oneisenough schrieb:Das stimmt. Aber hier will uns jemand erklären, dass es nur manchmal - also so gut wie nie - solche Signale gibt. Es gibt sie immer. Das ist Fakt. Der Mangel in Form eines möglichen Nichterkennens bedeutet nicht, dass da nichts mehr zum Ausdruck gebracht wird, was diesen schlimmen Vorfall in der Kindheit betraf.
Ganz offensichtlich ging es mir nicht um ein normales psych. Muster, sondern um das Muster der Opfer-Rolle, welches bei vielen Menschen lebenslang nicht aufgelöst werden kann. Und da eignet sich am allerbesten eben das Trauma des mißhandelten und mißbrauchten Kindes.
Jeder, der sich ein wenig mit dieser Thematik auskennt oder selbst betroffen war/ist, weiss, dass das Trauma nicht kommunizierbar ist, insofern das Opfer unfähig ist, den Täter tatsächlich auch als "Bösen" Täter zu entlarven. Gerade wenn es sich um die Eltern handelt, die das Kind im Namen der Liebe mißhandeln/mißbrauchen, ist es dem Kind nicht möglich, die Lieblosigkeit als solche zu "merken", geschweige denn zu benennen.
Ganz sicher gibt das Kind, während es geschlagen oder sex. mißbraucht wird zunächst einmal Signale des "Unwohlseins". Es weint und schreit z.B., wo es Schmerzen verspürt. Wo es keine Schmerzen verspürt, z.B. beim sexuell motivierten Streicheln, wird es wohl keinerlei Unwohlsein signalisieren. Das ist ja die Crux. Es kann alles mögliche dem Täter gegenüber signalisieren, nur wird dies beim Täter eben nicht ankommen, es wird ihn nicht von seinem Vorhaben abhalten.
Wenn ich sage, einem traumatisierten Opfer ist das, was ihm geschieht, nicht kommunizierbar, meine ich weiterhin, dass das Opfer in der Regel stumm gemacht wurde. Einerseits durch Einschüchterung und Drohungen, Zudem wird das, was in der Familie passiert, unter den Teppich der Verschwiegenheit gekehrt und darf und kann nicht nach aussen kommuniziert werden.
Man kann, wenn man z.B. die Kirchenskandale um den sex. Mißbrauch von Kindern verfolgt hat, erfahren, wie schwer es den erwachsenen Opfern fällt, überhaupt darüber zu sprechen. Als Opfer ist man ja oft überzeugt, schlecht und böse zu sein und das, was passiert ist, verdient zu haben. Ohne therapeutische Hilfe ist man meist gar nicht in der Lage, mit dem Finger auf den Täter zu zeigen und zu sagen: Du hast mir wehgetan, du warst es... Weil man nicht merken durfte, was mit einem gemacht wurde, wurde man blind und taub gegenüber dem Ausmass an emotionaler und körperlicher Gewalt.
Man lese mal die Bücher von ALice Miller, da bekommt man ein Bild von der furchtbaren Tragik dieser Struktur. Buch: "Das Drama des begabten Kindes" oder "Du sollst nicht merken" und auch die anderen Werke von ihr können vielen Menschen, die in der Opferrolle gefangen sind, eine wertvolle Hilfe sein, dieses Muster zu druchbrechen.
@all