mitras
mitras schrieb:Jedes Gebot könnte man auch so umdeuten "Du wilst doch eigentlich nicht töten", "Du willst doch eigentlich nicht stehlen", "Du willst doch eigentlich die Wahrheit sagen". Die Gebote - schauen wir sie nur an - sprechen von der Enthaltungsamkeit zur Tat. Wenn wir die Passiva in Aktiva wandeln könnten wir daher sagen: "Du willst doch deinen Nächsten sein Leben lebenswert machen", "Du willst doch deinem Nächsten beschenken", "Du willst doch die Wahrheit sagen".
Finde ich schön, wie Du das schreibst.
Mal abgesehen davon, daß ich nicht an einen Gott glaube, der uns Verhaltensregeln gibt, ohne deren Einhalt er uns nicht oder weniger liebt oder gnädig ist, glaube ich, es wäre eine sinnvolle Neuinterpretation der 10 Gebote, sie so umzuformulieren:
z.B. "Du sollst nicht töten" ---> "Finde heraus, daß Du nicht töten willst."
Letztlich wäre es ein viel milderes SOLL, was da vorgegeben wird, und eines, das zur Selbsterkenntnis ermuntert. Es wäre nicht mehr diktatorisch und würde nichts mehr androhen.
Ohne ein SOLL würde nichts existieren, schrieb Navigato.
Seh ich inzwischen anders.
Ein SOLLen wird von einem Bewußtsein formuliert, das über ein WOLLEN verfügt bzw. dem WOLLEN, das es in sich trägt, unterworfen ist. Es ist unzufrieden, solange dieses SOLL nicht erfüllt ist, und seine Schöpfung oder Welt ist unvollständig, solange das WOLLEN/ SOLL nicht zum IST wurde.
Ich glaube nicht, daß ein übergeordnetes Schöpferbewußtsein derart "menschlich" ist, also über ein Ego verfügt, welches Unzufriedenheit empfindet oder produziert, wenn sein WOLLEN nicht erfüllt wird.
Die Enfaltung/ Manifestierung von Potentialen, die den Wandel des IST darstellt, geschieht ganz bestimmt nicht aus einer Unzufriedenheit mit dem IST heraus, sondern aus einem Gefühl des Loslassens und So-Sein-Lassens, denn alles andere würden permanenten Streß auf unserem Planeten bedeuten, Streß beim Pflanzenwachstum, bei jeder Bewegung, bei der allmählichen Veränderung von Landschaften.
Wenn sich ein Kind zum Malen hinsetzt, so tut es das ja auch nicht aus einer Unzufriedenheit über das weiße Blatt Papier heraus, sondern aus Freude am Schaffen, am Selbstausdruck.
Also, der Wandlung des IST liegt Freude zugrunde, nicht Streß oder Unzufriedenheit, da bin ich mir sicher.
Außerdem scheint mir, daß wir nur sehr selten tatsächlich auf ein SOLL fokussiert sind, wenn wir etwas wollen. Vielmehr fokussieren wir uns auf den Abstand der zwischen IST und SOLL sich auftut, also auf die Unzufriedenheit.
Sich auf ein SOLL zu fokussieren bedeutet zu träumen, Tagträumen nachzuhängen, Fantasie zu haben, und wenn dies mit Freude unterlegt ist, kann es zur Erschaffung führen. Ein streßunterlegtes Wollen dagegen eher nicht.