@Fabiano Fabiano schrieb:Wenn du es nicht wissen kannst und ich es nicht wissen kann, wie will dann eine Jesus-Forschung mehr wissen können? Es gibt keine Tonbandaufnahmen von den Predigten eines Jesus von Nazareth :D
Also was die anderen haben, haben wir auch - die Hl. Schrift.
Was also bleibt als der Glaube daran? Entweder glaube ich, was da steht oder ich bezweifle es.
Und da wir nichts anderes haben als die Hl. Schrift, können wir ansonsten nur mutmaßen was Jesus gesagt haben könnte. Das bringt uns aber auch nicht weiter.
Zu deiner Bibelstelle kann ich nur sagen: Dann ist dem wohl auch so, dass seine Jünger zunächst nicht zu den Heiden gehen sollten ! Offensichtlich änderte sich das aber später, als Jesus sagte: Gehet in alle Welt, taufet die Menschen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes und verkündigt ihnen das Evangelium (sinngemäß).
Denn den Juden wurde es ja durch Jesus bereits verkündigt. Aber diese nahmen es offensichtlich (bis auf seine Anhängerschaft) nicht an. Womöglich änderte Jesus also seine ursprüngliche Absicht später?
Ich hab auch keine Antwort auf deine Fragen. Aber ich kann es mir noch so erklären wie dargelegt :D
Extra für dich habe ich mir die Mühe gemacht eine Stelle aus einem Buch zu schreiben, um dir zu zeigen WIE die Forschung arbeitet um "echte" Jesusworte erkennen zu können. In dieser Stelle dieses Buches geht es zufälliger Weise um das missionieren.
Fabiano schrieb:Womöglich änderte Jesus also seine ursprüngliche Absicht später?
Nein , Jesus nicht, sondern seine gläubige Evangelisten.
Jesus wollte keine Weltmission
Die größte Absurdität des christlichen Antisemitismus , auf den wir unten noch zu sprechen kommen werden, ist es, dass Jesus selbst nicht nur Jude war und als Jude geboren wurde, sondern dass er dies auch aus ganzer Überzeugung war und bleiben wollte. Er hatte eine jüdische Mutter, als Jude hat er gelebt und als Jude ist er gestorben. Auch seine Jünger waren allesamt Juden. Erst die Christen haben ihn quasi zum ersten Christen gemacht, zum angeblichen Begründer einer Religion, die er , hätte er sie gekannt, sicher aus vollem Herzen abgelehnt hätte. Doch ein Toter kann sich nicht mehr wehren.
Die Tage der Urgemeinde in Jerusalem waren gezählt. Nach dem Jüdischen Krieg verschwand sie im Ostjordanland, und das palästinische Judenchristentum sank immer mehr zur Bedeutungslosigkeit herab. Dafür aber nahm das gesetzfreie Heidenchristentum einen imposanten Aufschwung, bedingt vor allem durch das Wirken des Paulus und auf längere Sicht von seinen erhaltenen Briefen bestimmt. Das Evangelium richtete sich nun auch an die Nichtjuden, und Nichtjuden waren es, die es vorantrieben und mit ihrer Mission allmählich zur Weltreligion machten.
Die ideologische Begründung zur Heidenmission lieferte ab dem 2. Jahrhundert ein Jesuswort, nämlich der sogenannte Taufbefehl am Ende des Matthäusevangeliums. Der auferstandene Christus verkündet seinen Jüngern : “Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden, Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker. Taufet sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie alles. Was ich euch befohlen habe.”(Mt28,18-20) Auch Kirchenferne werden dieses Wort kennen, wenn sie schon einmal an einer christlichen Taufe teilgenommen haben, wo es gerne verwendet wird.
Abendländern fällt so meist auch nicht auf, dass hier der Christliche Anspruch auf Weltherrschaft formuliert wird. Damit ist diese Stelle bei Matthäus eine der weitreichendsten und schlimmsten Stellen des gesamten NT. Denn nicht nur beim vergleichsweise harmlosen Taufen der kleinen Kinder ist dieses Wort verwendet worden, es war auch Taufpate bei jedem Kampf gegen die “Ungläubigen”, bei den Zwangstaufen, die im Namen des Christentums durchgeführt wurden, bei der Unterdrückung und Vernichtung fremder Kulturen und Religionen, bei den Kriegen und den Ausplünderung ferner Länder im Zeichen des Kreuzes. Was für den orthodoxen Marxismus die Ideologie der Weltrevolution war, war für die Christen die Ideologie der Weltmission, die fast immer einher ging mit Herrschaft und Unterdrückung. Und man darf hinzufügen: Die Christen waren nicht nur viel früher da, sie waren auch erfolgreicher als der “ Bolschewismus”, vor dem gerade die Kirchen immer eindringlich warnten, freilich ohne die Ähnlichkeiten ihrer Ideologie mit der ihres profanen Konkurrenten zu erkennen. Und die Christen hatten mit dem Jesuswort bei Matthäus die vorgeblich bessere Argumente, denn hier hatte ja angeblich ein Gott selbst die Parole ausgegeben, und kein Engel, erst recht kein Engels und kein Marx konnte einen Gott das Wasser reichen. Der Taufbefehl ist eines der Unworte der Bibel, von denen wir unten noch weitere benennen werden.
Der mächtigste Dämpfer gegen diese Form eines christlichen Imperialismus kommt wieder einmal von der neutestamentlichen Forschung, die das Jesuszitat , in dessen Namen so viel Leid und Blut in die Welt kam, als, Erfindung des Evangelisten Matthäus erwiesen hat. Ganz abgesehen davon, dass die Erzählungen der Evangelisten vom Auferstandenen in der Forschung alle als Legenden gelten, denen kein Anhalt in der realen Welt zukommt (auch darauf kommen wir unten noch eingehend zu sprechen) , lässt sich die typische Terminologie des Evangelisten durch Sprachanalyse und Wortstatistik nachweisen. Erfindungen des Evangelisten liegen vor, wenn gehäuft dessen typische Terminologie und seine theologischen Vorstellungen in einem Wort Jesu auftauchen. Absolute Sicherheit gibt es bei diesem Verfahren zwar nicht, wie nirgendwo in der historischen Forschung. Doch ein weiterer Hinweis auf die späte Abfassung des Missionsbefehl ist die Wendung” auf den Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes”. Hierbei handelt es sich um eine triadische Formel, die bei den ersten Christen noch nicht verwendet wurde. Denn vor allem aus den paulinischen Briefen wissen wir, dass in der Frühzeit nur eingliedrig auf Christus (Gal3,27) oder auf den Namen Jesu (1.Kor1,13; Apg8,16;19,5;vgl. Gerd Lüdemann , Jesus nach 2000 Jahren, S.325) getauft wurde. Die hier von Matthäus gebrachte dreigliedrige Formel ist historisch später anzusiedeln und spiegelt vermutlich den Gebrauch dieser Formel in der Gemeinde des Matthäus wider, wie überhaupt Erzählungen und Worte der Evangelien oft Gemeindesituationen und Gemeindeprobleme reflektieren. Durch die Legenden vom Missionsbefehl soll der Gemeinde ihre Taufpraxis als von Jesus selbst begründet demonstriert werden
Dabei hat Jesus selbst gar nicht getauft (anders als sein vermutlicher Lehrer Johannes) , und auch seine Jünger hat er nicht dazu angehalten. Auch dies ist fast einhellige Meinung der Forschung. Auch vom Heiligen Geist hat er offenbar nie gesprochen (die sogenannten Paraklet - Stellen im Johannesevangelium gelten als nicht historisch). Jesus kannte keine Trinität, erst recht nicht mit ihm selbst als trinitarischer Person. Die Ausbildung der Trinitätslehre ist religiöse Lyrik, erdichtet aus spekulativer Fantasie ebenso wie aus vermeintlicher theologischer Notwendigkeit. Auch auf sie werden wir unten noch zu sprechen kommen. Die Gottesvorstellung Jesu war dagegen einfach und klar, es war (und es ist noch heute) die Vorstellung jedes frommen Juden, der neben Gott keinen Platz für irgendwelche Nebenherrscher kennt, mögen sie noch so dreieinig sein.