def schrieb:Davon ab ist es ein Bruch des Dublin Abkommens unbekannte, unregistrierte Menschenmassen zum Wunschziel durchzuwinken. Und das tat man im Herbst 2015.
Dublin war auch schon lange vorher eine "tote Leiche", nämlich in dem Moment, als man feststellte, dass sich niemand an die Kontingentlösung halten und praktisch überhaupt keine Flüchtlinge mehr aufnehmen wollte.
Die Flüchtlingssituation war und ist (deshalb) in Italien unerträglich und in Griechenland noch unerträglicher, und hätte die Türkei nicht die meisten von ihnen aufgenommen, wäre die EU vielleicht schon längst geplatzt, denn die Türkei hätte ebensogut alle Flüchtlinge durchwinken können nach Griechenland. Merkel versuchte einfach aus humanitären Gründen eine unhaltbare Situation (in Ungarn und anderwao) zu entsopannen, um Druck aus dem Kesel zu nehmen. Auf die Solidarität der EU konnte sie leider nicht setzen.
def schrieb:Mittlerweile wissen wir, dass ungefähr ein Drittel (die Zahlen schwanken da je nach Datum der Quelle) dieser ganz offiziell geschleusten Migranten/Asylbewerber noch immer ohne Registrierung untergetaucht in Deutschland leben.
Erstens ist das ein 5 Wochen alter Bericht und zweitens just jener mit extrem übehöhten Schätzungen. Klar, dass der dieser Text am besten von allen passte.
:D Denn du weißt ja bestens, dass es in solchen Diskussionen nicht um Wahrheitsfindung geht, sondern um die beste Unterfütterung der eigenen bizarren Theorie, um sie "durchzubringen".
def schrieb:Der Witz an der Sache ist ja, dass man so den Schwarzen Peter in jedem Fall Anderen zuschieben kann. Die Bulgaren. Die Ungarn. Die Griechen. Nur D... ja respektive Frau Merkel hat sich vorbildlich verhalten indem sie höchst selbst die "Schließung", besser die Kontrolle, der deutschen Grenzen ausschloss.
Du unterschlägst immer, dass wir in einem Rechtsstaat leben und gewisse Bedingungen zu erfüllen haben, etwa Artikel 16a des Grundgesetzes und die Genfer Flüchtlingskonvention. Mehr als die Hälfte des Asylgesetzgebungsthreads behandelte diese Kernproblematik, von daher sind wir schon seit vielen Seiten OT. Wenn die anderen sich wie "Schurken" verhalten, dürfen wir das erst recht, meinst du also. Die Länder, die du ansprachst, waren die vorgeschobenen Auffangbecken für diese Flüchtlinge; es war allein schon aus europäischen Solidaritätsgründen eine moralische Pflich, ihnen Teile dieser Flüchtlinge abzunehmen, um sie zu entlasten. Merkel tat das, was alle anderen (Frankreich, England, Benelux, Dänemark etc.) versäumten, nämlich Flüchtlinge aufzunehmen. Das von den Rechten vorgetragene Gegenargument, dass keiner dieser Flüchtlinge aufgenommen werden MUSS, weil keiner von ihnen noch in Kriegsgebieten lebt, ist in seiner unmoralischen, egomanischen, menschenverachtenden Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten, geradeso als handele es sich bei den Flüchtlingen um hochgefährliche Umweltgifte. Mit dieser Einstellung wären alle Flüchtlinge in Italien, Griechenland und der Türkei geblieben und die EU hätte sich hermetisch flüchtlingsfrei abgeschlossen.
def schrieb:Bereits im September letzten Jahres habe ich für HotSpots plädiert. In Syrien, Lybien, Marokko, Tunesien. Große Lager unter EU/UN Führung in die man sich freiwillig begeben kann, medizinische Grundversorgung und Verpflegung erhält, und einen Asylantrag im Land seiner Wahl stellen kann.
Gesandte der Staaten sollten in angemessener Frist vor Ort entscheiden. Natürlich bedarf es dazu entsprechender Papier und Nachweise zur Person.
Warst du da schon oder noch im Forum? Ich selbst stieß ja erst im Oktober dazu, aber dann hätten wir die Debatte schon damals führen können, allerdings wäre da genauso wenig bei rausgekommen wie jetzt. Keiner der "Hot Dpots" in Italien und Griechenland funktioniert, weil die EU nicht mal "in der Lage" ist entsprechende Kontinente an Fachkräften da runter zu schicken. Seit einem Jahr versauern schätzungsweise 4 Millionen Flüchtlinge in Lagern in der Türkei, in Jordanien und im Libanon, die weiter wollen, aber nicht können bzw. dürfen, und werden da hauüptsächlich mit EU-Geldern "ausgehalten", also ferngehalten. Man kann sich gar nicht genug fremdschämen. Diese Vorstellungen, dass diese "Hot Spots" irgendwann mal funktionieren könnten, sind noch realitätsferner als eine neue Flüchtlingswelle, die sich gewaltsam nach Europa vorschiebt und es drauf ankommen lässt sich abschießen zu lassen, eine Verzweiflungswelle. Schon mal an diese Möglichkeit gedacht? Die Leute haben ihr Hab und Gut in Syrien und Irak verkauft, teilweise ihre Häuser, nur um da rauszukommen, und sind jetzt in den Sackgassen der Lager dort gestrandet ohne zu wissen, ob und wann sie da jemals wieder rauskommen. Pest gegen Cholera eingetauscht.
def schrieb:Die Anzahl der Flüchtlinge allgemein bekommt man nur dann reduziert, wenn man die Bedingungen in den Ländern verbessert.
Ich kann es nicht mehr hören. Willst du die Bedingungen in der ganzen "Dritten Welt" verbessern, im gesamten Kontinent Afrika mit 2 Milliarden Menschen und in Südasien noch dazu? Wie stellst du dir das eigentlich vor, und was das kosten soll? Eine Billion, zwei, drei? Dazu bräuchtest du 50 Billionen, das Zweieinhalbfache des US-BIP oder das Dreifache des EU-BIP. Das Geld hat keiner. Man kann den 500-jährigen Kolonialismus, der den Rest der Welt ins Elend geführt hat, seit Kolumbus in See stach um den Seewag nach Indien zu finden, nicht mehr rückgängig machen und mit keinem Geld der Welt die Armutsverhältnisse, die in vielen Staaten zu Kriegs- und Bürgerkriegsverhältnissen geworden sind, wieder aus der Welt schaffen. Das wäre ein Jahrhundertprojekt, aber leider haben wir es hier nicht mit utopischen Ideen zu tun, die sich vielöleicht in einem Zeitraum von 200 Jahren verbessern lassen, sondern mit kurzlebigen Menschen in Not.
def schrieb:Was die Meisten noch immer nicht begriffen haben ist, dass Stigmatisierung und Denunzierung nur das Gegenteil bewirkt. Keiner wird sich von der AfD abwenden nur weil mit möglichst viel Dreck geschmissen wird. Keiner ist mehr von einem Nazivorwurf beeindruckt, ganz im Gegenteil. Durch die andauernden NS-Vergleiche relativiert man immer mehr den eigentlichen Schrecken der NS-Zeit.
Ich sehe nicht ganz den Bezug. Die Leute symapthisierten mit den Nazis auch schon Jahre vor der tatsächlichen Machtübernahme, und da konnte noch keiner Auschwitz und Treblinka vorausahnen. Die Ideologie der AfD, jedenfalls ihres rechten Blocks, entspricht aber fast hundertprozentig der damaligen Naziideologie mit dem einen Unterschied, dass sich die Nazis im Gegensatz zur AfD sozial bzw. sozialistisch gaben, während die AfD den Neoliberalismus noch weiter vorantreiben will, allerdins auf rein nationaler Ebene - ein Widerspruch in sich selbst. Aber warum sollte der dumme mündige Bürger das merken? Hauptsache gegen alles nicht Biodeutsche, ethnisch wie kulturell. Man kann diesen Haufen nur argumentativ zerschlagen, aber das wird sie auch nicht abhalten, nur noch umso vehementer der AfD nachzulaufen. Wir sollte man Lemminge aufhalten können? Das sind blinde Triebe, dagegen kannst du nix tun.
Und wie - um jetzt zurückzukehren zu der letzten Umfrage, nach der die CSU in Bayern nur noch 40% hat und um genau dieselben Prozente abgesackt ist, die die AfD dazugwonnen hat - willst du den feststehenden Sockel rechtspopulistischer bis rechtsextremer Ansichten in der Bevölkerung verändern? Es zeigt sich bei den demoskopischen Analysen, dass dieser Sockel - ich schätze ihn auf 20-25% der Bevölkerung - absolut stabil ist. Die AfD ist einfach die Partei, die genau diese Leute, die vorher mangels Angebot andere Parteien wählen mussten oder besser noch gar nicht erst von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, auffängt und ihnen eine politische Heimat gibt. Auf der anderen Seite wissen wir aber auch, dass sich dieser Sockel nicht erhöhen wird, denn er war stets so hoch, wie Studien zu rechtsextremen Ansichten seit 20 Jahren zeigen und schlug nur kurzzeitig immer mal wieder etwas höher, so wie direkt nach dem Sarrazin-Buch und direkt nach der Flüchtlingskrise, um schnell wieder auf den allgemeinen Socken von 20-25% zurückzufallen. Der schnelle AfD-Aufstieg war eigentlich nur die Wanderung dieser Wähler, die plötzlich "ihre" Partei entdeckten und fanden, aber es war keine Erhöhung des Sockels selbst, der auch vorher schon bestand. Sie hatten nun einfach nur ihren politischen Zielhafen gefunden. Die Radikalisierung gab es aber schon seit der Wende und sie ist seither relativ stabil geblieben. Man darf es heute nur offener aussprechen als damals.