Optimist schrieb:Aber welchen Zweck hatten die Tieropfer dann?
Die Tieropfer, oder der gesamte Tempelgottesdienst mit seiner Priesterschaft etc., war ein Abbild für das, was kommen sollte. Die Juden wussten schlicht nicht, wie genau Gott denn Erlösung für die Sünden bringen würde - das war ihnen zu dieser Zeit nicht geoffenbart. Gott hat also langsam im Laufe der Geschichte immer deutlicher gemacht, wie das denn geschehen würde. Angefangen hat es im Garten mit der Verheißung des Nachkommens der Frau, der den Kopf der Schlange zertreten würde. Später sagte Gott dem Abraham, dass in seinem Nachkommen alle Nationen gesegnet werden würden. Und der Gottesdienst hat sich dementsprechend angepasst: Ganz am Anfang haben die Gläubigen lediglich Opfer dargebracht, so wie Abel, und wurden durch den Glauben an dieses Opfer gerechtfertigt.
Im Neuen Testament lesen wir auch immer wieder, dass Christus und sein Evangelium bereits im Alten Testament sehr real gewesen sind, nur eben nicht so deutlich, wie das bei uns der Fall ist. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es derselbe Christus ist. Niemand wurde jemals auf eine andere Weise gerettet, als durch den Glauben an ihn und sein Werk.
Abraham, euer Vater, wurde froh, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.
Joh 8,56.
Denn auch uns ist eine gute Botschaft verkündigt worden, wie auch jenen (den Israeliten); aber das Wort der Verkündigung nützte jenen nicht, weil es bei denen, die es hörten, nicht mit dem Glauben verbunden war.
Hebr 4,2.
Denn auch Christus hat einmal für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch zu Gott führte, und ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist. In ihm ist er auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis, die einst ungehorsam waren, als Gott harrte und Geduld hatte zur Zeit Noahs, als man die Arche baute, in der wenige, nämlich acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch.
1 Petr 3,18–20.
Hier siehst du, 1) dass bereits Abraham Christi Tag gesehen hat, 2) dass den Israeliten in der Wüste das Evangelium gepredigt wurde, und 3) dass Christus selber durch seinen Heiligen Geist in Noah den Menschen in der Zeit vor der Sintflut predigte.
Optimist schrieb:Aber dann kann es wohl nur so sein, dass sie nachträglich durch das Opfer Jesu MIT erlöst/errettet wurden. Weil Jesu Opfer ja nicht nur zukünftige, sondern auch nachträgliche Wirkung hat - oder wie siehst du das?
Absolut richtig. Gott hat seine Gerechtigkeit erst durch das Opfer Jesu Christi bewiesen. Früher wussten die Gläubigen nicht wirklich, wie denn Gott gerecht sein und gleichzeitig ihnen die Sünden vergeben kann. Hier hast du es in den Worten des Paulus:
Den (Jesus) hat Gott für den Glauben hingestellt als Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen, dass er selbst gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus.
Röm 3,25–26.
Gott hat also im Alten Testament einige Anspielungen gemacht, wie das denn letztendlich aussehen würde. So sollte also ein Prophet wie Mose aufstehen (Deut 18,15), ein Priester wie Melchizedek (Psalm 110,4), und ein König wie David. Und der gesamte Tempelgottesdienst, einige Personen aus dem Alten Testament, und sogar historische Ereignisse (wie das Passah) haben schon vorher abgebildet, was zukünftig geschehen sollte. Deswegen sind es nur "Abbilder, und nicht das Wesen der Dinge selber" (Hebr 10,1), welche erst durch Christus und sein gepredigtes Evangelium (und später durch seine Apostel) vollständig und unmissverständlich geoffenbart werden würden.
Man nennt es in der Auslegung auch Typologie:
Wikipedia: Typologie (Bibel).
LG, Weinache