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Welche Partei kann man noch wählen?

1.163 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wahlen, Partei, Bundestagswahl ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Welche Partei kann man noch wählen?

19.01.2025 um 14:37
Zitat von DesperadooDesperadoo schrieb:Woher nehmen wir aber diese Spezialisten, wer wählt diese dann aus? Und wie willst du sicherstellen, das die Proportionen der politischen Einstellungen der Bürger abgebildet werden? Das wir (Achtung Extrembeispiel) nicht auf einmal Mehrheiten von Extremisten haben? Denn das Losverfahren fragt ja garnicht ab, ob in meiner Heimatstadt 30% für die CDU, 20% für die SPD, etc. sind.
Ja, das sind natürlich schon auch berechtige Einwände, und auch dazu hat der Autor meines lustigen Blogs, auf den ich mich hier immer wieder gerne berufe, weil dieser Mensch das offenbar schon sehr intensiv betreibt, und da eine beindruckende Datensammlung zum Thema angehäuft hat, bereits einige aus meiner Sicht recht stimmige Gedanken anzubieten.. also reiße ich mir jetzt mal kein Bein aus, es selbst noch mal zu tippen, sondern bringe einfach den Link.
Gerne explizit kritisieren; ich stelle das hier zur Diskussion, um es auch zu prüfen, nicht nur deshalb, weil es mir sympathisch und plausibel erscheint, und ich es nur promoten will. ^^

https://wyriwif.wordpress.com/2017/10/12/demokratie-durch-wahlen-und-durch-los-zur-sinnvollen-verbindung-beider-verfahren/
Zitat von WardenWarden schrieb:Ist "der Durchschnittsbürger" denn informiert?
Genau darum geht es ja zunächst bei dieser ganzen Idee der Los-Demokratie. Den Bürger möglichst tief und breit zu politisieren. Also ein ganz neues Bewusstsein in der Bevölkerung für Politik und ihre Mechanismen zu schaffen, um eine mündigere Gesellschaft zu bekommen.

Auch gerne hier weiter zum Nachlesen:

https://wyriwif.wordpress.com/2018/07/28/buergertum-buergerschaft-buergerstatus/
https://wyriwif.wordpress.com/2019/01/15/buergerschaft-als-evolution-des-menschen/
https://wyriwif.wordpress.com/2018/11/15/der-staat-die-verfassung-die-burger-selbst/
https://wyriwif.wordpress.com/2018/05/10/der-unpolitische-buerger/


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Welche Partei kann man noch wählen?

19.01.2025 um 16:37
Zitat von DesperadooDesperadoo schrieb:Aber bitte zeige doch mal auf, wo genau im Falle der Wiedervereinigung im GG ein Volksentscheid über eine neue Verfassung vorgeschrieben, oder auch nur vorgesehen ist?
Schau mal in die Präambel zur alten Verfassung (vor dem Beitritt der neuen Bundesländer).
Ansonsten habe ich keine Lust mich hier endlos über die Frage zu streiten ob irgendwas dazu geeignet ist Gegenstand einer Abstimmung zu werden oder nicht weil man darüber immer gegenteiliger Ansicht werden kann.
Tatsache ist dass Abstimmungen nicht stattfinden. Was ich bedauere. Aber auch darüber kann man natürlich anderer Meinung sein.


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Welche Partei kann man noch wählen?

19.01.2025 um 17:19
Zitat von Lupo54Lupo54 schrieb:Schau mal in die Präambel zur alten Verfassung (vor dem Beitritt der neuen Bundesländer).
Okay, here we go:

Präambel des GG 1949:
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat das Deutsche Volk
in den Ländern Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern,
um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben,
kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war.
Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
Da steht nichts von einer Volksabstimmung, geschweige denn der Pflicht, eine neue Verfassung erstellen zu müssen. Es wird nur das Ziel der Wiedervereinigung und Einheit DEs festgelegt. Aber gut, weiter zur

Präambel des GG 1990:
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.
Quelle

Auch hier keine Erwähnung einer Volksabstimmung oder einer neuen Verfassung. Nur die Feststellung der Vollendung der Wiedervereinigung und für wen das GG gilt.

Aber gut, da ist ja noch

Artikel 146 GG:
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt,
Man hat also damals schon festgelegt, das, im Falle eines Beitritts der DDR zur BRD das GG gültig ist. Ergibt sich auch aus der Präambel von 1949 "Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war."(siehe oben)
verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
Hier wird eine Volksabstimmung, in welcher Form auch immer, erwähnt. Nur steht auch hier nicht ansatzweise etwas von einer Pflicht, eine neue Verfassung zu erarbeiten! Nur unter welchen Voraussetzungen das bestehende GG seine Gültigkeit verliert und wie man ein neues inkraft setzen kann!


Quelle

Zitat von Lupo54Lupo54 schrieb:Tatsache ist dass Abstimmungen nicht stattfinden. Was ich bedauere. Aber auch darüber kann man natürlich anderer Meinung sein.
Im Gegenteil, Tatsache ist daß sehr wohl Abstimmungen stattfinden! Diese Seite gibt an, das es seit 1946 416 Volksinitiativen bzw. Anträge auf Volksbegehren gegeben hat. Daraus entstanden 104 Volksbegehren und 26 Volksentscheide. Das mag nicht viel sein zeigt aber das deine Behauptung nicht wahr und somit deine Meinung faktisch falsch ist.

Solche Abstimmungen kann man auf jeder Ebene selber ins Rollen bringen. Kostet eben Zeit und Aufwand und vorallem braucht man genügend Unterstützer. Das widerum ist auch gut so. Ansonsten müßten sich Parlamente !salop ausgedrückt! mit jedem quersitzenden Furz beschäftigen. Und das will wohl niemand....
Zitat von Lupo54Lupo54 schrieb:Ansonsten habe ich keine Lust mich hier endlos über die Frage zu streiten ob irgendwas dazu geeignet ist Gegenstand einer Abstimmung zu werden oder nicht weil man darüber immer gegenteiliger Ansicht werden kann.
Ich wollte mich nicht über den Sinn von Anliegen streiten, über die du gerne Abstimmen lassen würdest. Hätte mich nur interessiert.


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19.01.2025 um 23:54
Zitat von nasenstübernasenstüber schrieb:Genau darum geht es ja zunächst bei dieser ganzen Idee der Los-Demokratie. Den Bürger möglichst tief und breit zu politisieren.
Das willst du mit Losverfahren ALLEN überstülpen, also auch den 23% die gar nicht wählen wollen und auch denen die nicht mal einen Hauptschulabschluß haben?

du darfst nicht so sehr nur von dir ausgehen der gerne politisiert sein möchte und mehr eingebunden und informiert.. genau hier ist dann auch ein Knackpunkt an der ganzen Sache finde ich. wenn per Los entschieden wird, dass Herr Mustermann zuständig ist für die Abstimmung dann erlegt man der Person auf sich zu informieren. Was ist aber wenn die Person gar keine richtige Lust dazu hat? Sie wird sich dann nur schlecht informieren und auf Leute hören die vielleicht auch dem Populismus verfallen sind?

und wenn du beim Losverfahren einführst, dass man auch Nein sagen kann dann wird einfach eine nächste Person gelost, dann hast du immer noch nicht verhindert, dass eine Person ohne Hauptschulabschluß sich da einfindet die gern abstimmen möchte sich aber doch wieder von Parteien leiten lässt ohne dass sie sich objektiv versucht zu informieren..


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Welche Partei kann man noch wählen?

20.01.2025 um 05:32
Zitat von RayWondersRayWonders schrieb:du darfst nicht so sehr nur von dir ausgehen der gerne politisiert sein möchte und mehr eingebunden und informiert.. genau hier ist dann auch ein Knackpunkt an der ganzen Sache finde ich.
Tue ich auch nicht, und ich finde der Knackpunkt liegt eher darin, dass die Moderne immer noch ein ziemlich schräges Verständnis davon hat, was es überhaupt bedeutet, ein politisierter Bürger zu sein. Es geht eben nicht darum, dass der Bürger besonders "politisch intelligent" sein müsste, oder eine besonders tiefe politische Bildung bräuchte, um für die Gesellschaft die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
Er muss nicht mal besonders politisch engagiert sein, weil das eher eine systemische Frage wäre, wie sich Engagement quasi dann in einem anderen Umfeld von selbst einstellen würde.
Der Bürger bräuchte nur andere Plattformen zur persönlichen Entfaltung in den jeweiligen Themenkomplexen, und diese würden sozusagen ganz andere Dynamiken des politischen Miteinander zur Folge haben, was die Leute schließlich in ein entsprechendes Mindset versetzt, und woraus sich letztlich auch eine entsprechende politische Kultur formt.

Momentan ist ja so das Standardargument für den Parlamentarismus: Der Bürger ist zu dumm.. bla bla. Das glaube ich aber nicht; ich denke eher, dass wir in einem dummen System leben - gefangen sind, das den Bürger systemisch bedingt dumm hält, und sein ganzes Potenzial gar nicht nutzt .. schlimmer noch; dadurch werden komplett ohne Not auch noch völlig idiotische (weil private) Konkurrenzkämpfe gefördert, was regelmäßig in der Geschichte durch wachsende Radikalisierung der aufgestachelten Massen in allerhand politischer Katastrophen mündete .. das ist das alte Spiel der Aristokraten, das man zunächst überwinden muss, um sich als Gesellschaft weiter entwickeln zu können.

Ich weiß, das klingt jetzt erstmal sehr theoretisch und philosophisch abgehoben, aber es gibt durchaus historische Beispiele und neuzeitliche Modelle, wo das Losverfahren bereits ausprobiert wurde, und diese vorher erwähnten positiven Effekte lassen sich da durchaus beobachten.

Hierzu noch mal paar Gedanken aus meinem momentanen Liebligsblog zum Thema; ich kann den allen Leuten empfehlen, die an politischer Philosophie interessiert sind. Das sind aus meiner Sicht wirklich gut durchdachte Vorschläge, die dort zusammen getragen wurden.
.. zum gegenwärtigen Punkt:

Spoiler
Der unpolitische Bürger
Spricht man in Ruhe und vertraulich mit gewählten Berufspolitikern über Bürgerbeteiligung, so bekommt man vor allem zwei Bedenken zu hören:

1.) Die Bürger treten völlig egoistisch und für ihr Anliegen eingenommen auf.

2.) Die Bürger treten uninformiert, um nicht zu sagen: dumm auf.

Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass sich beide Bedenken gegen Bürgerbeteiligung ganz generell einstellen, wenn man gerade zufällig in der Rolle des politisch Verantwortlichen steckt. Sie dürften also beide weniger etwas mit subjektiven Brillen oder Denkschablonen zu tun haben, sondern „systemisch“ sein: Allgemeine Effekte einer sich institutionell herstellenden Blindheit, die den Ausbau von Bürgerbeteiligung in unserer Gesellschaft erschweren.

Verdeckte politische Kompetenz
Wir kennen diese Dynamik aus vielen heutigen Unternehmen: Gerade in jenen Unternehmen, in denen den Mitarbeitern viele wichtige Informationen vorenthalten werden und in denen Mitarbeiter vom Mitentscheiden sehr weitgehend ausgeschlossen sind, gerade in solchen Unternehmen grassiert im „Management“ der Mythos vom wahlweise „dummen“, „faulen“ oder „inkompetenten“ Mitarbeiter.

Auch hier wird der systemische Zusammenhang völlig ausgeblendet: Es wird nicht gesehen, dass es gerade der Ausschluss vom Mitwissen und Mitentscheiden ist, der die Intelligenz der Mitarbeiter für das Management unsichtbar macht. Es entsteht nicht nur eine Blindheit für die Fähigkeiten der Mitarbeiter. Sondern gleichzeitig auch eine Blindheit dafür, wie der Effekt zustandekommt, dass einem die Mitarbeiter als unfähig oder böswillig erscheinen. – Die fixierende Zuschreibung auf innere, persönliche, subjektive Eigenschaften der Menschen ist eine Denk- und Lösungsblockade.

So wird dann auch in unserer heutigen Demokratie nicht gesehen, dass „politische Intelligenz“ keine sinnvolle personale Zuschreibung ist, sondern dass sich politische Intelligenz direkt aus dem Eingebunden-Sein und aus der Verantwortung ergibt.

Unsere derzeitige Demokratie verwechselt den „politisch interessierten Bürger“ mit dem „politisierten Bürger“. Denn der politisch interessierte Bürger ist immer noch reine Privatperson, indem sie von politischer Verantwortung völlig freigehalten, als reiner „Kunde“ von gewählten Berufspolitikern und Parteien betrachtet wird, nicht aber als politisches Subjekt.

Indem Berufspolitiker aus der ihrer Rolle eigenen Blindheit für Systemeffekte den Eindruck gewinnen, die Bürger vor ihrem eigenen „Egoismus“ und ihrer eigenen „Dummheit“ schützen zu müssen, entstehen überhaupt erst jene unpolitischen Egoismen und Dummheiten, die Berufspolitiker dann wiederum darin bestärken, von Bürgerbeteiligungen abzusehen.

Denn der unpolitische Bürger erscheint als politisch unverantwortlich. Als nicht politisch verantwortungsfähig.

Dass Bürger völlig anders reden, zuhören und entscheiden, wenn sie gezielt „politisiert werden“, also gerade nicht durch Berufspolitiker in einen un- und vorpolitischen Zustand gedrückt werden, bleibt für Berufspolitiker völlig unvorstellbar vor dem Hintergrund ihrer täglichen, „realen“ Erfahrungen mit unpolitischen Bürgern.

Die Krux ist hier unser begrenztes Verständnis von „Realität“: Denn natürlich handelt es sich um sehr reale Erfahrungen, die auf Berufspolitiker ganz unweigerlich Eindruck machen. Nur wären Erfahrungen mit politisierten Bürgern eben genauso „real“. Diese Realität kommt aber gar nicht erst zustande, kann daher nicht erfahren werden und kann daher auch nicht das Bild vom besser-politisch-ausgeschlossen-bleibenden Bürger korrigieren. „Realität1“ blockiert das Entstehen von „Realität2“ und erscheint damit zwingend als „die einzig denkbare Realität, von der wir eben ausgehene müssen.“

Dass das Sich-alleine-für-das-Gemeinwohl-verantwortlich-Fühlen der Berufspolitiker das Problem des unpolitischen, unmündigen Bürgers überhaupt erst erzeugt, wird damit ebenso unvorstellbar wie der Umstand, dass sich Bürger – im politisierten Zustand – sehr wohl selbst regieren können. Und dann eben kaum mehr jenes beelternden Schäferhund-Geistes bedürfen, der sie vor systematischer Selbstschädigung bewahren will.

Nur um hier auf keinen Fall missverstanden werden zu können: Das alles gibt keine „Verschwörungstheorie gegen Berufspolitiker“ her. Auch keine Politikerschelte. Denn auch Berufspolitiker sind einfach nur Bürger. Allerdings Bürger, die wir mit der politischen Verantwortung völlig allein lassen und daher in eine Art hyper-heroische, aussichtslose politische Retter-Rolle drängen.

Die Auswirkungen von Rahmenbedingungen des politischen Austauschs
Produktiv für alle Beteiligten des bisherigen politischen Spiels ist die Einsicht, dass es Bürger in zwei Versionen gibt: Einer, in der sie im politischen Raum als „unpolitische, private Wesen“ auftauchen, und nur als solche. Und eine andere Version, in der sie im politischen Raum „politische, verantwortungtragende Wesen“ sind.

Der unpolitische Bürger und der politische Bürger haben miteinander kaum etwas gemein, obwohl es sich um die gleichen Menschen handelt.

Als unpolitische Bürger tauchen Menschen im politischen System auf, wenn sie: demonstrieren, in Talk-Shows auftreten, wenn sie von Journalisten interviewt werden, wenn sie in Meinungsumfragen befragt werden, wenn sie sich in Social-Media-Kanälen oder in Internet-Kommentarspalten äußern. Und ja, auch während sie „wählen“, sowohl bei der Wahl von Parteilisten und Einzelpolitikern als auch bei der Wahl von einzelnen Optionen, wie sie uns in miteinander unabgestimmten Volksabstimmungen angeboten werden. In all diesen Fällen erhalten Bürger zwar die Gelegenheit abzustimmen, aber eben nicht die im eigentlichen Sinne politische Möglichkeit, sich vor dem Abstimmen miteinander abzustimmen.

„Unpolitisch“ sind die Bürger bei all diesen Möglichkeiten der politischen „Partizipation“, weil sie sich bei ihnen weiterhin in ihrer privaten, milieubedingten „Bubble“ befinden, und aus dieser Bubble heraus in den politischen Raum hineinschreien. So entsteht keine Politik, keine Demokratie, sondern eine grausame Kakophonie. Die Bürger hatten dabei vorher, bevor sie sich „politisch“ äußern konnten, keine Zeit, sich in Ruhe alle gegebenen Meinungen zum Thema anzuhören, und keine Gelegenheit, die Konsequenzen verschiedener möglicher Entscheidungen für andere Bürger zu hören und zu spüren zu bekommen. Vor allem aber sind sie sich während ihrer Äußerungen des Umstands vollkommen bewusst, dass sie keinerlei politische Verantwortung tragen, also eigentlich „politisch nichts zu sagen haben“. Sie äußern sich politisch ohnmächtig, politisch folgenlos und damit eben auch politisch verantwortungslos.

Es ist – offen gesagt – einigermaßen naiv, wenn wir annehmen, dass all diese Umstände nichts mit uns machen. Dass sie uns nicht verändern und nicht maßgeblichen Einfluss darauf haben, wie „vernünftig“ unsere Äußerungen sind, die unter solchen ungünstigen Rahmenbedingungen zustande kommen.

Politisch wären Bürger allein dann, wenn sie eben genau das bekämen, was wir ihnen derzeit – aus den vermeintlich allerbesten Motiven! – vorenthalten: Ruhe, Zeit, Raum, Gelegenheit für Austausch mit Experten zum Thema, Gelegenheit zum Austausch mit anderen Bürgern, die sich gerade in ganz anderen Lebenssituationen befinden als sie selbst. Die daher auch ganz andere Aspekte ins Thema einbringen können als sie selbst. Vor allem aber, wenn die Bürger das bekämen: Das Bewusstsein eigener Verantwortung, indem ihre Äußerungen unmittelbare politische Folgen und Entscheidungsmacht haben.

Der Eindruck vom systemisch erzeugten unpolitischen Bürger, dass er verantwortungsunfähig wäre, sorgt dafür, dass der politische Bürger, der völlig verantwortungsfähig ist, aus unseren politischen Systemen ausgeschlossen wird. Er existiert nicht. Aber der politische Bürger existiert nicht deswegen nicht, weil er nicht existieren könnte, sondern weil wir völlig erblindet sind für seine Möglichkeit und seine Realität.

In einigen Unternehmen hat man diese Erfahrung längst gemacht: Man hat Mitarbeitern „politische Verantwortung“ für das Unternehmen gegeben. Also Verantwortung, die lange ausschließlich den ja so viel klügeren, fähigeren und verantwortungsvolleren Managern jener Unternehmen vorbehalten war. – Und erstaunlicherweise: Gedeihen jene Unternehmen allesamt bestens. Teilweise unter extrem harten und fordernden Umständen. Das Management fühlt sich entlastet von einer Verantwortung, von der dann rückblickend unklar wird, warum es sich diese Verantwortung überhaupt jemals alleine aufgebürdet hat…

Die gleiche Erfahrung machte man im Athen in seiner antiken Blütezeit: Man nahm „die einfachen Bürger“ (also die Nicht-Adligen) systematisch in die politische Verantwortung, man politisierte die Bürgerschaft systematisch, indem man das Losverfahren nutzte, um die allermeisten politischen Ämter zu besetzen. Man machte den politischen Bürger zur Regel. Und den unpolitischen Bürger zur Ausnahme. Aus jener Zeit stammt auch das auch heute noch überlieferte Wort für den unpolitischen Bürger: „Idiot“.

Das für die Politisierung der Bürgerschaft notwendige Vertrauen in die Bürger fehlt heute völlig. Aber es fehlt nicht von ungefähr. Es fehlt ganz einfach deswegen, weil wir alle ständig nur unpolitische Bürger erleben. Wir kennen den politischen Bürger überhaupt nicht, weil wir den politisch interessierten oder „sich politisch äußernden“ Bürger bereits für den politischen Bürger halten. Wir kennen den unpolitischen Bürger viel zu gut, um uns den politischen Bürger überhaupt vorstellen zu können.
https://wyriwif.wordpress.com/2018/05/10/der-unpolitische-buerger/


usw usf.. der Beitrag geht noch etwas weiter, und es macht an der Stelle auch Sinn, ihn auf der Seite zu lesen, weil da noch einige weiterführende Links zu Nebenthemen drin sind, die diese Sachverhalte noch mal genauer erklären.

Wer Zeit und Muße hat, gerne weiter informieren. Ich stelle das hier zu Diskussion, um es auch noch mal von anderen begutachten und prüfen zu lassen..


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Welche Partei kann man noch wählen?

20.01.2025 um 07:26
Um diese Thesen noch etwas mehr mit Wissenschaftlichkeit zu unterfüttern, ist Folgendes, glaube ich, ziemlich relevant: eine aufschlussreiche (durch Experimente bestätigte) Beobachtung zu dem Thema, warum sich Extremisten in gesunden demokratischen Prozessen kaum durchsetzen können:
We all know that when we make decisions in groups, they don't always go right -- and sometimes they go very wrong. How can groups make good decisions? With his colleague Dan Ariely, neuroscientist Mariano Sigman has been inquiring into how we interact to reach decisions by performing experiments with live crowds around the world. In this fun, fact-filled explainer, he shares some intriguing results -- as well as some implications for how it might impact our political system. In a time when people seem to be more polarized than ever, Sigman says, better understanding how groups interact and reach conclusions might spark interesting new ways to construct a healthier democracy.
Quelle: https://www.ted.com/talks/mariano_sigman_and_dan_ariely_how_can_groups_make_good_decisions


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20.01.2025 um 09:01
Zitat von nasenstübernasenstüber schrieb:Momentan ist ja so das Standardargument für den Parlamentarismus: Der Bürger ist zu dumm.. bla bla. Das glaube ich aber nicht; ich denke eher, dass wir in einem dummen System leben - gefangen sind, das den Bürger systemisch bedingt dumm hält, und sein ganzes Potenzial gar nicht nutzt.
Ich glaube nicht, dass das System in D. den Bürger "dumm hält". Das Gegenteil ist der Fall aus meiner Sicht. Da wäre als Erstes die Bundeszentrale für politische Bildung (www.bpb.de) zu nennen, die mit einem Millionenbudget ausgestattet ist, um überparteilich die politische Bildung breiter Bevölkerungsschichten inklusive der Jugend zu fördern. Dann gibt es die Angebote der Volkshochschulen zur pol. Bildung, um nur einmal zwei Träger der politischen Bildung, gefördert durch den Staat, zu nennen. Wenn ein Staat im 21. Jahrhundert unter den Bedingungen einer globalisierten Wirtschaft seine eigene Bevölkerung dumm halten wollte, dann würde er sich ins eigene Fleisch schneiden.


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20.01.2025 um 09:08
@Leocadia
Das ist nicht der springende Punkt; die Dummheit ergibt sich nicht aus einem Mangel an Bildungsmöglichkeiten, sondern aus einem systembedingten Ausschluss von der politischen Verantwortung, etc pp..

Lies doch bitte mal den Link, den ich hier zu diesem Punkt rein gestellt hatte. Da wird das recht ausführlich und schlüssig dargelegt, worum es genau geht.


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20.01.2025 um 13:01
Zitat von nasenstübernasenstüber schrieb:Das ist nicht der springende Punkt; die Dummheit ergibt sich nicht aus einem Mangel an Bildungsmöglichkeiten, sondern aus einem systembedingten Ausschluss von der politischen Verantwortung
Ich vergleiche es mal mit dem Forum hier. Es gibt hier hunderte Themen an denen man teilnehmen kann und zu denen man sich informieren kann und dann kann man losdiskutieren. Es ist aber nicht so dass man deswegen jetzt Freude entwickelt zu allen Themen teilnehmen zu können sondern jeder hat so seine Interessen.

Also ich würde jetzt kein größeres Interesse entwickeln nur deswegen weil ich dazu abstimmen darf. Ich würde immer noch denken "Lass diejenigen mal machen die eine Ahnung davon haben".. Letztendlich würde ich ja sowieso nur auf diejenigen hören die eine Ahnung haben und mir die Materie erklären. Und was es ganz heftig kommt und es krasse Gegenpositionen gibt dann höre ich wieder auf meine Lieblingspartei..


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20.01.2025 um 13:32
Zitat von nasenstübernasenstüber schrieb:Das ist nicht der springende Punkt; die Dummheit ergibt sich nicht aus einem Mangel an Bildungsmöglichkeiten, sondern aus einem systembedingten Ausschluss von der politischen Verantwortung
Was meinst du denn z.b. zum Brexit? Da wurden die Bürger auch befragt und vorher wurden sie informiert. War es denn dann deiner Meinung nach eine gute Entscheidung für die Bürger? oder war diese Aktion mehr durch Populismus vergiftet (was meine Meinung ist)?

Informationen können auch auf eine Art aufbereitet werden so oder so, dafür oder dagegen und alles klingt stimmig auf beiden Seiten, worauf hört man dann?


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20.01.2025 um 14:25
Zitat von RayWondersRayWonders schrieb:Also ich würde jetzt kein größeres Interesse entwickeln nur deswegen weil ich dazu abstimmen darf. Ich würde immer noch denken "Lass diejenigen mal machen die eine Ahnung davon haben"
Das klingt nach den Frauen, die seinerzeit gegen die Einführung des Frauenwahlrechts gewesen sind, weil sie der Meinung waren, dass das ihre Männer ohnehin besser beurteilen. War halt so ne Art Paradigma, das sich in dieser Gesellschaft festgesetzt hatte, weil Frauen nun mal tatsächlich mit den meisten Themen der damaligen Politik nicht viel zu tun hatten.

Als sie dann selbst bei politischen Veranstaltungen dabei waren, und merkten, hoppla, da sind ja auch durchaus Dinge dabei, die für mich persönlich relevant sind, und die ich evtl sogar besser beurteilen kann als mein Mann, änderten sie auch ihre Meinung.

Heißt im Klartext, dass du das aus der jetzigen Position gar nicht wirklich beurteilen kannst. Und wenn du ja merkten solltest, dass du zu irgendeinem Thema so gar keinen Bezug hast, dann wird dich auch keiner zwingen, da mitzumachen. Dann enthälts du dich, und der Rest der interessierten Bürger beschäftigt sich eben weiter damit.
Es geht ja nicht darum, dass jeder mitmachen muss, sondern darum, dass jeder der mitmachen will, auch erstmal eine Plattform bekommen sollte, wo er seine Anliegen in einem geschützten Raum von Gleichberechtigten vortragen und weiter bearbeiten darf; vor allem geht es darum, dass der Mensch ein Gefühl dafür bekommt, dass das was er da gerade Entscheidet tatsächlich politische Tragweite bekommt, und nicht irgendwo im Äther kaum gehört verpufft, weil ohnehin andere Leute die Macht haben und Verantwortung tragen.
Zitat von RayWondersRayWonders schrieb:Letztendlich würde ich ja sowieso nur auf diejenigen hören die eine Ahnung haben und mir die Materie erklären. Und was es ganz heftig kommt und es krasse Gegenpositionen gibt dann höre ich wieder auf meine Lieblingspartei..
Das kannst du machen, wie du willst. Demokratie ist zunächst einfach nur ein Befriedungsinstrument für Gesellschaften, und der Frieden ergibt sich ja schon häufig dadurch, dass man die Möglichkeit hat, seinen eigenen Senf irgendwo rein zu schmieren, und angehört zu werden. So funktionieren ja auch im Großen und Ganzen Therapien. Man redet sich seinen Frust von der Seele, bekommt den einen oder anderen Tipp vom Gegenüber, quatscht über mögliche Verbesserungen, und schon fühlt man sich irgendwo erleichtert.
Zumindest ist das bei der Mehrheit der Menschen so. Wenn sie das Gefühl haben, ignoriert zu werden, aus welchen Gründen auch immer, radikalisieren sie sich auch gerne und laufen erst recht irgendwelchen Demagogen hinterher, die diese Gefühle für ihre persönlichen Ziele ausnutzen. Siehe Brexit, Trump, AfD etc etc..
Zitat von RayWondersRayWonders schrieb:Was meinst du denn z.b. zum Brexit? Da wurden die Bürger auch befragt und vorher wurden sie informiert. War es denn dann deiner Meinung nach eine gute Entscheidung für die Bürger? oder war diese Aktion mehr durch Populismus vergiftet (was meine Meinung ist)?
Du solltest wirklich mal diesen Link lesen, den ich hier gerade zum Thema Unterschied zwischen "privatem" und "politisiertem" Bürger rein gestellt hatte.

Der Brexit hatte so gar nichts mit dem zu tun, was ich an der Stelle unter Demokratie verstanden wissen will. Demokratie ist dann gegeben, wenn der Bürger wirklich von der Picke auf in die Entscheidungsfindungsprozesse eingebunden ist, und wo er sich auf der elementaren Ebene mit seinen Mitbürgern austauschen, beraten, und informieren kann.
Das fehlt doch in dem Fall komplett, und so ist die Entscheidung eben einfach nur durch Marktschreierei zustande gekommen, bei der vermutlich die meisten Leute überhaupt keinen blassen Schimmer hatten, welche tatsächlichen Auswirkungen auf sie zukommen. Schon alleine die Art, wie die relevanten Informationen auf irgendwelche Buzzwords und einfache Formeln reduziert wurden, verdient doch das Wort "Information" gar nicht. Das war eine reine Desinformationskampagne. Es gibt da sogar einen Film drüber, der die Absurdität dieser Abstimmung deutlich vor Augen führt. Das ist eben keine Demokratie..
Zitat von RayWondersRayWonders schrieb:Informationen können auch auf eine Art aufbereitet werden so oder so, dafür oder dagegen und alles klingt stimmig auf beiden Seiten, worauf hört man dann?
Das Setting ist wichtig; wie bei jeder gelungenen zwischenmenschlichen Beziehung. .. dann ist auch die Wahrscheinlichkeit ungleich größer, dass man sich für das Richtige (entsprechend den eigenen Interessen) entscheidet.


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Welche Partei kann man noch wählen?

20.01.2025 um 17:45
Zitat von nasenstübernasenstüber schrieb:Es geht ja nicht darum, dass jeder mitmachen muss, sondern darum, dass jeder der mitmachen will, auch erstmal eine Plattform bekommen sollte, wo er seine Anliegen in einem geschützten Raum von Gleichberechtigten vortragen und weiter bearbeiten darf; vor allem geht es darum, dass der Mensch ein Gefühl dafür bekommt, dass das was er da gerade Entscheidet tatsächlich politische Tragweite bekommt, und nicht irgendwo im Äther kaum gehört verpufft, weil ohnehin andere Leute die Macht haben und Verantwortung tragen.
Ich kann diesen Ansatz ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Das würde ja bedeuten, dass eine Plattform bekommen und in einem geschützten Raum Anliegen vorbringen Bürgern heutzutage in einer repräsentativen Demokratie unmöglich ist. Wir haben aber doch eine funktionierende, vielfältige Zivilgesellschaft, wir haben Parteien, Bürgerinitiativen, Vereine usw., in denen sich Bürger organisieren und einbringen können, um sich eine politische Meinung zu bilden und dann damit "herauszukommen" und eine politische Forderung verlauten zu lassen.

Ich habe mir das Konzept des Artikels vom "unpolitischen Bürger" gegenüber dem "politischen Bürger" angeschaut. Der Artikel möchte einen Zusammenhang herstellen zwischen der repräsentativen Demokratie und dem „unpolitischen Bürger“, einem Bürger, der keine politische Verantwortung wahrnimmt, wahrnehmen will und auch nicht wahrnehmen kann. Die repräsentative Demokratie wird dafür als ursächlich angesehen. Dem möchte ich widersprechen.
Als unpolitische Bürger tauchen Menschen im politischen System auf, wenn sie: demonstrieren, in Talk-Shows auftreten, wenn sie von Journalisten interviewt werden, wenn sie in Meinungsumfragen befragt werden, wenn sie sich in Social-Media-Kanälen oder in Internet-Kommentarspalten äußern. Und ja, auch während sie „wählen“, sowohl bei der Wahl von Parteilisten und Einzelpolitikern als auch bei der Wahl von einzelnen Optionen, wie sie uns in miteinander unabgestimmten Volksabstimmungen angeboten werden. In all diesen Fällen erhalten Bürger zwar die Gelegenheit abzustimmen, aber eben nicht die im eigentlichen Sinne politische Möglichkeit, sich vor dem Abstimmen miteinander abzustimmten.

„Unpolitisch“ sind die Bürger bei all diesen Möglichkeiten der politischen „Partizipation“, weil sie sich bei ihnen weiterhin in ihrer privaten, milieubedingten „Bubble“ befinden, und aus dieser Bubble heraus in den politischen Raum hineinschreien. So entsteht keine Politik, keine Demokratie, sondern eine grausame Kakophonie. (...)

Die Bürger hatten dabei vorher, bevor sie sich „politisch“ äußern konnten, keine Zeit, sich in Ruhe alle gegebenen Meinungen zum Thema anzuhören, und keine Gelegenheit, die Konsequenzen verschiedener möglicher Entscheidungen für andere Bürger zu hören und zu spüren zu bekommen.
Quelle: https://wyriwif.wordpress.com/2018/05/10/der-unpolitische-buerger/

Doch, die Gelegenheit haben die Bürger. Sie müssen sich ein geeignetes Forum suchen, um ihre politische Überzeugung zusammen mit Gleichgesinnten herauszubilden. Das kann ein Bürgerrat sein oder auch die Diskussion innerhalb einer Partei oder Bürgerinitiative, eines Verbandes oder einer anderen Interessengruppe usw. Im Anschluss lässt sich z. B. in einer öffentlichen Diskussion ein Feedback erhalten von außerhalb der "Bubble".
Vor allem aber sind sie (die Bürger, L.) sich während ihrer Äußerungen des Umstands vollkommen bewusst, dass sie keinerlei politische Verantwortung tragen, also eigentlich „politisch nichts zu sagen haben“. Sie äußern sich politisch ohnmächtig, politisch folgenlos und damit eben auch politisch verantwortungslos.
Quelle: siehe oben.

Wenn Bürger der Ansicht sind, dass sie politisch nichts zu sagen haben und sich von dieser Überzeugung entmutigen lassen, dann finde ich, dass das sachlich unbegründet ist. Die Parteien haben ein Interesse daran, den Willen/die Erwartungen der Bürger in ihrer Politik zu berücksichtigen, wenn sie ausreichend Stimmen bei einer Wahl erhalten wollen. Der Wahlkampf im Vorfeld der BTW am 23. Februar nimmt ja gerade Fahrt auf.

Und nach der Wahl müssen gewählte Parteien beweisen, dass sie die Wahlversprechen auch umsetzen können. Und die Bürger sollten klug genug sein, Versprechen der Parteien vor einem Wahltermin auf den Prüfstand zu stellen.

Wo die Umsetzung von Zielen laut Versprechen oder Koalitionsvertrag nicht gelingt, weil niemand vorhersagen kann, was in einer Legislaturperiode passiert, wäre eine sachliche Erklärung für die Bürger erforderlich. Je nachdem wie diese ausfällt, können die Bürger ihre Schlüsse ziehen. M.E. wird die Politik in D. generell nicht genug erklärt und vermittelt. Das scheint mir tatsächlich eine wichtige Ursache für "unpolitische Bürger" zu sein, aber nicht die repräsentative Demokratie an sich.

Dass der Staat nicht die Absicht verfolgt, seine Bürger in Unwissenheit zu lassen und im Gegenteil die Voraussetzungen für eine politische Teilhabe durch Bildungsangebote schafft, darauf hatte ich schon hingewiesen. Somit scheint mir die Herausbildung des beschriebenen „unpolitischen Bürgers“ der repräsentativen Demokratie nicht systemimmanent zu sein.

Die Bürger müssen allerdings selbst aktiv werden, in einer Demokratie kann man eine politische Aktivität nicht verordnen. Daher teile ich diese Auffassung nicht:
Bürger haben nicht nur das Recht politisch zu sein. Sie haben die Pflicht, sich politisch einzubringen und aktiv an der Gestaltung dessen zu beteiligen, was ihnen ja pro forma auch heute schon „gehört“: Ihr eigenes Gemeinwesen, ihre eigene Politik, ihr eigener Staat. Und damit jene Pflicht kein leerer moralischer Appell bleibt, braucht es wiederum: Geeignete politische Institutionen. Politische Institutionen, die diese Pflicht ins Leben bringen und wirksam machen. Die uns nicht zu zwangsweise unpolitischen Wesen machen, die sich der Politik nur von außen nähern: Als dauer-unzufriedene Kunden nämlich. Als reine Opfer und Objekte von Politik.
Quelle: siehe oben.

Der Autor vermisst im gegenwärtigen System geeignete politische Institutionen zur Ermöglichung des politischen Bürgers. OK, aber ob das aktuelle System damit Bürger auch gleich zu "Opfern" macht? Die Aussage halte ich doch für gewagt, weil siehe oben, die repräsentative Demokratie ermöglicht natürlich Teilhabe und Einflussnahme, sie ist keine Diktatur, in der ein Bürger schon gar keiner mehr ist sondern nur Befehlsempfänger.

Anstelle einer repräsentativen Demokratie wird vom Autor das Losverfahren zur Besetzung politischer Ämter vorgeschlagen. Ich halte das Losverfahren nicht für geeignet, den „unpolitischen Bürger“ in einen „politischen Bürger“ zu wandeln und gleichzeitig ein gut funktionierendes Staatswesen sicherzustellen. Grund dafür ist die anzunehmende fehlende Qualifikation und eventuell fehlendes Interesse einer zufällig ausgewählten Person. Ich würde aber eine vermehrte themenbezogene Einsetzung von Bürgerräten gerne sehen. Deren Zusammensetzung wird per Los entschieden, um eine möglichst umfassende Rückmeldung zu einem Thema aus der Mitte der Gesellschaft zu erhalten:

https://www.bundestag.de/buergerraete

Damit fügt man das Element „Ernennung per Losverfahren“ der repräsentativen Demokratie im kleineren Umfang hinzu. Das wäre vielleicht ein Kompromiss zum Vorschlag des Autors.


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Welche Partei kann man noch wählen?

20.01.2025 um 19:50
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Ich kann diesen Ansatz ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Das würde ja bedeuten, dass eine Plattform bekommen und in einem geschützten Raum Anliegen vorbringen Bürgern heutzutage in einer repräsentativen Demokratie unmöglich ist. Wir haben aber doch eine funktionierende, vielfältige Zivilgesellschaft, wir haben Parteien, Bürgerinitiativen, Vereine usw., in denen sich Bürger organisieren und einbringen können, um sich eine politische Meinung zu bilden und dann damit "herauszukommen" und eine politische Forderung verlauten zu lassen.
Dass wir das alles haben, ist bekannt, aber warum nutzen es immer weniger Menschen? Warum treten so viele aus Parteien aus, wie noch nie zuvor in der Geschichte des Parlamentarismus; warum die große Verdrossenheit ggü Politik, Medien sonstigen Staatsorganen? Warum diese Radikalisierung in weiten Teilen der sog freien Welt, obwohl ja die Demokratie unser Hauptwerkzeug der Befriedung untereinander sein sollte; warum die immer stärker werdende Tendenz zum Extremismus? Warum der Abbau des Sozialstaates bei gleichzeitigem gigantischen Wachstum der großen Vermögen; Warum das marode Bildungssystem, warum der Reformstau an allen Ecken und Enden, .. ich könnte hier die halbe Seite mit Fragen dieser Art voll schreiben. Ich denke, du weißt aber auch so schon, was der Punkt ist. Der Grund dafür ist, dass weite Teile der Bevölkerung einfach nicht das bekommen, was sie vor Wahlen versprochen bekamen - weil immer nur tendenziell Politik gegen die Interessen der Mehrheit zu Gunsten einer vermögenden Minderheit gemacht wird. Warum, weil es nicht auf politische Bildung ankommt, sondern auf politische Macht, und die hängt ganz klar mit den zur persönlichen Verfügung stehenden Ressourcen zusammen. Das ist ein Problem, und müsste angegangen werden. Nicht Ressourcen sollten darüber entscheiden, wer welche Gesetze macht, sondern die breite Masse der Menschen, oder nicht?

Das Wahl-Partei-System funktioniert in dieser Hinsicht einfach nicht gut.
Es ist zu leicht beinflussbar, korrumpierbar, unterwanderbar, weil nur eine kleine Gruppe von Leuten Politik für die Massen macht, und die ganze Kontrolle über bestimmte Entscheidungen hat.

Lange Zeit konnten wir das im Westen damit kompensieren, dass wir als Nachfahren von Eroberern, Erfindern und quasi Weltbeherrschern (Kolonialmächte) einen gewissen technischen sowie militärischen Vorteil ggü anderen hatten, was uns besseren Zugang zu Ressourcen aller Art ermöglichte, und uns die nötige Wirtschaftskraft gab, unsere Bürger mit ausreichend Wohlstand und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten zufrieden zu halten.
Langsam brechen aber diese Vorteile weg. Der Rest der Welt holt auf. Unsere technische wie ökonomische Überlegenheit bröckelt, und diese externen Faktoren der Stabilisierung der Gesellschaft werden immer schwieriger zu halten sein. Unsere exportorientierte Wirtschaft leidet darunter; die Preise für bestimmte Waren werden höher; die Leute bekommen Angst um Jobs, etc .. Deshalb diese Unruhe momentan, und deshalb auch der Ruf Vieler nach einer besseren Politik, weil diese offenbar schon lange nicht wirklich das leistet, was sie soll.
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Doch, die Gelegenheit haben die Bürger. Sie müssen sich ein geeignetes Forum suchen, um ihre politische Überzeugung zusammen mit Gleichgesinnten herauszubilden. Das kann ein Bürgerrat sein oder auch die Diskussion innerhalb einer Partei oder Bürgerinitiative, eines Verbandes oder einer anderen Interessengruppe usw. Im Anschluss lässt sich z. B. in einer öffentlichen Diskussion ein Feedback erhalten von außerhalb der "Bubble".
Alles ist viel zu mühsam, wenn letztlich eine kleine korrupte Gruppe das letzte Wort hat. Das ermüdet nur, und erscheint irgendwann völlig aussichtslos, wenn du für paar kleine Änderungen zig Jahre Kampf brauchst, weil Berlin dir immer wieder die lange Nase zeigt, und einfach den eigenen Stiefel durchdrückt.

Du brauchst Macht; dein Wort und deine Meinung müssen was zählen, damit du überhaupt das Gefühl bekommst, dich dort nicht umsonst aufzureiben. Anders bekommst du die Massen nicht zu mehr Engagement, behaupte ich. Da kriegst du vllt nur paar Idealisten zusammen, die viel Zeit und Muße haben, aber einen echten Unterschied wird das nie machen. Wenn dann musst du wirklich die Massen mobilisieren, und das geht mit dem jetzigen System nur schlecht.
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Wenn Bürger der Ansicht sind, dass sie politisch nichts zu sagen haben und sich von dieser Überzeugung entmutigen lassen, dann finde ich, dass das sachlich unbegründet ist. Die Parteien haben ein Interesse daran, den Willen/die Erwartungen der Bürger in ihrer Politik zu berücksichtigen, wenn sie ausreichend Stimmen bei einer Wahl erhalten wollen. Der Wahlkampf im Vorfeld der BTW am 23. Februar nimmt ja gerade Fahrt auf.
In unserer Gesellschaft regieren Ressourcen und Lobbys.

Hier mal ein sogar schon etwas älterer Beitrag dazu; mittlerweile ist es noch schlimmer geworden:
Ich finde, dass wir den Anspruch der Parteien, bei allem und jedem die Entscheidung zu treffen, nicht mehr möglich ist. Also erstens: Die Mitgliedschaft in den Parteien insgesamt beträgt gerade mal drei Prozent der Wahlbevölkerung. Drei Prozent der Wahlbevölkerung, ungefähr ein Mehrfaches, ein Vielfaches mehr engagieren sich irgendwo in der Gesellschaft und sind da Mitglied. Also irgendwas stimmt doch nicht in der Relation, und ich wage manchmal die provozierende Formulierung: Wir haben eine Parteienoligarchie und keine Parteiendemokratie. Und das ist eine ganz gefährliche Geschichte, denn in den Parteien mit ihren wenigen Mitgliedern vergleichsweise mit der Wahlbevölkerung, erstens tun die meisten nicht mit, und die anderen meisten haben keine Möglichkeit, wirklich Einfluss zu nehmen auf ihre Partei. Es ist eine Fiktion, sie wirken zwar mit, aber sie vertreten eben das Volk nicht mehr.
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/wir-haben-eine-parteienoligarchie-und-keine-100.html
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Und nach der Wahl müssen gewählte Parteien beweisen, dass sie die Wahlversprechen auch umsetzen können. Und die Bürger sollten klug genug sein, Versprechen der Parteien vor einem Wahltermin auf den Prüfstand zu stellen.
Sind sie nicht; das System hält sie sozusagen dumm, weil es den Bürger tendenziell eher ausschließt, als wirklich auf seine Interessen und Bedürfnisse einzugehen.
In kleineren Dingen mag das vllt noch hie und da passieren, dass der Bürger gehört wird. Dazu braucht er aber viel Zeit und Aufwand, und das sind Hürden, die bei den großen und wichtigen Dingen, wie zB Fiskal- oder Wirtschaftspolitik, einfach nicht mehr nehmbar sind.
Also bleibt der Bürger tendenziell auch immer eher klein und ressourcenarm, so dass er sich da auch nur schlecht aus der Situation lösen kann. Das System hindert ihn überall ..
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Wo die Umsetzung von Zielen laut Versprechen oder Koalitionsvertrag nicht gelingt, weil niemand vorhersagen kann, was in einer Legislaturperiode passiert, wäre eine sachliche Erklärung für die Bürger erforderlich. Je nachdem wie diese ausfällt, können die Bürger ihre Schlüsse ziehen. M.E. wird die Politik in D. generell nicht genug erklärt und vermittelt. Das scheint mir tatsächlich eine wichtige Ursache für "unpolitische Bürger" zu sein, aber nicht die repräsentative Demokratie an sich.
Das hat alles nichts mit besser oder schlechter erklären zu tun. Ich bin kein Idiot, und das sind auch die meisten Leute da draußen nicht. Wir sind nur weitestgehend machtlos, und nicht zuletzt auch deshalb schlecht organisiert

Politische "Erklärung" funktioniert ja eher über Kampagnen, und diese haben wieder so ihrer eigenen Dynamiken.. mehr dazu hier:

https://wyriwif.wordpress.com/2018/07/11/politische-kampagnen-als-spass-auf-kosten-der-anderen/
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Dass der Staat nicht die Absicht verfolgt, seine Bürger in Unwissenheit zu lassen und im Gegenteil die Voraussetzungen für eine politische Teilhabe durch Bildungsangebote schafft, darauf hatte ich schon hingewiesen. Somit scheint mir die Herausbildung des beschriebenen „unpolitischen Bürgers“ der repräsentativen Demokratie nicht systemimmanent zu sein.
Der Staat will das sicher nicht; aber der Parlamentarismus ruht sich momentan schon ziemlich deutlich auf seinen eigenen Privilegien aus.
Guck dir doch mal die ganzen Wahlkämpfe der Parteien an. Da wird doch nur Unsinn verzapft, der mit der Realität kaum was gemein hat, weil das offenbar irgendwie doch verfängt. Das ist reine Volksverblödung, die auch immer schön regelmäßig von der PARTEI auf die Schippe genommen wird, so offensichtlich, wie das mittlerweile schon betrieben wird.

Ihr neuster Coup:

Spoiler
Martin Sonneborn verzichtet auf Kanzlerkandidatur zugunsten von Dominic Harapat

Freitag, 17. Januar 2025


Berlin, 16.01.2025 – Martin Sonneborn, langjähriger Spitzenpolitiker der Partei Die PARTEI, hat heute bekannt gegeben, dass er nicht für die Kanzlerkandidatur der PARTEI zur Verfügung steht. Stattdessen unterstützt er mit voller Überzeugung Dominic Harapat, der sich als weitaus geeigneterer Kandidat für diese Aufgabe erwiesen hat.

Den Beschluss über die Kanzlerkandidatur fasste das Zentralkomitee der PARTEI, bestehend aus dem Bundesvorstand und den 16 Landesvorständen. Harapat nahm die Nominierung umgehend dankend an.

Martin Sonneborn erklärte zu seinem Verzicht: „Wenn jede Kleinpartei einen Kanzlerkandidaten aufstellt, tun wir das auch. Lang lebe Harapat!“

Dominic Harapat hat sich durch seine bisherige hervorragende Arbeit für Die PARTEI in Hessen und für die Stadtverordnetenversammlung der Weltstadt Wetzlar ausgezeichnet. Er ist in der Partei vor allem als liebevoll-autoritärer Raucher und Arbeiter bekannt. In einer ersten Stellungnahme erklärte Harapat: „Ich freue mich sehr, als erstes Eigengewächs der PARTEI in eine solch exponierte Rolle gebracht zu werden. Deutschland ist eines meiner Lieblingsländer und so möchte ich alle Bürgerinnen und Bürger dazu einladen, mit mir das Projekt 2025 zum Übergang der Kanzlerschaft anzugehen. Ein Land, das so viel zu bieten hat, kann unter der richtigen Führung weit über sich und das eigene Bruttoinlandsprodukt hinauswachsen. Krisen dieser Zeit werden mit meiner Politik der ruhigen Rückhand einfach abgewatscht. Als Arbeiter in der heimischen Industrie kenne ich die Probleme des kleinen Mannes und seiner Frau sehr gut und kann, wie kaum ein anderer, auf Augenhöhe mit dem Volk kommunizieren. Ich spreche mit den Menschen direkt in der Kantine beim Mittag und in der Wirtschaft beim Feierabendbier. Der Anspruch ist klar: Deutschland muss wieder zu alter Größe kommen und mit Kanzler Harapat werden wir es uns zurückholen! Make Germany gray again!“ (Grau ist die Farbe der uniformen PARTEI-Anzüge von C&A.)
photo 2025-01-17 12-52-52Original anzeigen (0,2 MB)
https://www.die-partei.de/

Sehr geil. :D

(wobei es eigtl traurig ist, dass es da eine Satire Partei braucht, um den offenkundigen Irrsinn immer wieder offen zu legen)
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Der Autor vermisst im gegenwärtigen System geeignete politische Institutionen zur Ermöglichung des politischen Bürgers. OK, aber ob das aktuelle System damit Bürger auch gleich zu "Opfern" macht? Die Aussage halte ich doch für gewagt, weil siehe oben, die repräsentative Demokratie ermöglicht natürlich Teilhabe und Einflussnahme, sie ist keine Diktatur, in der ein Bürger schon gar keiner mehr ist sondern nur Befehlsempfänger.
Sie ist keine Diktatur, aber wie es die Dame weiter oben trefflich formulierte, eine "Parteioligarchie" und das ist eben auch keine Demokratie. Die brauchen wir aber, wenn wir die Gesellschaft befrieden wollen.
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Anstelle einer repräsentativen Demokratie wird vom Autor das Losverfahren zur Besetzung politischer Ämter vorgeschlagen. Ich halte das Losverfahren nicht für geeignet, den „unpolitischen Bürger“ in einen „politischen Bürger“ zu wandeln und gleichzeitig ein gut funktionierendes Staatswesen sicherzustellen. Grund dafür ist die anzunehmende fehlende Qualifikation und eventuell fehlendes Interesse einer zufällig ausgewählten Person. Ich würde aber eine vermehrte themenbezogene Einsetzung von Bürgerräten gerne sehen. Deren Zusammensetzung wird per Los entschieden, um eine möglichst umfassende Rückmeldung zu einem Thema aus der Mitte der Gesellschaft zu erhalten:
Ja, über genauen Modalitäten kann man sich ja dann noch mal Gedanken machen, wenn sich was grundlegend bewegt hat. Die Beispiele aus der Geschichte zeigen jedenfalls, dass die Methode evident funktionabel ist, also einen Versuch wäre es jedenfalls schon mal Wert. Vllt erstmal auf tieferen Ebenen, wie gesagt..


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Welche Partei kann man noch wählen?

21.01.2025 um 16:35
@nasenstüber

ich denke dein Problem ist, dass du hier mit dem was du gelesen hast mit einer Idealvorstellung aus der Philosophie zu tun hast (politisierter Bürger). aber nur in den allerwenigsten Fällen kommen Idealvorstellungen und -zustände in der Realität vor..

im Ideal hätte z.b. auch der Kommunismus z.b. funktioniert, die Theorie ist wunderbar..

schön über ideale Zustände zu diskutieren, aber erreichbar sind sie meiner Ansicht nach nicht, das sind bloße Utopien in meinen Augen..

bin dann auch raus bei dem Thema..


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Welche Partei kann man noch wählen?

21.01.2025 um 17:01
Zitat von nasenstübernasenstüber schrieb:Die Beispiele aus der Geschichte zeigen jedenfalls, dass die Methode evident funktionabel ist,
@nasenstüber
Ich will das Thema nicht weiter vertiefen, auch weil es meiner Meinung nach hier Richtung OT geht, aber du willst doch nicht ernsthaft deine Beurteilung, dass die Methode "evident funktionabel" ist, von dem Beispiel aus dem Artikel der alten Griechen aus dem antiken Athen ableiten? Man kann ja wohl die Bedingungen in der Antike nicht mit denen des 21. Jahrhunderts vergleichen. Das wäre Quatsch. Überdenke das noch einmal.
Die gleiche Erfahrung machte man im Athen in seiner antiken Blütezeit: Man nahm „die einfachen Bürger“ (also die Nicht-Adligen) systematisch in die politische Verantwortung, man politisierte die Bürgerschaft systematisch, indem man das Losverfahren nutzte, um die allermeisten politischen Ämter zu besetzen. Man machte den politischen Bürger zur Regel. Und den unpolitischen Bürger zur Ausnahme. Aus jener Zeit stammt auch das auch heute noch überlieferte Wort für den unpolitischen Bürger: „Idiot“.
Quelle: https://wyriwif.wordpress.com/2018/05/10/der-unpolitische-buerger/


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Welche Partei kann man noch wählen?

21.01.2025 um 17:55
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Man kann ja wohl die Bedingungen in der Antike nicht mit denen des 21. Jahrhunderts vergleichen.
Zur Wahrheit gehört mindestens, dass von den ca. 200.000 Einwohnern von Athen nur ca. 1/7 überhaupt Bürgerrechte hatte: Frauen schonmal grundsätzlich nicht, ebensowenig Sklaven oder "Metöken", d.h. "Ausländer" im Sinne von "nicht in Athen geboren". Grundvorraussetzung für den Erwerb der Bürgerrechte waren neben männlichen Geschlecht auch noch das Ableisten eines Militärdienstes, die Verpflichtung zur weiteren Militärdienstleistung sowie das Zahlen von Steuern - im Grunde also ein ziemlich exklusiver Club:

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/demokratie-332/248544/grundzuege-der-athenischen-demokratie/


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Welche Partei kann man noch wählen?

21.01.2025 um 18:00
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Ich will das Thema nicht weiter vertiefen, auch weil es meiner Meinung nach hier Richtung OT geht,
Naja, geht schon noch, denk ich. Gehört halt alles irgendwo zu der Frage nach "was wählen" oder eben "gar nichts davon wählen, weil sinnlos" dazu.
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:aber du willst doch nicht ernsthaft deine Beurteilung, dass die Methode "evident funktionabel" ist, von dem Beispiel aus dem Artikel der alten Griechen aus dem antiken Athen ableiten?
Mal langsam. Zunächst hab ich ja schon einige Beispiele aus der Geschichte und der Neuzeit gebracht, die das Losverfahren erfolgreich angewandt hatten, und damit dem Bürger ein viel produktiveres Settig ermöglichten, als er es sehr wahrscheinlich mit einer Wahl gehabt hätte.

Da waren noch Venedig, Florenz, die Deutsch-Französiche-Corona Plattform, Irland wurde auch mal irgendwo im Link erwähnt, wenn ich nicht ganz irre, und Wien müsste noch in weiterführenden Links dabei gewesen sein. Das sind so die Beispiele die ich persönlich kenne, und von denen ich weiß, dass sie sehr wohl durchweg positiv wahrgenommen wurden.

Zudem sollte man an der Stelle auch die Frage beantworten, warum man die attische Polis nicht als Paradebeispiel für evident funktionable Losdemokratie hernehmen sollte, wo sich doch an der psychischen Disposition des Menschen in den letzten paar Tausend Jahren meines Wissens nichts grundlegendes geändert hat. Oder weißt du da was, was ich nicht weiß?

Jedenfalls war die Polis in der Zeit ihrer Losdemokratie das im Inneren stabilste Staatsgebilde, das man aus der Geschichte kennt. Keine Aufstände, keine Umstürze oder Revolutionen, keine großen Machtkämpfe zwischen den rivalisierenden Aristokraten Parteien, usw.. Wenn das nicht evident funktionabel in unserem Sinne ist, was dann?
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Man kann ja wohl die Bedingungen in der Antike nicht mit denen des 21. Jahrhunderts vergleichen. Das wäre Quatsch. Überdenke das noch einmal.
Warum?


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Welche Partei kann man noch wählen?

21.01.2025 um 18:03
Zitat von bgeowehbgeoweh schrieb:Zur Wahrheit gehört mindestens, dass von den ca. 200.000 Einwohnern von Athen nur ca. 1/7 überhaupt Bürgerrechte hatte: Frauen schonmal grundsätzlich nicht, ebensowenig Sklaven oder "Metöken", d.h. "Ausländer" im Sinne von "nicht in Athen geboren". Grundvorraussetzung für den Erwerb der Bürgerrechte waren neben männlichen Geschlecht auch noch das Ableisten eines Militärdienstes, die Verpflichtung zur weiteren Militärdienstleistung sowie das Zahlen von Steuern - im Grunde also ein ziemlich exklusiver Club:
Und inwiefern soll diese Wahrheit jetzt die Annahme entkräften, dass es bei uns deshalb auch funktionieren könnte? Sind nicht mehr Menschenrechte sogar besser, weil sie das Staatsgebilde sogar noch stabiler machen?


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Welche Partei kann man noch wählen?

21.01.2025 um 18:20
Zitat von nasenstübernasenstüber schrieb:Und inwiefern soll diese Wahrheit jetzt die Annahme entkräften, dass es bei uns deshalb auch funktionieren könnte? Sind nicht mehr Menschenrechte sogar besser, weil sie das Staatsgebilde sogar noch stabiler machen?
Ich würde sagen, damit steht zumindest die Frage im Raum, ob Erkenntnisse aus einem System, in dem unter einer Elite gelost wurde, die strukturell bedingt stark in die Politik eingebunden und im Wortsinne "investiert" war so ohne weiteres auf ein Lossystem "in der Fläche" übertragen werden können. Mit unserem aktuellen Gerechtigkeitsverständnis wäre es ja eher nicht vereinbar, ähnlich harte Bedingungen vorauszusetzen, damit ist das ein wichtiger Punkt. Andere Repräsentationsfragen stellen sich dann im Anschluss (z.B. wäre bei einem komplett offenen Losverfahren der Anteil der Rentner an der Versammlung bei 22%, der der Kinder und Jugendlichen nur ca. 17% - loste man nur unter der volljährigen Bevölkerung, hätten die Rentner fast 28%), genau wie Fragen nach der Vertretung von durch Los schwer erfassbaren Minderheiten (der Anteil an transgeschlechtlichen Personen an der Bevölkerung z.B. beträgt unter 0,5%*, d.h. selbst in größeren Losversammlungen würden sie gar nicht oder mit irrelevanten Anzahlen vertreten sein. Parteipolitik erlaubt es auch solchen Minderheiten, wenn sie gut organisiert sind, überproportional zu ihrem reinen Bevölkerungsanteil politische Beachtung zu finden, diese Mechanismen fänden in einem Lossystem so nicht mehr statt und müssten sich, wenn überhaupt, über gänzlich andere Kanäle (mediale Präsenz, "Umweg" über die Wissenschaft o.Ä.) ihren Weg suchen, damit hat man dann das Gatekeeper-Problem das die Losmethode beheben soll nur auf einen anderen Träger verlagert).

* https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/ConceptsMethods/JHealthMonit_2022_02_Geschlechtliche_Diversitaet.pdf?__blob=publicationFile


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Welche Partei kann man noch wählen?

21.01.2025 um 18:42
Zitat von bgeowehbgeoweh schrieb:Ich würde sagen, damit steht zumindest die Frage im Raum, ob Erkenntnisse aus einem System, in dem unter einer Elite gelost wurde, die strukturell bedingt stark in die Politik eingebunden und im Wortsinne "investiert" war so ohne weiteres auf ein Lossystem "in der Fläche" übertragen werden können.
Die attische Aristokratie hat ja das Los nicht nur für sich beansprucht, sondern die Macht auf alle freien Männer stückweise übertragen und verteilt, womit auf einen Schlag ein Vielfaches an entsprechend investierten Leuten am politischen Geschehen beteiligt waren, so dass sie selbst mit vielen dieser Staatsaufgaben entlastet war. Die Losdemokratie war keine Graswurzel Bewegung, sondern eine Top-Down Vorgabe der Aristokraten, weil sie die ewige Stasis unbedingt auflösen wollten, in der sich die dauerhaft verstrittenen Parteien gegenseitig nur noch blockierten, und damit jedwede Handlungsfähigkeit der Polis zerstörten.
Daraus haben sich eine ganze Reihe an neuen Ämtern und Untergruppen gebildet, die ihrerseits viel näher am direkten politischen Geschehen waren, und die ganze Politik so unmittelbarer von unten nach oben besser bewertbar sowie steuerbar wurde, was die Stasis und die vorherrschenden Blockaden weitestgehend auflöste.

Das Ganze könnte man recht passgenau auf die heutige Politelite übertragen, die doch offenbar in vielem selbst viel zu überfordert ist, als dass sie dem ganzen Staat noch gerecht werden könnte, wodurch eben auch nur noch Blockaden entstehen, und kaum was vorwärts geht.

Ob sich das auf uns übertragen lässt, weiß man, wenn man es versucht hat. Zumindest erstmal im kleineren Rahmen. Also regional, kommunal etc.. dann sieht man weiter, wie es sich bewährt. Man muss da nicht gleich alles umkrempeln, sondern schrittweise..
Zitat von bgeowehbgeoweh schrieb:Andere Repräsentationsfragen stellen sich dann im Anschluss (z.B. wäre bei einem komplett offenen Losverfahren der Anteil der Rentner an der Versammlung bei 22%, der der Kinder und Jugendlichen nur ca. 17% - loste man nur unter der volljährigen Bevölkerung, hätten die Rentner fast 28%),
Da komm ich grad nicht so ganz mit..
Warum sollte das genau ein Problem sein?


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