch in der Form gibt.

pretender9 schrieb:genau das meine ich. Das ist auch volle Absicht seitens des Arbeitsgebers. Unverständlich dass es das heutzutage überhaupt noch in der Form gibt.

Ich hatte aber auch schon mal für nen Minijob so ein Bewerbungsgespräch, da durfte ich mir eigentlich nur das Gejammer der Chefin anhören. Im Grunde genommen giing es nur darum, wie schwer sie es hat, wie sehr sie unter diesen unfähigen Leuten leidet und dass sie hofft, dass es mit mir nicht so kommt.
Dann telefonierte sie noch mitten im Gespräch und jammerte was von: Ich kann doch die jetzt nicht auch noch rauswerfen, dann hab
ich gar keinen mehr!
Herrje,die arme Frau wenn man nur von Idioten umgeben ist. Glaub, dass war so ihre Sichtweise. :D

@kittyka
Na siehst, ohne Vorstellungsgespräch hättest Du diese Einblicke und Infos nicht gehabt.

Abahatschi schrieb:Na siehst, ohne Vorstellungsgespräch hättest Du diese Einblicke und Infos nicht gehabt

Auf dieses narzisstische suhlen im Selbstmitleid hätte ich gut verzichten können.

kittyka schrieb:Auf dieses narzisstische suhlen im Selbstmitleid hätte ich gut verzichten können.

Klar kann man darauf verzichten, doch stelle dir mal vor du hättest dort ohne Vorstellungsgespräch angefangen und hättest das dann erst nach 2-3 Wochen arbeiten festgestellt, dass du so eine Chefin hast.
Wäre dann auch verschwendete Zeit gewesen oder?

nairobi schrieb:Als ich mein erstes und einziges Bewerbungsgespäch hatte war ich 19 Jahre alt

Es war mir ja fast entfallen, vor über 15 Jahren hatte ich nochmal ein Bewerbungsgespräch, weil ich mich für eine andere Abteilung interessierte. Ich bin aber schon im Vorfeld dorthin gegangen und habe mit dem Leiter gesprochen und mich informiert.
Auch da war ich im eigentlichen Vorstellungsgespräch leicht aufgeregt. Es ist doch eine nicht alltägliche Situation und man kommt sich vor wie auf dem Prüfstand. Zumindest mir ging das so.

Andererseits darf man gerade als Bewerber ein Vorstellungsgespräch auch nicht überbewerten.

Ich hatte (vor langer Zeit in einer nicht allzuweit entfernten Galaxis) mal ein Vorstellungesgespräch. Der Chef war nicht direkt unfreundlich, wirkte aber äußerst wortkarg und wollte das so kurz wie möglich abhnadlen nach dem Motto 'Tja, wennse wollen, könne hier anfangen, müssen Sie wissen'.

Ich war schon etwas konsterniert, andererseits hatte die Abteilung einen sehr sehr guten Ruf und ich wollte wirklich.

Hatte dann da angefangen und von all meinen Jobs als AN war es der herausragend Beste. Nach ein paar Wochen sprach mich der Chef noch mal an: 'Ach da, beim Vorstellungsgespräch war ich irgendwie maulfaul, tut mir leid, dass muss ziemlich abschreckend gewesen sein, war aber absolut nicht mein Tag'.

Als: Auch ein Vorstellungsgespräch ist eine Momentaufnahmen.

Yotokonyx schrieb:Wäre dann auch verschwendete Zeit gewesen oder?

Definitiv, zumal man auf Arbeitgeberseite dazu noch entlohnen muss, darum fällt in meinen Augen das Probezeit-Argument als Ersatz für ein Vorstellungsgespräch ziemlich flach, da man durchaus im Vorfeld die faulen Äpfel aussortieren kann. Ehe man es nach ein paar Wochen veranlassen muss und dafür noch Personalkosten hat. In meinem Bereich sind zwei Vorstellungsgespräche gar nicht so unüblich, bei meinem derzeitigen Job hatte ich sogar Drei (1x vorab mit dem HR, 1x das Vorstellungsgespräch, 1x Kennenlerngespräch, wobei Letzteres eher ein Goodie war^^). Und das ist auch nichts mit nervös oder unvorbereitet sein, denn das wäre eher hinderlich, ist aber eher jobspezifisch und sicher nicht allgemeingültig.

Yotokonyx schrieb:Wäre dann auch verschwendete Zeit gewesen oder?

Es war aber eine Erfahrung und ist Erfahrung wirklich Verschwendung?

Ich hatte mal ein tolles Gespräch wo in den ersten zehn schon drei verschiedene Leute mit irgendwelchen unkritischen Anliegen reingeplatzt sind
(es war Mittelstand mit ein paar Hundert MA)
Habe das Gespräch dann abgebrochen mit dem Hinweis man könne auf weitere Kontaktaufnahme verzichten, da braucht es keinen Ersatztermin

Man kann sagen, dass die Zeit verschwendet war aber immerhin wurde ich Zeuge wie chaotisch das Unternehmen schon in vermeintlich strukturierten Situationen war und es ist in Personalerkreisen immer eine gute Anekdote 😂

univerzal schrieb:Definitiv, zumal man auf Arbeitgeberseite dazu noch entlohnen muss, darum fällt in meinen Augen das Probezeit-Argument als Ersatz für ein Vorstellungsgespräch ziemlich flach,

Besteht für einen AG überhaupt die Pflicht Probearbeitszeit zu entlohnen?

Klar würde es mehr Bewerber zum Probearbeiten motivieren, aber muss ein AG Probearbeit auch bezahlen?

Ansonsten finde ich wie gesagt beides gut und wichtig und sowohl Vorstellungsgespräche als auch Probe zu arbeiten können aussagekräftiger als schriftliche Bewerbungen einschließlich Zeugnissen - besonders nur Schulzeugnissen sein.

rhapsody3004 schrieb:Besteht für einen AG überhaupt die Pflicht Probearbeitszeit zu entlohnen?

Klar würde es mehr Bewerber zum Probearbeiten motivieren, aber muss ein AG Probearbeit auch bezahlen?

Probearbeit ist ja was anderes als Probezeit.
Als Probearbeit kenne ich 1 bis max 2 Tage mitarbeiten bzw "mitlaufen".
Das geht ohnehin nur in bestimmten Branchen, in meinem Atbeitsbereich wäre das z.B. gar nicht umsetzbar.
Probearbeit findet vor der Einstellung statt.

Probezeit ist ein festgelegter Zeitraum nach der Einstellung, in dem ohne Angabe von Gründen und mit verkürzter Frist gekündigt werden kann.

Ich habe noch nie gehört, dass Probe arbeiten bezahlt wird.

fischersfritzi schrieb:Probezeit is

Die muss natürlich entlohnt werden.

Ich meinte nur das Probe arbeiten - vor der Einstellung. War missverständlich von mir ausgedrückt. Sorry.

rhapsody3004 schrieb:Die muss natürlich entlohnt werden.

Ich meinte nur das Probe arbeiten - vor der Einstellung. War missverständlich von mir ausgedrückt. Sorry.

Ich würde nicht eine Sekunde zur Probe arbeiten, und ich würde niemals jemanden zur Probearbeit einbestellen. Ich habe auch keine Ahnung was das bringen soll, weder aus Arbeitnehmer-Sicht (der ich ja trotz Personalverantwortung bin) noch aus Arbeitgebersicht.

Zur Begründung: die Menschen die ich einstelle sind in der Regel bereits fest bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt. Dh der eventuell einzustellende Mensch müsste einen Tag Urlaub nehmen um bei mir zu arbeiten. Das führt zu extremen rechtlichen Problemen. Einerseits könnte ihn sein aktueller Arbeitgeber fristlos kündigen, sollte er davon irgendwie erfahren, andererseits könnte ich Compliance-Probleme bekommen weil selbst an einem Tag der Proband Firmeninterna mitbekommen könne - und sei es nur das "schwarze Brett" - die er zu seinem Vorteil nutzen könne.

Mag sein das man so etwas in der Gastro macht - was ich unentgeltlich übrigens auch moralisch völlig scheiße finde - aber in großen Betrieben ist das so eher gar nicht der Fall.

cejar schrieb:Ich würde nicht eine Sekunde zur Probe arbeiten, und ich würde niemals jemanden zur Probearbeit einbestellen. Ich habe auch keine Ahnung was das bringen soll, weder aus Arbeitnehmer-Sicht (der ich ja trotz Personalverantwortung bin) noch aus Arbeitgebersicht.

Das hat den Sinn, dass man grob mitbekommt was einen erwartet. Meistens läuft man nur so mit. Manchmal muss man aber wohl auch schon kleinere Dinge selbst machen und wird dabei beobachtet.
Oft findet das wie du sagst in der Gastronomie statt. Aber auch Altenpflege, Reinigungsbranche, in pädagogischen Einrichtungen...

kittyka schrieb:Das hat den Sinn, dass man grob mitbekommt was einen erwartet. Meistens läuft man nur so mit. Manchmal muss man aber wohl auch schon kleinere Dinge selbst machen und wird dabei beobachtet.
Oft findet das wie du sagst in der Gastronomie statt. Aber auch Altenpflege, Reinigungsbranche, in pädagogischen Einrichtungen...

Wie gesagt, rein rechtlich auf wirklich wackeligen Beinen. Selbst als Arbeitsloser müsstest Du diese Tätigeit anmelden (bin da aber nicht 100% sicher)

cejar schrieb:Wie gesagt, rein rechtlich auf wirklich wackeligen Beinen. Selbst als Arbeitsloser müsstest Du diese Tätigeit anmelden (bin da aber nicht 100% sicher)

Teilweise auch unsinnig. Ich hatte das mal in der Ergotherapie. Hatte 1 Probetag und mir wurde gesagt, ich dürfte nur zugucken aus rechtlichen Gründen. Am Ende des Tages wurde das genau kritisiert. Plötzlich hätte ich doch dieses und jenes schon mal machen können/müssen.
Na toll 🤷🏼‍♀️