AfD
01.01.2015 um 22:39Gedanken zum Liberalismus in der AfDDas schrieb Marcus Pretzell. Quelle: Facebook, Marcus Pretzell
Es geht auf das Jahresende zu und da bewegt mancher ganz grundsätzliche Gedanken in seinem Herzen und so geht es auch mir in diesem Jahr; wie eigentlich jedes Jahr.
Mich beschäftigt die immer wieder beschworene Zweiflügeligkeit der AfD. Da gibt es den konservativen Flügel, von dem jeder weiß, dass er sich in Wertkonservative und Nationalkonservative aufteilt. Und es gibt den liberalen Flügel, der (leider) zumeist als wirtschaftsliberaler Flügel bezeichnet wird, was mich zu den folgenden Zeilen veranlasst.
Liberalismus handelt von Freiheit, von Freiheit, die ihre Grenzen dort hat, wo die Freiheit des Anderen über Gebühr beschränkt und beschnitten wird, von Freiheit, die einen Wert an sich darstellt und sich nicht in Geld bemessen lässt. Was aber ist Wirtschaftsliberalismus? Nun, es ist zunächst die Freiheit des Unternehmers, der mit dieser Freiheit im Wesentlichen das ökonomische Fundament einer freien Gesellschaft legt. Aber was ist ein Liberalismus, der sich nur um die Freiheit des Unternehmers sorgt und die des Konsumenten, des Schülers, des Dateninhabers, des Arbeitnehmers, des Patienten oder die Freiheit der Familie lediglich unter dem Blickwinkel betrachtet, dass sie bitte die Freiheit des Unternehmers nicht einzuschränken haben. Was ist ein Liberalismus, der 95% der Menschen sagt, "seid still, denn die Freiheit von 5% der Gesellschaft schaffen den Wohlstand, von dem ihr lebt". Ein Liberalismus der also letztlich einer Bevölkerungsmehrheit erklärt, dass man gedenkt ihr ihre Freiheitsrechteabzukaufen. Dieser Liberalismus schafft das Fundament einer freiheitlichen Gesellschaft, ohne die freiheitliche Gesellschaft selbst zu bauen. Nicht zu Unrecht ist die FDP an der Verengung des Freiheitsbegriffes gescheitert und als "neoliberal" beschimpft worden. Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden oder auch ganz einfach die Freiheit des Anderen und nie nur die Freiheit Einzelner, oder gar noch schlimmer die Freiheit von juristischen Personenen. Freiheit braucht jeder Bürger und jeder Bürger hat ein Recht darauf, dass sein Freiheitswunsch in der Politik wahrgenommen und vertreten wird. Wenn die AfD also einen liberalen Flügel haben soll, darf sie nicht den Fehler der FDP wiederholen und Wirtschaftsklientelpolitik betreiben. Die Freiheit des Unternehmers ist fraglos eine wichtige und gibt uns ein ökonomisches Fundament, aber sie darf nie allein und alternativlos gegen alle anderen Freiheiten stehen. Sie muss vielmehr eingebettet sein in den Anspruch der AfD als Bürgerrechtspartei. Ein solcher Liberalismus, der alle freiheitlichen Aspekte der Gesellschaft berücksichtigt, ist zukunftsweisend und hat durchaus Überschneidungen mit wertkonservativen Vorstellungen, die gleichfalls eine rein ökonomisierte Sichtweise ablehnen. Ein ausschließlich wirtschaftsliberaler Flügel wird hingegen nie die Kraft aufbringen, ein Gegengewicht zum starken konservativen Flügel zu bilden. Eine solche Verengung wird dazu führen, dass der Liberalismus auf kurz oder lang aus der AfD verschwindet, mit allen für die Gesamtpartei damit verbundenen Risiken.
Ich appelliere daher inständig an alle wahrhaft liberal denkenden Parteimitglieder sich dessen bewusst zu werden, dass Liberalimus weit mehr bedeutet, als dies in der öffentlichen Debatte seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wahrgenommen wird. Liberalismus ist Staatsskeptizismus auf allen Ebenen und im besten Fall die Reduzierung des Staates auf die Funktion des Ausgleichs zwischen den Freiheitsansprüchen seiner Bürger und die Sicherung des Staates nach außen. Als Grundbedingungen sind dazu demokratische und rechtsstaatliche Vorrausetzungen zu schaffen; Themen die die AfD seit ihrer Gründung mit den Feldern direkte Demokratie, Demokratiedefizit in der EU und Rechtsbrüche im Zuge der EURO-Rettung ohnehin glaubwürdig besetzt hat.
Auch die Konservativen in der Partei werden klug genug sein, einen solchen liberalen Flügel nicht nur zu dulden sondern sogar zu wünschen, weil er essentiell für den Erfolg der Partei als zukünftige Volkspartei ist. Liberalismus ist notwendiges Element einer Bürgerrechtspartei,wie die AfD es sein wollte und im Interesse unseres Landes sein muss.