@Desperadoo Also zunächst mal, ganz allgemein.. Ich bin in meiner Denke von Leuten wie zB David Van Reybrouck inspiriert, der die Politikverdrossenheit unserer Zeit ziemlich genau unter die Lupe genommen hatte.
Hier eine kurze Zusammenfassung seines Fazits:
Wahlen sind ein primitives Instrument mit einer verrückten Logik. Sie führen dazu, dass Politiker Dinge versprechen, die sie nicht halten können. David Van Reybroucks Debattenbuch könnte aktueller nicht sein.
Es ist seltsam mit der Demokratie. Jeder ist dafür, aber keiner glaubt mehr so recht daran, dass sie funktioniert, jedenfalls nicht durch Wahlen. Wenn die Ergebnisse anders lauten als gewünscht, ist rasch der Vorwurf des Populismus im Raum. Immer weniger Menschen gehen wählen, die Mitgliederzahlen der politischen Parteien gehen dramatisch zurück. Wie kann überhaupt eine Demokratie effizient arbeiten und langfristig tragfähige Entscheidungen treffen, wenn die Politiker ihr Handeln vor allem an einem ausrichten müssen: Bei der nächsten Wahl wollen sie wiedergewählt werden.
David Van Reybrouck beschreibt diesen Mechanismus mit bestechend klaren Argumenten als »demokratisches Ermüdungssyndrom«. Wie kommen wir davon weg? Vielleicht sind ganz neue Wege nötig, auch wenn sie auf den ersten Blick ganz weltfremd erscheinen? David Van Reybroucks Vorschläge nehmen ein sehr altes demokratisches Prinzip auf, das schon im antiken Athen praktiziert wurde: Das Los. Bis hin zur Französischen Revolution wurde dieses demokratische Mittel oft angewendet, etwa auch in blühenden Republiken wie Venedig oder Florenz zu Zeiten der Renaissance. David Van Reybrouck zeigt, wie das auch heute ganz praktisch unsere machtlos gewordene Demokratie lebendiger machen kann.
https://www.wallstein-verlag.de/9783835318717-gegen-wahlen.htmlZudem beeinflussen mich auch immer wieder Menschen wie Heiner Flassbeck, der auch lange Zeit im Politbetrieb tätig war, und im Grunde nur Horrorstorys darüber berichten kann, wie korrupt und durchtrieben es da im parlamentarischen Parteiumfeld zugeht, was selbstverständlich zu oft zu ganz schlechten Ergebnissen für die Mehrheit der Bürger führen kann.
Hier mal ein recht neuer und auch wieder ziemlich erhellender Vortrag zu dem, was da so richtig garstig falsch läuft, und warum es scheinbar gar nicht anders geht.. das Ganze schon seit zig Jahren ohne Hoffnung auf Besserung, weil der Politbetrieb sich ständig gegenseitig nur ausbremst, anstatt die Dinge anzugehen, und Punkt für Punkt abzuarbeiten.. was letztlich wieder nur zu einer Radikalisierung der politischen Landschaft führt, und in unerträglich extremen Positionen manch eines Populisten münden
!muss! - weil es die innere Parei- und Wahllogik gar nicht anders zulässt. Ist eben der Mechanik des vorliegenden Systems geschuldet.
Warum das so ist, kann man uA zB auch hier nachlesen:
Die Demokratie ist durch Vertrauensverlust bedroht. Rechtspopulistische Bewegungen nutzen das geschickt aus. Ist das das Ende dieser jahrhundertealten Idee? Ganz und gar nicht! »Demokratie - die Unvollendete« zeigt, dass diese dem menschlichen Grundbedürfnis nach Resonanz entspringt. Vielen Bürgerinnen und Einwohnern genügt es nicht mehr, alle paar Jahre ihre Stimme in einer Wahlurne zu versenken. Es mangelt ihnen an Möglichkeiten zum Mitreden und Selbstregieren.
Um die tiefgehende Resonanzstörung zwischen Regierenden und Regierten zu beseitigen, brauchen wir Volksabstimmungen, ausgeloste Bürgerräte, Bürgergutachten, kurz: eine Vorwärtsverteidigung der Demokratie durch neue partizipative Formen. Das Buch von Ute Scheub, herausgegeben von Mehr Demokratie e.V., präsentiert existierende Beispiele und kreative Denkmodelle. Ganz nach dem Motto von Mehr Demokratie: Wenn wir aufhören, die Demokratie weiterzuentwickeln, fängt die Demokratie an, aufzuhören.
Quelle:
https://www.oekom.de/buch/demokratie-die-unvollendete-13950Hier kurz noch Flassbeck; sehr aufschlussreich, finde ich:
Spoiler
In seinem jüngsten Vortrag bei der SPD erklärt der Ökonom Heiner Flassbeck, war in der deutschen und der europäischen Wirtschaft schief läuft - und warum das den Rechtsruck in der EU begünstigt. Er rechnet dabei schonungslos mit der SPD und der deutschen Politik insgesamt ab. Sollte jeder gesehen haben!
Krise und Rechtsruck: Flassbeck rechnet mit deutscher Politik ab!
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Und dann, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass unser politisches System, das durch Wahlen und Parteien bestimmt wird, historisch ständig immer wieder versagt -gerade die Weimarer Republik sollte uns Deutschen eine Warnung sein- könnte man sich ja mal überlegen, wie die Demokratie vllt auch anders organisierbar wäre.
Und hier kommen für mich Leute wie Christian Meier ins spiel, der die Anfänge der Demokratie genauer unter die Lupe genommen hatte, und ein völlig anderes Bild davon zeichnet, als das, was wir heute unter dem Wort verstehen.
Hier nachzulesen:
"DIE DEMOKRATIE, die sich unter Perikles ausgebildet hatte, sollte wirklich eine Herrschaft des Volkes sein; außerordentlich weitgehend, wie es in den kleinen Verhältnissen der Polis möglich war, und mit bestimmten Wichtigkeiten, die sich daraus ergaben. Insgesamt war sie so sehr voll von Eigenheiten, dass sich die Frage stellt, ob unsere Demokratien, verglichen mit dem antiken Vorbild überhaupt den Namen verdienen." ((Christian Meier: „Athen“, S. 477 f.
Quelle:
https://www.penguin.de/buecher/christian-meier-athen/paperback/9783570551936Und an dieser Stelle zB wird das, was Christian Meier an Information über die Antike liefert noch recht deutlich ausformuliert, und aus meiner Sicht auch schlüssig begründet, wo es im Hinblick darauf bei uns allem Anschein nach hackt; warum die unsrige "Demokratie" offenbar immer so unzulänglich arbeitet - immer wieder versagt; wovon es mehr bräuchte, damit der Bürger wirklich ausreichend politisiert würde, um ein mündiges und staatstragendes Mitglied der Gesellschaft zu werden, usw usf .. ich will hier nicht redundant werden, deshalb einfach mal selbst rein lesen, und dann ggf urteilen.
https://wyriwif.wordpress.com/2018/11/15/der-staat-die-verfassung-die-burger-selbst/Churchill übrigens war selbst ein Aristokrat; .. ein ständig betrunkener noch dazu.
In Deutschland hat sich ja bekanntlich ein Großteil des Adels mit der Wehrmacht auf die Seite der Nazis geschlagen, weil sie ob ihres "angeborenen Machtanspruchs" selbstverständlich auch einen Teil vom Kuchen des "1000 Jährigen Reiches" wollten.
Hier nachzulesen:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/deutscher-adel-im-nationalsozialismus-blaues-blut-und-brauner-boden-a-e3066e62-944f-4e0b-83d3-a9538aae26c1 So viel zum damaligen Demokratieverständnis der damaligen Blaublüter (geprägt von Platos und Nitzsches Übermensch, sowie durch den hobbesschen Leviathan, die den möchtegern Übermenschen quasi moralisch auch noch in die Hände spielten), die Europaweit miteinander vernetzt und sogar verwandt waren. Trotzt ihrer Differenzen hatten sie aber eine Gemeinsamkeit - ihren "angeborenen" Machtanspruch, den sie auf keinen Fall aufgeben wollten. Deshalb wohl auch solche Sprüche, wie sie Winston auch nachgesagt werden.
Seit dem ist ja auch viel Wasser die Themse runter geflossen, und die Menschheit hat einiges an neuen Erkenntnissen dazu gewonnen. Aus meiner Sicht wäre es evtl an der Zeit diese auch politisch richtig anzuwenden.