Auf Vorstellungsgespräche verzichten?

DerHilden schrieb:So ist das eine typische politische Unsinnigkeit "Hauptsache, wir haben 500 Leute eingestellt".

Und wie soll man mindestens 500 Vorstellungsgespräche in wenigen Monaten unterbringen? Der Bedarf für 2023 ist allein für den mittleren Dienst 250 Stellen in Berlin. Je nach dem wie die Leute in den Tests abgeschnitten haben, sind dafür mehrere hundert Termine zu vereinbaren, von sagen wir 1 Stunde. Dann noch diverse Ersatztermine, weil irgendwer krank wird oder nicht kann.
Wie soll das ablaufen? Das würde doch zugehen wie im Taubenschlag.

Ich schätze, mal man hat die Erfahrungen gemacht, dass sich das Bewerbungsverfahren dann ewig hinzieht. Was ja auch nicht geht, wenn im August schon die Ausbildung beginnt und vorher noch ein Gesundheitstest gemacht werden muss, was ja auch nicht von heute auf morgen geht.

kittyka schrieb:Und wie soll man mindestens 500 Vorstellungsgespräche in wenigen Monaten unterbringen?

Da wird natürlich schon vorab kräftig ausgesiebt. Formfehler, fehlende Qualifikationen, negative Auffälligkeiten und die Bewerbung fliegt schnell raus ... in der ersten Runde dauert das Aussieben pro Bewerbung nur wenige Sekunden, wenn es nicht sogar gänzlich von KI übernommen wird. In der Industrie ist es auch üblich fürs grobe Aussortieren Dienstleiter hinzuzuziehen.

Daher sollte man natürlich auch auf die Hinweise zur Bewerbung eingehen, die stehen bei Stellen/Unternehmen mit so einem großen Andrang nicht zum Spaß dabei.

Nur der harte Kern, der übrig bleibt, wird dann zum Gespräch geladen.

Qualifikation und ein lupenreiner Lebenslauf bringen dem Arbeitgeber nichts, wenn du nicht ins Team passt. Apple hat in den 80ern aus dem Grund sogar Steve Jobs vor die Tür gesetzt. Und die Persönlichkeit kannst du im Gespräch nun einmal am Besten einschätzen.

anonymus88 schrieb:Qualifikation und ein lupenreiner Lebenslauf bringen dem Arbeitgeber nichts, wenn du nicht ins Team passt. Apple hat in den 80ern aus dem Grund sogar Steve Jobs vor die Tür gesetzt. Und die Persönlichkeit kannst du im Gespräch nun einmal am Besten einschätzen.

Tja, aber wie gesagt in Berlin verzichtet man wahrscheinlich aus plausiblen Gründen auf Interviews. Das macht man ja nicht einfach so.

Aniara schrieb:Dafür gibt es ja die Probezeit. Dort man kann relativ unkompliziert die Leute auch wieder loswerden.

Dennoch suboptimal. Du holst dir diese Person dennoch erst mal ins Unternehmen. Sie hat Zugriff auf internes Firmenwissen, weiß was hinter den Kulissen abgeht und kann das, auch wenn sie das natürlich nicht darf, im Falle einer Kündigung nach außen tragen. Da würde ich schon gerne vorher Bescheid wissen. Des Weiteren besteht die Gefahr, in der Zwischenzeit den verprellten aber menschlich besser geeigneten Kandidaten nicht mehr zu bekommen, weil sich bei diesem etwas anderes ergeben hat.

Es ist schon ratsam sich an der Stelle mehr Zeit zu nehmen und ins Detail zu gehen. Gehen wir von einer Ausbildungsstelle oder einem dualen Studium aus, kannst du davon ausgehen, dass nach Ablauf der Probezeit alle anderen Bewerber "versorgt" sind und du keinen adäquaten Ersatz bekommst.

kittyka schrieb:Tja, aber wie gesagt in Berlin verzichtet man wahrscheinlich aus plausiblen Gründen auf Interviews. Das macht man ja nicht einfach so.

Leider ist das mit den "plausiblen Gründen" nichts weiter als Ansichtssache.

anonymus88 schrieb:Dennoch suboptimal.

Wie meinst du das? Ich bin "Pro Bewerbungsgespräch". Aber man weiß auch nach einem Gespräch, nie hundertprozentig, ob man einer Person vertrauen kann.

anonymus88 schrieb:Es ist schon ratsam sich an der Stelle mehr Zeit zu nehmen und ins Detail zu gehen.

Ganz deiner Meinung.

[

Aniara schrieb:Wie meinst du das? Ich bin "Pro Bewerbungsgespräch". Aber man weiß auch nach einem Gespräch, nie hundertprozentig, ob man einer Person vertrauen kann.

Genau. Man kann Leuten immer nur vor die Stirn gucken. Wie oft hört man, dass hätt ich nie von dem gedacht usw.
Auch als Personalchef kann man nie alles 100 % einschätzen. Erst letztens habe ich gelesen, da hat eine Bankangestellte jahrelang immer ordentlich Gelder für sich abgezwackt.
Wahrscheinlich arbeitete die sogar extra extrem korrekt, um so nicht aufzufallen.

Aniara schrieb:Wie meinst du das? Ich bin "Pro Bewerbungsgespräch". Aber man weiß auch nach einem Gespräch, nie hundertprozentig, ob man einer Person vertrauen kann.

Ich habe die Gründe doch genannt. Die Probezeit ist natürlich günstig, sollte der Kollege wirklich nicht passen. Eine Alternative zu einem intensiveren Bewerbungsprozess stellt es aus den genannten Gründen in meinen Augen nicht dar.

Als Unternehmen muss ich bei besonders wichtigen Positionen schon davon ausgehen, dass der Kollege, der 2. Wahl ist, nicht mehr verfügbar ist, sollte sich die 1. Wahl doch als inkompatibel erweisen.
Des Weiteren, und das hab ich tatsächlich schon erlebt, können solche Typen auch mit "bei euch läuft einiges falsch"-Einstellung die vorhandene Belegschaft manipulieren.

Genau. Man kann Leuten immer nur vor die Stirn gucken. Wie oft hört man, dass hätt ich nie von dem gedacht usw.
Auch als Personalchef kann man nie alles 100 % einschätzen. Erst letztens habe ich gelesen, da hat eine Bankangestellte jahrelang immer ordentlich Gelder für sich abgezwackt.

Die Regel ist aber dennoch, dass der Eindruck aus dem Gespräch ein aussagekräftigeres Bild vom Kandidaten hinterlässt, als Formulare und Lebensläufe. Ingenieure werden bei großen Unternehmen fast nur noch durch ein "lockeres Gespräch" abgeworben ... da interessiert nicht mal mehr der Lebenslauf. Man kriegt ja im Gespräch schon alles raus.

kittyka schrieb:Tja, aber wie gesagt in Berlin verzichtet man wahrscheinlich aus plausiblen Gründen auf Interviews. Das macht man ja nicht einfach so.

Nein, dit is halt Berlin. Im Rest-Bundesgebiet weiß man das einzuordnen :D

In Berlin holt man sich halt vielleicht lieber (ungeeignete) Leute an den Hals, die loszuwerden weitaus mühsamer ist als sie sich vor Einstellung besser anzugucken. Deshalb läuft in Berlin auch alles im öffentlichen Dienst so gut, schon klar….

Kohlhaas schrieb:In Berlin holt man sich halt vielleicht lieber (ungeeignete) Leute an den Hals, die loszuwerden weitaus mühsamer ist als sie sich vor Einstellung besser anzugucken. Deshalb läuft in Berlin auch alles im öffentlichen Dienst so gut, schon klar….

Als ob es anderswo besser ist ;)
Meine Mutter hat gerade das Ding, dass sie hier (Niedersachsen) von einer Abteilung zur nächsten Abteilung weitergereicht wird und keiner ist irgendwie zuständig, redet komplett anders als der vorherige Kollege. Dit is nicht nur in Berlin so.

kittyka schrieb:Meine Mutter hat gerade das Ding, dass sie hier (Niedersachsen) von einer Abteilung zur nächsten Abteilung weitergereicht wird und keiner ist irgendwie zuständig, redet komplett anders als der vorherige Kollege. Dit is nicht nur in Berlin so.

Ist das jetzt ein Argument gegen Vorstellungsgespräche? Oder vielmehr dringlichst eines dafür?

Welche Argumente sprechen denn eigentlich überhaupt dafür und dagegen?

Dafür:
- du hast ne Vorstellung, wie der Kandidat tickt
- du siehst ihn "live" ... nicht nur auf einem kleinen Bild
- du merkst, wie er redet ... Slang, Dialekt, geschwollen
- du merkst, ob er über Soft Skills verfügt
- du merkst, wie stressresistent und souverän er ist
- du kannst durch gezielte Fragen die Angaben im Lebenslauf auf Richtigkeit prüfen (wer da frisiert, gibt dann halt auch mal
schnell widersprüchliche Antworten)
- du kannst als Kandidat durch gezielte Fragen herausfinden, ob das Unternehmen
für DICH passt - sind sie wirklich so ein guter Arbeitgeber? Wie siehts mit Gehalt, Überstunden, Urlaub aus?
- als Kandidat

Dagegen:
- Zeitaufwand für Personaler, teils immens ( 1 - 2 h pro Kandidat)
- es könnte sein, dass der Kandidat gut schauspielert ... das kriegst du dann
aber im beruflichen Alltag eh raus
- weniger "Stress" und "Bewährung" im Vorfeld der Anstellung für den Kandidaten (was dann halt
erst im beruflichen Alltag erfolgt)
- der Kandidat kann im Vorfeld nicht so lästige Fragen wie "wieviele Urlaubstage habe ich?", "was sind die Ziele des
Unternehmens?", "wie siehts mit Geld aus?" stellen

In Unternehmen, die dich ohne Vorstellungsgespräch einstellen, wird doch das klärende 2. Gespräch dann nur noch delegiert ... du sitzt dann nur noch vor nem Abteilungsleiter, der dir den Arbeitsvertrag vorlegt und du kannst all die wichtigen Punkte für dich gar nicht mehr herausfinden.

Mir war als Arbeitnehmer das Vorstellungsgespräch immer genauso wichtig, wie dem Arbeitgeber. Tatsächlich habe ich schon mehrfach freundlich nach dem Gespräch mein Interesse an dem Unternehmen quittieren müssen, da sich schon beim Vorstellungsgespräch völlig unterschiedliche Vorstellungen herauskristallisierten.

@locutus
Natürlich kann man auch Folgegespräche anbieten. Bei uns kommt aber meisst nach dem Erstgespräch ein Tag oder ein paar Stunden Probearbeit.

Das Wort klingt irgendwie blöd, es dient nicht dazu den Bewerber zu testen, der läuft bloß mit, sondern der Bewerbserin die Chance zu geben, sich ein real life Bild zu machen.

Und uns gibt es die Chance zu sehen, ob jemand Interesse hat, oder 3 Stunden mit dem.Handy in der Ecke steht und tippt, was auch schon vorgekommen ist.

Natürlich sind VG für den Bewerber stressig. Aber als Arbeitgeber würde ich nie darauf verzichten, den Bewerber einmal persönlich kennenzulernen. Ich habe schon unzählige VG geführt, auf der Arbeitgeber-Seite, früher als Behördenleiter und heute als Selbstständiger und es ist dabei oft vorgekommen, dass mein Eindruck vom Bewerber/-in besser war, als es die schriftliche Bewerbung vermuten liess. Von Zeugnisnoten und Testergebnissen gar nicht zu reden, die haben für mich weitaus weniger Aussagekraft als die 30 Minuten, die ich mit dem Bewerber verbringe.

@Rick_Blaine

Da bin ich bei dir. Es gibs ja eben so die Menschen die auf Grund von Prügungsangst schlechte Zeugnisse haben... würde man jetzt nur dananch gehen würde man ihnen nie eine chance geben. Dann sieht man im Vorstellungsgespräch plötzlich die Person ist gar nicht Faul oder dumm und wieso die Person schlechte Noten hatte lässt sich hier aufklären :)

Ebenso möchte ich aber wissen wie die Person drauf ist, welche sprache sie verwendet ect.


Was machst du denn genau wenn man Fragen darf ( Finanzberater bzw Steuerberater sagt mir mein Gefühl haha )

locutus schrieb:Was machst du denn genau wenn man Fragen darf ( Finanzberater bzw Steuerberater sagt mir mein Gefühl haha )

Fast richtig und doch daneben :D Ich hasse Zahlen und so was. Ich bin Rechtsanwalt, aber mache um Steuerrecht einen grossen Bogen, weil: siehe oben. :D

@Rick_Blaine

Das klingt ja gut. So ein erster Schritt sich selbständig zumachen ist sicher nicht immer leicht. ( also sich das zutrauen ) da schießen einen sicher 1000 Gedanken durch den kopf geht mir jedenfalls so.


Bist du denn schon recht bekannt und erfolgreich? Ich hab zwar nie Jura oder so studiert aber ich könnte ja einen auf Suits machen und bei dir einsteigen ;)

locutus schrieb:Das klingt ja gut. So ein erster Schritt sich selbständig zumachen ist sicher nicht immer leicht. ( also sich das zutrauen ) da schießen einen sicher 1000 Gedanken durch den kopf geht mir jedenfalls so.


Bist du denn schon recht bekannt und erfolgreich? Ich hab zwar nie Jura oder so studiert aber ich könnte ja einen auf Suits machen und bei dir einsteigen ;)

Das ist richtig. Immerhin war ich gutverdienender deutscher Beamter, mit allen Sicherheiten und Bequemlichkeiten, die das so mit sich bringt. Aber mein Freiheitsdrang war stärker, ich bin sehr gern mein eigener Chef.

Bekannt und erfolgreich? Es genügt, um davon leben zu können und macht mir sehr viel Spass. Dafür muss man nun nicht gleich "Staranwalt" sein. Bekannt genug inzwischen, um auf Werbung verzichten zu können. Erfolgreich genug für meine Mandanten, mich weiterzuempfehlen.

Was mich am Thread stört dass Du @kittyka kein Gespräch führen möchtest- will du nicht wissen wer deine Kollegen sind, willst du nicht deine Vorgesetzte kennenlernen, willst Du nicht deinen Arbeitsplatz sehen?
Ich habe vor 20J einen Job abgelehnt weil der Schreibtisch alt und abgenutzt war und die Hardware für CAD hoffnungslos veraltet war und ich mit dem Rücken zum Durchgang für weitere 30 Ing. gessesen hätte.
Das war der falsche AG für mich weil er sich nicht in mich hinein versetzen konnte.

@kittyka


Willst du denn nicht lieber an deinen ängsten arbeiten? Man kann sich schon mit geziehlten Traning abbauen, klar sind sie nie ganz weg aber du kannst es schaffen und es kann dann auch richtig spaß machen :)