@SalikJetzt aber mal halblang!
Mit "Kompromiss" hat das nichts zu tun!
Du bist der Meinung, dass jede einzelne Hadith akribisch auf die Tradierung (das ist weitgehend der Fall) und auf den Text untersucht wurde. Das entspricht aber nicht ganz der Wahrheit. Die hereneutische (text- und sinnbezogene) Textanalyse der Hadithe wird vernachlässigt.
Du fragst nach Beispielen. Mir sind viele aufgefallen, aber dazu müsste ich in den entsprechenden Werken und Notizen nachschlagen. Zur Zeit habe ich aus logistischen Gründen keinen Zugang dazu.
Ok ein Beispiel fällt mir doch ein:
1. Es gibt einige Hadithe, bei welchen zuerst Abu Bakr, dann Umar und schließlich Uthman vorkommen, jemand sucht erst bei Abu Bakr, dann bei Umar, schließlich bei Uthan Rat.
Dieser Hadith mag einwandfrei überliefert sein. Aber es drängt sich der Verdacht auf, dass hier eine gewisse Konstruktion vorliegt, denn es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass ausgerechnet die späteren 3 Kalifen in der gleichen Reihenfolge vorkommen.
Es wäre bsp. möglich, dass die drei Männer tatsächlich in dieser Begebenheit vorkommen, aber auch noch andere Personen. NACH der Kalifenschaft beschränkte man sich dann auf die drei Genannten, wobei auch die Reihenfolge an die zeitliche Abfolge der Kalifenschaft angepasst wurde -> Der Hadith ist richtig, aber nur ein Ausschnitt aus dem Ereignis, das er anspricht, und kein Tatsachenbericht, sondern eine Rückschau.
Nun gibt es auch Aussagen von Gelehrten, welche gerade in dieser Reihenfolge so etwas wie Zeichen für die Kalifenschaft von Abu Bakr, Umar und Uthman sehen. Das ist aber ein Zirkelschluss, weil es eben wahrscheinlich ist, dass die Präsentation der Hadithe an die zeitliche Abfolge der Kalifen angepasst wurden.
Es wäre auch möglich, dass aus irgendwelchen Gründen eine neue Personen hinzugekommen ist, die es in der ursprünglichen Überlieferung nicht gab.
Natürlich ist es auch möglich, dass das Ereignis genau in der Reihenfolge stattgefunden hat und dass es gerade deshalb später als bemerkenswert gesehen und aufgeschrieben wurde.
Eine kritische Textanalyse berücksichtigt alle möglichen "Szenarien" und beschränkt sich nicht nur auf die Tradierung, den Charakter des Überlieferers und besonders auffällige sprachliche Besonderheiten (wie offensichtliche Zusätze von Überlieferern). Das berücksichtigt die klassische Hadithwissenschaft.
Die vielen versteckten Tücken mündlich überlieferter Texte könnten aber noch exakter ausgearbeitet werden, dabei bleibe ich. Nur weil die Sahih Buchari kurzerhand als unfehlbar erklärt worden ist, sind Irrtümer, spätere Zusätze (uns liegen nicht zwingend 100% die Originale vor) und Weglassungen nicht ausgeschlossen.
Dort wo Ungereiheiten offensichtlich oder zuindest begrüdbar sind, darf es kein Verbrechen sein, sich dait auseinanderzusetzen.
Ich gehe prinzipiell von der Richtigkeit der Bucharihadithe aus, sehe es aber als kein Verbrechen an, an der 100% Richtigkeit der Sammlung zu zweifeln. Das hat NICHTS, aber gar nicht mit Glaubenszweifel oder fehlendem Respekt vor den Gelehrten zu tun, das ist vielmehr meine Pflicht als Diener Gottes!
2. Es gibt eine Hadith, wonach der Gesandte Gottes zu einer seiner Frauen, die aus Versehen aus seinem Urin getrunken haben soll, gesagt hat, dass in seinem Urin Segen ist.
Gut es ist möglich, dass sich das zugetragen hat, warum sollte eine Frau nicht in der Dunkelheit und schlaftrunken aus Versehen das falsche Gefäß erwischen ... vlt wollte der Gesandte die geschockte Frau etwas aufuntern bzw. ihr mit dieser Aussage den Ekel nehmen.
Dass aber der Urin des Propheten tatsächlich, im wörtlichen Sinne, gesegnet ist, kann man mir 100 Mal erzählen, ich werde trotzdem daran zweifeln.
Oder nehmen wir die Sündlosigkeit der Propheten. Das ist ein Dogma, das aus einer Interpretation von Koranversen und Hadithen heraus entstand. Der Begriff ´Isma bedeutet aber zunächst einfach "Schutz", also der Schutz Gottes ist über den Propheten. Daraus KANN, muss aber nicht eine Sündlosigkeit abgeleitet werden.
Nun haben die Propheten mit Sicherheit keine absichtlichen Sünden und Fehler gemacht.
Allerdings machten zahlreiche Prophehten in den Geschichten im Koran oder in außerkoranischen Überlieferungen schwerwiegende Fehler, mit denen sie geprüft werden und die im Koran klar zur Sprache kommen. Von Adam brauchen wir nicht zu reden, Jonas floh vor der Verantwortung, seinen Leuten die Botschaft Gottes weiter zu verkünden, Mose sagte, dass er der Wissendste auf Erden ist, worauf ihn Allah zu einem wissenderen, weisen Mann schickte, Aaron schaute tatenlos zu, wie die Juden in der Abwesenheit Mose das goldene Kalb anbeteten, nicht zuletzt Muhammad s.a.s. als er bsp. vorlaut zu den Juden sagte, dass er ihnen am nächsten Tag eine Offenbarung bringen würde, welche ihre Fragen beantworte, oder als er sich seiner Ehefrauen enthielt, weil es unter ihnen Gerüchte über die fehlende Treue Aischas gab, als er einem blinden Mann, der ihn um Rat suchte, mit einer Geste zu verstehen gab, dass er gerade Wichtigeres zu tun hat, nämlich mit Stammesführern zun verhandeln ...
ich habe nichts dagegen, dass man an diesem Dogma festhält, aber ich habe sehr wohl etwas dagegen, wenn ich als glaubensschwach gelte, weil ich es hinterfrage. Wer so etwas behauptet, sollte sich einmal in den Spiegel schauen ...
Dass es Gelehrte gibt, die Neuinterpretationen zulassen und vornehmen, freut mich auch. Sie sind aber in der Minderheit. Ich habe auch nichts gegen klassische Interpretationenund profitiere davon. Aber ich sage auch, dass wir nicht weiterkommen, wenn jeder Neuansatz erst einmal in den Fleischwolf kommt und argwöhnisch beäugt wird.
In einem Punkt gebe ich dir aber Recht! Man kann NUR neu interpretieren und Dogmen hinterfragen, wenn man sich hinreichend Wissen aus den klassischen Werken angeeignet hat. Ohne dieses ist an nicht berechtigt, Kritik zu üben bzw. nach Lust und Laune herumzuinerpretieren.
Ich habe fertig
;)