AlteTante schrieb:Die Theorie, nach der Gott den freien Willen eines sadistischen Verbrechers, einen wehrlosen Mitmenschen zu foltern, höher wertet als das Menschenrecht seines Opfers auf Schutz, ist mir in diesem Forum schon öfter begegnet.
für mich ergibt sich daraus eben immer die Frage der Grenzziehung. Wenn Gott in so einem üblen Fall zu Gunsten des Opfers aktiv eingreifen würde (was ich mir natürlich auch wünschen würde), wie solllte es dann mit allen anderen Dingen auf der Welt weitergehen? Wo ist die Grenze für Gott, bis wohin er nur beobachtet oder wo er eingreift. Das andere Extrembeispiel wäre dann ein Schulkind, dem der letzte Euro Taschengeld geklaut wird. das ist auch unrecht, aber wir würden dann mit unseren Maßstäben vielleicht sagen, dass es nicht grausam genug ist für ein Eingreifen Gottes. Wo sollte also zwischen diesen beiden Polen dann die Grenze sein? Oder Gott müsste für unsere Wahrnehmung komplett willkürlich eingreifen und hier und da mal ein Opfer von Gewalt retten, andere aber in der Tat leiden lassen. Käme uns auch ungerecht vor.
Super schwierige Sache, finde ich. An dieser "Theodizee-Frage" beißen sich ja die Theologen die Zähne aus. Einfach nicht lösbar.
AlteTante schrieb:Welche ist das denn? "Wenn du keinen Augenblick deines Lebens vergisst, Gott um Verzeihung zu bitten, hast du eventuell die Möglichkeit, nicht in die Hölle verdammt zu werden?
für mich sind es eher die kleinen Geschichten, wie die, wo Jesus die Kinder zu sich kommen lässt und beschrieben wird, wie er mit ihnen umgeht. Als Christ gehe ich ja davon aus, dass Jesus quasi das göttliche Handeln "vermenschlicht". aus so einer Episode ziehe ich meinen Glauben daran, dass Gott ein väterlicher Typ ist, der mich zu sich ruft und mich in den Arm nimmt, auch da, wo andere Menschen mich wegschicken oder verurteilen. Die Apostel fanden die Kinder ja eigentlich störend und wollten sie nicht durchlassen.
oder das Vertrauen von Jesus, dass es irgendwie schon alles gut wird, wie auch immer "gut" am Ende aussieht. ich meine die Stellle, wo er in Todesangst betet "nicht mein Wille geschehe sondern deiner". Wir wissen, wie die Geschichte weiterging. so stellt man sich "gut" nun wirklich nicht vor. Aber das Urvertrauen von Jesus in seinen Vater, das rührt mich schon sehr an. und als Gläubige glaube ich ja an die Auferstehung, die ich als das "happy end" der Geschichte interpretieren kann. Also hat es der Vater am ende doch wieder wirklich gut gemeint mit seinem Sohn.
die Bibelstellen, in denen Jesus "ausrastet", finde ich dann schon auch befremdlich. Andererseits stell ich mir dann auch gern vor, dass das evtl. ein Missverständnis war. So bisschen à la Leben des Brian. Wo Jesus diesen Feigenbaum verflucht... irgendwie stell ich mir das eher lustig vor. Ja, er hatte Hunger, ja er hat sich geärgert, dass der Baum keine Früchte hatte und ja, dann hat er sinngemäß gesagt "verfluchtes Grünzeug, verreck doch!". das hat einer gehört, sich gemerkt, weitererzählt und am Ende hat es der Evangelist aufgeschrieben, so als hätte Jesus damit total tiefsinnig irgendwas lehren wollen. ich finds irgendwie einfach witzig :-)
AlteTante schrieb:Das freut mich, dass du trotz allem wagst, an einen guten (besseren als in der Bibel dargestellten) Gott zu glauben. :) Und das meine ich wirklich ernst.
danke. und ich seh schon ein, dass das eigentlich nicht greifbar ist. wie gesagt, ich war früher auch überhaupt nicht so. wie diese Kehrtwende letztendlich kam, kann ich nicht mal mehr sagen.
mich motiviert eigentlich hauptsächlich, wenn ich sehe, wie andere Menschen in der Welt wirken, wenn sie an Gott glauben (und das unabhängig von Christentum). auch die christlichen Mystiker (die Wüstenväter, Teresa von Avila...) finde ich so stark. die haben diese bestimmte Grundausrichtung, in der sie ruhen, die man sich nicht mit theologischen Studien aneignen kann. das ist außerhalb des Verstandes, aber es bringt ihren Mitmenschen Gutes. für mich ist das der göttliche Funke in den Menschen und wenn so etwas im Menschen drin ist, kann der Schöpfer ja nicht so anders sein. Meine Meinung mal wieder, nicht wissenschaftlich belegbar ;-)