@Micha007 Micha007 schrieb:Ich kann mir als Atheist nicht vorstellen, plötzlich an Fantasiefiguren zu glauben, die ich in einem alten Buch wiederfinde, das als Wahrheit verkauft wird.
Hallo!
Du möchtest an reale Dinge glauben und behauptest daher einfach, die Bibel sei ein Märchenbuch und die im Bibelbericht erwähnten Personen seien Fantasiefiguren.
Ich hoffe doch sehr, dass du dir bewusst bist, dass das eine unbewiesene Behauptung von dir und anderen ist.
Denn inzwischen gibt es zahlreiche archäologische Funde, die Personen aus der Bibel und ihre tatsächliche Existenz beweisen.
Außerdem tragen die Berichte in der Bibel den Stempel der Wahrhaftigkeit und sind weit entfernt von irgendwelchen Märchenerzählungen.
Nur jemand der die Bibel nicht wirklich kennt, kann behaupten, die Berichte behandeln Fantasiefiguren. Oder man stellt einfach diese Behauptung auf ohne die Tatsachen zu prüfen.
Das hat aber dann nichts mehr mit Realität zu tun oder dem Wunsch einen wahren Sachverhalt zu prüfen.
Die Bibel ist das bestbelegte Buch des Altertums!
Doch seit dem 18./19. Jahrhundert gab es immer mehr Bewegungen in Intellektuellen Kreisen, die sich von den Fesseln der Religionssysteme lösen wollten, die natürlich in den Jahrhunderten des Mittelalters einen üblen Machtmissbrauch betrieben haben. Also wollte man durch Kritik an der Grundlage der christlichen Religion, an der Bibel, der Religion den Boden unter den Füssen wegziehen.
Das braucht einem nicht zu verwundern, wenn man bedenkt, was bis dahin im Namen der Religion alles geschehen ist.
Den Kritikern war jedoch kaum bewusst, das die Bibel selbst den Machtmissbrauch der christlichen Geistlichen aufs schärfste verurteilte, weil ihre Machenschaften nichts mehr mit den Grundsätzen wahren Christentums zu tun hatten.
Ernsthaft wurde die höhere Kritik an der Bibel seit dem 18./19. Jahrhundert betrieben.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte der deutsche Bibelkritiker Julius Wellhausen die Theorie populär, die ersten sechs Bücher der Bibel bis einschließlich Josua seien im 5. Jahrhundert v. u. Z. geschrieben worden — also etwa tausend Jahre nach den geschilderten Ereignissen.
Allerdings behauptete er, diesen Büchern lägen früher geschriebene Quellen zugrunde.
Diese Theorie wurde 1911 in der 11. Ausgabe der Encyclopædia Britannica vertreten, wo es hieß: „Bei der Genesis handelt es sich um ein nachexilisches Werk, das aus einer nachexilischen priesterlichen Quelle (P) und aus nichtpriesterlichen früheren Quellen zusammengestellt worden ist, die sich in Sprache, Stil und religiösem Standpunkt deutlich von P unterscheiden.“
Wellhausen und seine Anhänger betrachteten den gesamten geschichtlichen Aufschluss im ersten Teil der Hebräischen Schriften „nicht als wahrheitsgetreue Geschichte, sondern als populäre Überlieferungen aus der Vergangenheit“.
Die frühen Berichte hielten sie lediglich für eine Reflexion oder ein Spiegelbild der späteren Geschichte Israels. Zum Beispiel behauptete man, die Feindschaft zwischen Jakob und Esau habe in Wirklichkeit nie bestanden, sondern die Geschichte darüber spiegle lediglich die in späteren Jahren herrschende Feindschaft zwischen den Nationen Israel und Edom wider.
Demgemäß vertraten diese Kritiker die Auffassung, Moses habe nie das Gebot empfangen, die Bundeslade anzufertigen, und die Stiftshütte, das Zentrum israelitischer Anbetung in der Wildnis, habe nie existiert.
Auch glaubten sie, das aaronische Priestertum habe, erst wenige Jahre bevor die Babylonier Jerusalem zerstörten, feste Gestalt angenommen, wobei diese Zerstörung nach ihrer Meinung Anfang des 6. Jahrhunderts v. u. Z. erfolgte.
Welche „Beweise“ hatten die Kritiker für ihre Auffassung?
Die höhere Kritik behauptet, der Text der frühen Bücher der Bibel könne in verschiedene Quellen geschieden werden. Allgemein gesprochen, gehen sie grundsätzlich von der Annahme aus, jeder Vers, in dem das hebräische Wort für Gott (’elohím) allein gebraucht werde, stamme von einem bestimmten Schreiber und jeder Vers, in dem Gott mit seinem Namen, Jehova, bezeichnet werde, von einem anderen Schreiber — als ob nicht ein und derselbe Schreiber beide Ausdrücke hätte verwenden können.
Auch wenn in einem Buch mehrfach über ein Ereignis berichtet wird, wertet man dies stets als Beweis dafür, dass nicht nur ein Schreiber am Werk gewesen sei, obwohl in alten semitischen Schriften ähnliche Wiederholungen anzutreffen sind.
Außerdem nimmt man an, jede Änderung im Schreibstil deute auf einen anderen Schreiber hin. Aber selbst neuzeitliche Schriftsteller schreiben in bestimmten Phasen ihrer Laufbahn oder bei der Behandlung unterschiedlicher Themen häufig einen unterschiedlichen Stil.
Gibt es für die genannten Theorien irgendeinen greifbaren Beweis?
Absolut nicht. Ein Kommentator bemerkte: „Die Kritik ist bestenfalls Spekulation oder ein Versuch — etwas, was leicht abgeändert werden oder sich als falsch erweisen kann und ersetzt werden muss. Sie ist eine intellektuelle Übung und all den Zweifeln und Annahmen unterworfen, wie sie derartigen Übungen anhaften.“
Ganz besonders die an der Bibel geübte höhere Kritik ist nichts anderes als „Spekulation oder ein Versuch“.
Gleason L. Archer jr. zeigt eine weitere Schwäche in der Argumentation der höheren Kritik auf.
Dabei handelt es sich, wie er sagt, um folgenden Umstand: „Die Wellhausen-Schule ging von der reinen Annahme aus (die sie selten zu belegen suchte), Israels Religion sei, wie jede andere, menschlichen Ursprungs und infolgedessen als Evolutionsprodukt zu werten.“
Mit anderen Worten: Wellhausen und seine Anhänger gingen von der Annahme aus, die Bibel sei bloß Menschenwort, und auf diese Ansicht gründeten sie ihre Argumentation.
Bereits 1909 wurde in dem Werk The Jewish Encyclopedia auf zwei weitere Schwächen der Theorie Wellhausens hingewiesen:
„Die Argumente, für die Wellhausen beinahe die Gesamtheit der zeitgenössischen Bibelkritiker eingenommen hat, beruhen auf zwei Annahmen: erstens, daß sich während der Entwicklung einer Religion der Kult immer mehr vervollkommnet; zweitens, daß ältere Quellen notwendigerweise von den früheren Entwicklungsphasen des Kults handeln. Die erste Annahme steht im Widerspruch zu dem Vorhandensein primitiver Kulturen, und die letztere findet in der Existenz von Ritualkodexen wie denen Indiens keine Stütze.“
Gibt es eine Möglichkeit, die Theorien der höheren Kritik zu überprüfen?
In The Jewish Encyclopedia heißt es weiter: „Wellhausens Ansichten beruhen fast ausschließlich auf nüchterner Analyse und bedürfen noch der Untersuchung vom Standpunkt der institutionellen Archäologie.“
Hat die Archäologie im Laufe der Jahre Wellhausens Theorien bestätigt?
Das Werk The New Encyclopædia Britannica antwortet: „Die archäologische Kritik tendiert dazu, die Zuverlässigkeit der typischen historischen Einzelheiten selbst der ältesten Perioden [biblischer Geschichte] zu erhärten und die Theorie, dass die Pentateuchberichte [die Geschichtsberichte in den ersten Bibelbüchern] lediglich eine Reflexion einer viel späteren Periode seien, mit Vorbehalt aufzunehmen.“
Warum ist die höhere Kritik trotz ihrer Schwächen unter Intellektuellen heutzutage so beliebt?
Weil sie von ihr hören, was sie hören wollen!!!
Ein Gelehrter des 19. Jahrhunderts erklärte: „Ich persönlich begrüße dieses Buch Wellhausens fast mehr als alle anderen; denn das dringliche Problem der Geschichte des Alten Testaments scheint mir endlich auf eine Weise gelöst, die mit dem Prinzip der menschlichen Evolution vereinbar ist, das ich zwangsläufig auf die Geschichte aller Religion anwenden muss.“
Offensichtlich entsprach die höhere Kritik den vorgefassten Meinungen, die er als Evolutionist hegte.
Und in Wirklichkeit dienen beide Theorien einem ähnlichen Zweck.
So, wie sich durch die Evolution der Glaube an einen Schöpfer erübrigt, erübrigt sich durch Wellhausens höhere Kritik der Glaube an die göttliche Inspiration der Bibel.
Für Intellektuelle unseres rationalistischen 20. Jahrhunderts klingt die Behauptung, die Bibel sei nicht Gottes Wort, sondern Menschenwort, plausibel.
Zu glauben, die Prophezeiungen seien nach ihrer Erfüllung aufgezeichnet worden, fällt ihnen wesentlich leichter, als sie für echt anzunehmen.
Lieber stellen sie die in der Bibel berichteten Wunder als Mythen, Legenden oder Volkssagen hin, als dass sie die Möglichkeit eines wirklichen Geschehens in Betracht ziehen.
Aber ein solcher Standpunkt zeugt von Voreingenommenheit und liefert keinen stichhaltigen Grund, die Bibel nicht als wahr zu akzeptieren. Die höhere Kritik weist schwerwiegende Mängel auf, und ihr Angriff auf die Bibel hat keineswegs bewiesen, dass diese nicht das Wort Gottes ist.
Gruß, Tommy