@Kayla So, und nun wieder zu den älteren Sachen, die ich heut erst lesen kann.
Du hast immer noch nicht verstanden, das die Bibel aus der Vorstellungswelt der Antike stammt und mit der heutigen Vorstellungselt wenig gemein hat, es sei denn das die Vorstellungen z.B. von Gläubigen stark davon beeinflußt sind.
Das ist ein Irrtum. Auch im Gilgamesch-Epos klingen Töne an, die von menschlicher Tiefe und Weisheit zeugen. Oder in den griechischen Dramen wie in der Mythologie. Nicht nur, klar, da findet sich auch arg Zeitgeschichtliches - jedoch nicht nur. So auch in der Bibel, NT wie AT.
Und gerade Künstler bis in die Gegenwart haben ein Gespür genau dafür, sodaß sie sich immer wieder auch biblischer Themen und Motive bedienen. Stefan Heyms König-David-Bericht ist eine wundervolle Nacherzählung der biblischen Geschichte - und eine beißende DDR-Gesellschaftskritik. Bert Brecht, der Linke, der Atheist, wurde mal gefragt, welches sein Lieblingsbuch sei. Antwort "Sie werden lachen - die Bibel". Warum meinst Du wohl, greifen gerade solche Menschen, die ihrerseits die menschliche Tiefe und den menschlichen Facettenreichtum auszuloten versuchen, noch heute auf die Bibel zurück, AT inclusive? Weil sie total veraltet und ethisch minderwertig ist?
GöttinLilif schrieb:
Doch das wollen Gläubige nicht erkennen.
Ich kann es mir auch nicht erklären wieso. Vielleicht ist da auch eine große Portion Masochismus dabei, was aber erfolgreich verdrängt wird. Man weiß es nicht.
Vielleicht, weil Gott im AT eben auch anders gesehen werden kann, als wie von Dir geschrieben und von GöttinLilif mit Zustimmung bedacht. Die meisten Christen (zumindest so gut wie alle, die ich je kennengelernt und mit denen ich diesbezüglich gesprochen habe) haben durchaus auch ein Gespür für diese "dunkle Seite", ja hadern mit diesem Gottesbild und mit den betreffenden Passagen. Es ist eine Herausforderung für Christen, daß solches in ihrer Heiligen Schrift steht, und sie sind gezwungen, sich damit zu befassen, Stellung dazu zu beziehen. In der Regel läuft dies darauf hinaus, sich auf Jesus und Seine Botschaft von Liebe und Vergebung zu beziehen. Sprich: jene Passagen und ihre Botschaft ethisch abzulehnen.
GöttinLilif schrieb:
Lücken im logischen Denken
Mir kommt es immer so vor, als würde dabei permanent der Rückwärtsgang eingelegt, so das kein Fortschritt mehr möglich ist.
Danke für diese Einschätzung von Milliarden von Menschen, meiner Person eingeschlossen.
Optimist schrieb:
Weil hier vermutlich niemand z.B. gelesen hat, was perttivalkonen geschrieben hatte.
Doch habe ich gelesen, aber sie ist nicht repäsentativ für alle anderen Meinungen, sondern sie vertritt ihre eigene, das beweist gar nichts.
Kurze Anmerkung: "er".
AGS schrieb:
Aber woher könnten die Autoren der Genesis das gewusst haben?
Ganz einfach, durch beobachten der Naturerscheinungen und den daraus entstandenen Veränderungen, was sie durch Mund zu Mund Überlieferungen von den Vorfahren übernommen haben. Zusätzlich wurde es von ihnen dann mystisch verbrämt, da andere wissenschaftliche Grundlagen zur Erklärung fehlten. Diese damaligen antiken Zeiten nannte man auch das mythische Zeitalter an der Grenze des Erwachens. Sie brauchten einen Gott zur Erklärung, weil es sonst keine andere für sie gab, vor allem nicht für das ungebildete einfache Volk nicht.
Und damit erklärst Du die Altersobergrenze von 120 Jahren, die in der Bibel Gott in den Mund gelegt wurde? Whow, dabei wurde damals
keine Sau 120. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag bei irgendwas zwischen Mitte 30 und Mitte 40, unter Absehung der Kindersterblichkeit bei vielleicht 50...55. Manche wurden älter, aber keine 120! In Psalm90,10 (dem Mose in den Mund gelegt) heißt es "
Die Tage unserer Jahre sind siebzig Jahre, und, wenn in Kraft, achtzig Jahre, und ihr Stolz ist Mühe und Nichtigkeit, denn schnell eilt es vorüber, und wir fliegen dahin." Das dürfte so Obergrenze gewesen sein. Auch wenn man sich in den Königsbüchern die Altersangaben der Könige Judas ansieht, dann sterben die im Schnitt mit vielleicht knapp 50 (ok, ein paar nichtnatürliche Todesfälle sind darunter), aber keiner wird 80. Und die hatten sicher ne gehobene Lebenserwartung.
Nein, die 120 Jahre sind erst in unserer heutigen Zeit als Obergrenze ausgemacht worden, in der israelitischen Eisenzeit hingegen war solch ein Lebensalter jenseits jeder Erfahrung.
Persönlich gebe ich nicht viel auf diese "Übereinstimmung". Ein Prophet Israels sagt für eine erhoffte/erwartete friedliche Zukunft voraus, daß Menschen, die keine hundert werden, als unzeitig früh verstorben gelten würden. Und für den Verfasser von1.Mose6 dürfte die Zahl 12 mit ihrem Symbolwert den Ausschlag gegeben haben, ein gedachtes Idealalter eben hier, bei der 120, anzunehmen. Daß diese Zahl mit der heutigentags beschriebenen ungefähren Obergrenze ungefähr übereinstimmt, Zufall! Das Wort aus 1.Mose6 ist ja nicht mal ne Prophezeiung...
Nach neueren Erkenntnissen gibt es gar kein Missing Link. Wissenschaftler geben wenigstens noch zu, wenn sie sich irren. Bibelgläubige nicht, da ist der Unterschied zu finden, welcher Wiessenschaftler menschlich macht und bei stur Gläubigen jeglichen Bezug zur Realtiät vermissen läßt.
Das triffts nicht. Schrenk bestreitet dort nicht die Existenz von Links, nur von "missing Links". Eben weil ab Auffindung nicht von "missing" geredet werden kann. Und auch der Rest triffts nicht. Zum einen sind Wissenschaftler ergebnisoffen, eben weil ihr Fachgebiet Wissenschaft ist und nicht Weltanschauung. Wie offen Wissenschaftler hingegen in ihrer Weltanschauung sind, das kannst Du nicht daraus folgern, wie offen sie in ihrem "Job" sind. Gibt ja auch christliche Wissenschaftler...
Andererseits gibt es im Wissenschaftsbetrieb auch noch "Schulen". In der Paläanthropologie z.B. gibt es zwei bekannte "Schulen", nämlich die "Out-of-Africa"-Vertreter, die die Entstehung des Homo sapiens in Afrika und nur dort sehen, und die "Multiregionalisten", die die Auffassung vertreten, daß der Sapiens in allen Weltgegenden zugleich entstand, und zwar aus den jeweils dort lebenden Menschenarten wie Erectus, Neandertalensis... Eine wissenschaftliche "Schule" zeichnet sich durch starke Beständigkeit aus sowie dadurch, alternierende Auffassungen (anderer "Schulen") gelegentlich hart zu attackieren. Gerade Schrenk hat zuweilen da einiges aus dem Nähkästchen geplaudert, was für Zoff unter den verschiedenen Vertretern ausgetragen wurde.
Das läßt sich durchaus vergleichen - bei aller Ergebnisoffenheit für künftige Funde. So greift auch ein Erik Trinkaus alle möglichen neuen Sapiensfunde auf - aber wie ein Running Gag kommt bei ihm noch für die modernste Schädelform immer ein "sieht doch irgendwie neandertalig aus" heraus. Offen für neues? Ja - um es nach dem eigenen Dogma der eigenen "Schule" zu deuten.
Die Wissenschaft insgesamt schreitet natürlich ergebnisoffen weiter. So vertreten die Paläanthropologen heute mehrheitlich eine Art Mischthese, wonach der Sapiens in Afrika entstanden ist, sich dann aber außerhalb Afrikas mit den dortigen älteren Menschengruppen vermischt haben. Ist zwar nur ein "Out-of-Africa", aber das schert sie zumeist nicht: die neue Generation gehört oft nicht mehr zu diesen beiden "Schulen".
Eben und die Wahrscheinlichkeit, das es einen Gott, wie in der Bibel beschrieben gibt, ist eher sehr gering.
Ähm, das sagt welche Analyse? Oder hast Du Dir das ausgedacht, ist also Dein persönliches Fürwahrhalten (=Glaube)?
AGS schrieb:
Im griechischen Text steht dort "Apokalypse". Wenn Du mir nicht glaubst, frag mal Pertti.
Ich habe lieber Tante Google gefragt:
Die Apokalyptik erwartet die Wende vom Unheil zum Heil nicht mehr als ein Eingreifen Gottes in den Lauf der Weltgeschichte, sondern als sein Kommen zu deren Abbruch.
Da hast Du was verwechselt. Die Apokalypt
ik befaßt sich mit dem Weltende, richtig. Aber das Wort "Apokalypse" bedeutet schlicht "Offenbarung". Kalyptein meint "bedecken", "verhüllen". Die Vorsilbe "apo-" vor dem Verb "kalyptein" meint nun das Gegenteil, also "ent-". Enthüllen, aufdecken, "offenbar werden lassen". Offenbaren eben.
In der griechisch-römischen Zeit entstanden im Judentum zahlreiche Schriften, die eben solch ein Weltende beschreiben, und die sich dieser Vokabel "apokalypsis" quasi als "Überschrift" bedienen. Deswegen steht diese Vokabel geradezu für die Apokalyptik. Aber das Wort, das Verb wie die Substantivierung, wurden eben auch in anderen Zusammenhängen verwendet, auch im Neuen Testament.
Und wenn Du schon aus Tante Google den Offenbarung-Artikel der Wikipedia zitierst, empfehle ich Dir auch noch dies:
Wikipedia: Offenbarung#Begriffsverwendung in der Bibel"
Martin Luther verwendete das deutsche Verb „offenbaren“ zur Wiedergabe des griechischen Verbs apokalyptein (ἀποκαλύπτειν), welches wiederum in der Septuaginta die hebräische Wurzel glh (גלה) aus dem Tanach (dem Alten Testament) übersetzt."
Erst bei den Essenern in Qumran erhält das Verb galah eine deutlicher theologische und gleichzeitig „apokalyptische“ Bedeutung: Sie ist hier die „in der Thora und den Propheten enthaltene Offenbarung der Endzeit“, die durch das Studium der Schrift und ihre Auslegung bekanntgemacht werden muss."
So, is schon wieder spät geworden, bin erst auf S.62. Nur noch "schnell" zu Deiner jüngsten Entgegnung von vorhin:
Kayla schrieb:Das ist doch aber schon die erste Verfälschung, nur weil es anerkannt ist, muss es nicht wahrer sein.
Wer redet denn von "wahr"?! Es ging darum, wie der Kanon des NT entstanden ist, und da zeigen Markion wie Ptolemaios, daß die Kanonentstehung eben nicht so ablief, daß da einige nach Gusto und kraft ihrer Machtstellung willkürlich ihnen Genehmes reinpackten und alles andere rauswarfen. Vielmehr setzten sich schon früh bestimmte Schriften unter den christlichen Gemeinden allgemein durch, via "Beliebtheit" und allgemeiner Akzeptanz. Einige waren längere Zeit "unsicher", aber viele Schriften waren von Anfang an nicht mehrheitsfähig. So entstand der Kanon des NT. Und das bezeugen sogar Markion und Ptolemaios. Ob diese Schriften auch "wahr" wären, kann so natürlich nicht gezeigt werden, aber darum ging es auch nicht, als die Kanonentstehung hier angesprochen war.
Kayla schrieb:Andere Schriften einfach nicht zu erwähnen, weil sie nicht in´s eingeprägte Weltbild passen, (dabei muss man berücksichtigen wodurch eine solche Prägung jeweils erfolgt ist), dient weder der Wahrheitsfindung noch dem spiritiullen Geist der jeweiligen Glaubensgemeinschaften.
Erst einmal solltest Du einer Glaubensgemeinschaft schon überlassen, wenn sie bestimmte Schriften für allgemeinverbindlich halten (allgemein auf eben diese Glaubensgemeinschaft bezogen). Dann aber heißt das nicht, daß es Null Schrifttum daneben gab. Bis heute gibt es christliches Schrifttum, und auch das gilt als bereichernd für die Gemeinschaft. Selbst andere Schriften wurden und werden gelesen, und auch das kann als Bereicherung beschrieben werden. Nur was zum "Kanon" gehört, das ist begrenzt.
Kayla schrieb:Indoktrination ist eines der schlimmsten spirituellen Verbrechen überhaupt. Genau wie die Tatsache, das bei den christlichen 10 Geboten das zweite mit dem ersten vermengt wurde. Wenn das keine willkürlichen Verfälschungen sind, dann weiß ich auch nicht.
Das Problem der Gebotszählung an den beiden Enden des Dekalogs ist eine uralte Sache, älter als das Christentum. Ich persönlich halte zwar auch die ausschließliche Verehrung und das Bilderverbot für zwei Gebote, aber deswegen nenn ich eine andere Zählung nicht "willkürliche Verfälschung" oder "Indoktrination", zumal die Inhalte der ersten beiden Gebote je dennoch erfaßt werden und gelten, auch wenn man sie für nur ein Gebot hält. Leider numeriert der Text die Gebote nicht durch, daher gibt es keine absolute Gewißheit, nur Abwägungen.
Wikipedia: Zehn Gebote#EinteilungenPertti