@Sigalit:
Du schreibst: "es ist etwas anderes ob ein Mensch Fehler begeht oder sündigt. Das sind zwei unterschiedliche Themen. Es gibt Umstände und Gegebenheiten in denen auch Propheten aufgrund ihrer Handlung belangt werden. Fehltritte sind menschlich und sie kommen auch bei Proheten vor."
Das ist wohl richtig. Fehler sind nicht unbedingt Sünden. Aber es ist im Prinzip unmöglich, dass ein Mensch von Beginn bis zum Tode ohne jede Sünde wäre. Davon sind auch Propheten nicht ausgenommen.
Denn auch Propheten sind erst einmal Menschen. Sie sind auch nicht von Geburt an Propheten, sie sind zwar von Gott von Anfang an dazu bestimmt, mal Prophet zu werden. Diese Berufung erfolgt aber meist später in deren Leben. Vorher können sie ein ganz normales Leben führen ohne auch nur etwas von Gottes Vorsehung zu wissen. Und in diesem normalen Leben sind sie auch vor dem Sündigen nicht geschützt, auch nicht gewissen Versuchungen.
Selbst Jesus war bis etwa zu seinem 30. Lebensjahr ein Zimmermann und wir wissen nicht viel aus der Bibel über diese Zeit, weil sie wahrscheinlich auch relativ unbedeutend in religiöser Hinsicht ist.
Auch Moses war bis er seine Gotteserfahrung am brennenden Busch machte, ein ganz normaler Mensch und führte ein ganz normales Leben. Auch bei Abraham war es nicht anders. Nur, was hierbei auffällt ist, dass es sich um recht Gottesfürchtige und fromme Menschen handelte. Und das dürfte mit ein Grund dafür gewesen sein, warum Gott sich diese erwählte für das Prophetenamt.
Du schreibst: "Wenn du dir koranische Inhalte anschaust, dann gibt es einige Situationen in denen auch Mohammed berichtigt oder belangt wird. Aber das sind nicht so schwerwiegende Laster und blutrünstige Angelegenheiten wie es leider aus der Bibel hervorgeht."
Naja im Koran wird das Leben Mohammeds auch nicht wirklich beschrieben, ausser gewisse Einzelheiten daraus, wenn sie von Belang war. Von den ganzen Kriegen wird im Koran keine Erwähnung gemacht.
Das alles wurde bewusst ausgespart.
Um über Mohammed und sein Leben mehr zu erfahren, bedarf es anderer Quellen als den Koran. Da der Koran auch nicht die Aufgabe hatte, nur das Leben des Mohammed zu beschreiben. Die Bibel ist ein völlig anderes Buch, welches eben nicht nur auf die Lehren der jeweiligen Propheten eingeht, sondern auch das ganze drum herum, die geschichtlichen Gegebenheiten, das Leben der einzelnen Menschen mit beschreibt und wie es ihnen ergangen ist, was sie erlebt haben usw... Und da wird dann eben so berichtet, wie es sich (nach Ansicht der Schreiber) in etwa zugetragen hat. Und da werden eben auch die Fehltritte und Sünden nicht ausgespart.
Würde man bei all den Menschen wie sie in der Bibel erwähnt werden, alles schön schreiben und glätten, alle Fehler ausradieren und die Sünden weglassen, dafür einzelne besondere Taten besonders hervorheben und ausschmücken, würden aus diesen Menschen nach und nach Übermenschen entstehen, an die niemand mehr heran kann ausser in tiefster Ehrfurcht und lauter Ehrbekundungen. Das ist aber nicht Sinn und Zweck der Bibel. Sondern sie beschreibt die Menschen wie sie wirklich waren. Positiv ist, dass hierdurch der Gefahr, sie zu Übermenschen hochzustilisieren entgegen gewirkt wird. Solche Übermenschen wirken aber unglaubwürdig, weil niemand an sie heran kommt. Obwohl es ja in Wahrheit doch auch nur ganz normale Menschen waren, nur mit der Ausnahme, von Gott auserwählt worden zu sein.
Du schreibst: "Ein Prophet übernimmt eine Vorbildfunktion, die exklusiv für seine Mission bestimmt ist. Und das ist auch der Grund warum G"tt sie vor Unzucht etc. bewahrt."
Nein ! Sehe ich ganz anders, ein Prophet war und ist bis zu seiner Erwählung durch Gott ein ganz normaler Mensch. Und auch nach seiner Erwählung ist er es weiterhin. Er ist nicht dazu bestimmt, für die Menschen ein Vorbild zu sein, sondern tritt lediglich als Warner oder Rufer auf, um ein Volk zur Umkehr zu bewegen. Meist vor einem ebenfalls durch Propheten vorher angekündigtes Gericht. Welche Menschen und warum Gott sie zu Propheten erwählt, müssen wir Gott schon selbst überlassen.
Es gibt und gab auch viele Menschen, die bevor sie zu Christen wurden, ganz schlimme, sündige oder böse Menschen gewesen sind. Und durch ihren Glauben haben sie sich verändert und geben sogar Zeugnis davon. Sie erwähnen absichtlich, was sie vordem für Menschen gewesen waren, wie Gottlos sie lebten und wie sie jetzt leben bzw. nachdem sie den christlichen Glauben angenommen haben. Und eben dadurch, dass sie keinen Hehl aus ihrem Vorleben machen, werden sie glaubwürdig.
Mir ist zB. dieser Paulus (über seine Theologie, welche das Christentum sehr geprägt hat, spreche ich jetzt hier nicht) als Mensch durchaus sympathtisch, weil er auch seine Menschlichkeit durchschimmern lässt. Es wird und berichtet, dass er ein schlimmer Christenverfolger gewesen ist, bevor er sein Damskus-Erlebnis hatte. Es wird uns berichtet, wie sehr der Glaube ihn veränderte, eben die Wandlung vom Saulus zum Paulus vollzog. Er schreibt auch, dass er einen Stachel des Fleisches in sich hatte (was immer das gewesen ist) aber es zeigt doch, dass er eben auch trotzdem seinen Glauben hatte. Er schreibt auch: Was ich tun soll, das tue ich nicht und was ich nicht tun soll, das tue ich... Auch das macht mir einen Menschen sympathisch und nahbar und erfahrbarer, als wenn von alledem keine Erwähnung gemacht werden würde.
Du schreibst: "Ich persönlich glaube nicht an eine makellose Bibel."
Ich auch nicht ! - Makellos ist sie nicht. Sie ist ja auch nicht von Gott persönlich niedergeschrieben worden, sondern von Menschen. Das bedeutet aber dennoch nicht, dass sie von vorne bis hinten nicht stimmt. Gerade im Judentum hat man äusserst großen Wert auf eine stimmige Überlieferung gelegt und jede Zeile hatte einen ganz bestimmten Zahlenwert. Stimmte dieser nicht, war da durch eine Abschrift ein Fehler unterlaufen. So konnte man nachprüfen, in wie weit eine Überlieferung als stimmig befunden werden konnte oder nicht.
Du schreibst: "Du wirst im Koran viele Inhalte finden wo die als Prophet geltenden Menschen schwäche zeigen oder von G"tt kritisiert werden oder auch Fehlentscheidungen treffen, für ihre Taten belangt werden. Und das ist eigentlich menschlich. Sie sind durch und durch menschlich, manchmal ängstlich, manchmal hilflos, manchmal wütend, manchmal zweifelnd ... manchmal dies und das. Das müssen sie auch sein, sonst könnten sie auch keine Vorbilder sein. Sie müssen Menschen bleiben."
Das sehe ich ganz genauso. Selbst Jesus wird mit seinen Ängsten in der Bibel beschrieben. Er ist nicht selbstherrlich mit einem Pferd zur Hinrichtungsstätte erhobenen Hauptes gezogen wie ein Märchenheld, sondern wir lesen in der Bibel, wie er im Garten Gethsemane Gott bittet, den Kelch an ihm vorüber gehen zu lassen, als er merkt, welche Stunde es geschlagen hatte. Wir lesen, wie er sein Kreuz selbst tragen musste und dabei mehrmals hin gefallen ist, vor Erschöpfung, Angst, Schwäche.
Und auch das macht mir diesen Jesus gerade so sympathisch, nahbar, erfahrbar. Einen Jesus, der ohne jegliche Menschlichkeit nur wie ein Märchenheld geschildert würde, einem Wundermann, der alles kann, dem nichts und niemand etwas anhaben kann, der würde auf mich unglaubwürdig wirken.
Du schreibst: "Ich sehe aber keinen Grund darin einen Unzuchttreibenden oder einen Lügner, jemanden der Götzendienst betreibt als Propheten zu sehen. Das hat am wenigsten was mit einer "reingewaschenen Weste" zu tun, sondern mit den bereits erwähnten Punkten, welche als Kriterien gelten könnten. Würde ein Prophet in seiner Prophetie-Phase lügen oder Geld stehlen, wer würde ihm noch glauben schenken?"
Welche Propheten sollen das denn sein, die Unzucht getrieben haben oder notorische Lügner waren, Götzendienst betrieben oder als Diebe bekannt waren? Ich kenne aus der Bibel keine solchen Propheten. Nenne mir mal welche. - Adam, der erste Mensch und der erste Sünder war nach der Bibel kein Prophet. Auch Lot war nicht Prophet nach der Bibel. Selbst König David wird nicht als Prophet bezeichnet. usw...
Du schreibst: "Ich sehe darin keinen Sinn darin unnötig Verbrechen und Unzucht den Propheten in die Schuhe zu schieben. Das hat mehr negative Folgen, als es überhaupt Nutzen bringt."
Was heißt denn in die Schuhe schieben? Ich meine, wenn Moses einen Ägypter erschlug, dann ist das kein in die Schuhe schieben. Wenn David Ehebruch mit der schönen Nachbarin beging und ihren Mann in der stillen Erwartung, dass er umkommt, in den Krieg zu schicken, dann ist das doch kein in die Schuhe schieben. Das allerdings zu vertuschen, zu beschönigen und Menschen in einem Scheinheiligen Licht darzustellen, so wie sie garantiert nicht waren, das fände ich noch schlimmer !
Und das gerade tröstliche dabei ist doch, Gott nimmt sich ihrer trotzdem wieder an ! Trotz der Sünden und Verfehlungen zeigt sich Gott ihnen gnädig und barmherzig. Nur dass kann einem Menschen doch Hoffnung geben, dass Gott auch die eigenen Sünden und Verfehlungen gnädig und barmherzig vergibt !
Was käme denn ansonsten für ein völlig verzerrtes Bild von frommen und gläubigen Menschen dabei heraus, die den Anschein erwecken, eben absolut perfekte Heilige gewesen sein zu müssen, wo niemand anderer jemals heran kommen könnte. Dem einfachen vom Leben geplagten sündigen und schuldig gewordenen Menschen gäben solche Gestalten wenig Hoffnung auf einen verzeihenden und barmherzigen Gott.
Du schreibst: "Heute werden viele falsche Propheten aufgrund ihrer negativen Vergangenheit entlarvt. z.B. durch ihre negative politische Vergangenheit, psychologische Probleme, oder das Erstreben von Macht oder auch das Verbünden mit "Feinden" der Bevölkerung, welche eigentlich bestrebt sind das Volk aufzumischen und was durch solche falschen Propheten recht gut funktionert/e."
Mag sein, ist auch gut so. Und sicher gibt es auch falsche Propheten. Wenn sie entlarvt werden, auch gut. Habe ich nichts gegen einzuwenden. Aber den Umkehrschluss kann man daraus wieder nicht bilden und sagen: Wer eine negative Vergangeheit hatte, kann also nur ein falscher Prophet sein. Weil jemand psychische Probleme hatte, oder eine Krankheit, oder hier und da ein Fehlverhalten zeigte, kann er nur ein falscher Prophet sein. - Als wenn ein richtiger Prophet nie etwas falsch machen könnte, das ist genau der Eindruck der dann entsteht. So etwas gibt es nicht !
Du schreibst: "Das soll ein Prophet sein? Wollt ihr allen ernstes so jemanden als Prophet unter euren Propheten mit solchen Eigenarten akzeptieren? Sind David (gem. Bibel kein Prophet, aber die Psalter, wenn man sie ihm zu schreibt ist er ein Prophet) und Moses (seine Tat bezüglich des Ägypters kann noch "entschuldigt" werden; Übrigens auch im Koran erwähnt) etwa auch so?"
Ja, ich weiß wie eine Volksmenge sprechen würde. Genau so ! Und genauso wurde auch über Jesus gesprochen: Das soll der König der Juden sein? Gebt ihm eine Krone aus Dornen ! Bist du der Messias etwa? Du, dieser Sohn des Zimmermanns willst der verheißene Messias sein?
Ist das ein Kriterium dafür, ob jemand ein Prophet ist, was das Volk sagt? Sicher nicht ! Ich finde, man sollte erst mal generell abklären, was ein Prophet überhaupt ist. Für mich ist nicht automatisch jeder, der Gottes Stimme hört deswegen schon ein Prophet. Nur weil David die Psalmen schrieb, ist er noch kein Prophet. Nur weil König Salomon die Sprüche der Weisheit schrieb ist er noch kein Prophet. Und auch dein zitierter Lorber ist deswegen, weil er eine innere Stimme hatte noch kein Prophet. Ich würde eher sagen, er war ein Mystiker. Allerdings was die Leute oder ein Volk sagt, das ist wohl weniger geeignet um daraus herzuleuten, wer ein Prophet ist und wer nicht.