Das Zitat
Wer werden will, was er sein sollte, der muss lassen, was er jetzt ist.
stammt von Meister Eckhart
aus der Sammlung der Sprüche (unter Punkt 9):
zeno.org, und nicht aus dem Zen, obwohl man natürlich vieles, was Eckhart sagte, durchaus unter Zen einordnen könnte.
Was heisst für mich sollen? Es kann niemals heissen, dass ich etwas glaube oder etwas praktiziere, was ich nicht als richtig empfinde. D.h. das, was ich als Wahrheit empfinde, muss im Herzen sein und aus dem Herzen in die Handlung fliessen, sonst ist es nicht echt, so sehr es auch von anderen als positiv betrachtet werden mag. Insofern kann das sollen niemals von aussen kommen. Doch in gewisser Weise könnte man auch jene Handlungen als "echt" betrachten, wo ich nicht 100% dem folge, was ich als richtig empfinde, weil ich oder andere es in jenem Moment einfach nicht besser tun konnten. Natürlich gibt es oft genug Situation, wo ich aufbegehre und sage: "Könnte der oder die nicht....!"
;)Was heisst werden? Verwirklichen vielleicht, was bereits als Potential da ist? Potential kommt vom lat. "Potentia" und heisst soviel wie "Stärke, Macht". Mein Potential ist das, was ich bereits bin. Was aber bin ich? Das will jeden Moment, jetzt, jetzt, jetzt, von neuem erkannt werden und in die Welt kommen. Das Leben fliesst und ist nicht etwas, dass man erinnert und ablegt wie eine Akte. Es ist nicht jenes Werden damit gemeint, das urteilt, indem es sagt: 'Das und das stimmt nicht mit Dir und darum solltest du anders
werden', vielleicht eher das Schöpferische, dass sich im Ausspruch 'Es werde Licht!' ausdrückt.
Kann man denn das, was man schon ist, wollen, kann man "werden wollen"? Ist das nicht doppelt gemoppelt, als wenn man das Leben lebendig machen wollen würde? Kann das, was ich bereits bin, nicht immer nur als Geschenk empfangen werden? Mir kommt da das Bild zwei offener Hände in den Sinn. Wie soll ich das Geschenk denn empfangen, wenn ich nicht wenigstens die offenen Hände hinhalte?! Und vielleicht erkenne ich eines Tages, dass Schenkender, Geschenk und Beschenkter niemals getrennt voneinander waren.
Lassen... das kann man zweierlei verstehen. Für gewöhnlich wohnt dem wieder ein moralisierender Unterton inne: "Lass das sein!" "Gib das auf!" "Lass los!" "Tu dieses oder jenes nicht!" usw. Aber man kann es auch so verstehen, dass man eben genau das SEIN LÄSST, was jetzt da ist! So gesehen ist der zweite Teil dieses Zitats "ur-zennisch", hahaha: Sein lassen, was sich zeigen mag. Oder, wie Ikkyu es erzählt, "You are welcome" zu allem zu sagen. Heisst das nun, dass wenn z.B. jemand mich angreift, ich einfach alles, ohne den kleinen Finger zu rühren, über mich ergehen lassen soll? Nein! Ich glaube, wenn wir nicht immer mit dem Kopf dazwischenfunken würden, geschähe alles ganz spontan und mit einem absolut klaren Gefühl, dass es so und nicht anders genau richtig ist, sei es nichts tun oder etwas tun. "Sein lassen" heisst eben auch das eigene "Nein" willkommen zu heissen.
So wollen beständig von neuem kleine Wellen das werden, was sie bereits jetzt schon sind: der Ozean. In dem Moment, wo sie das erkennen, fallen sie in ihn zurück und die Oberfläche ist wieder ruhig und klar.
@Paulette @Ikkyu