Abahatschi schrieb:Das kann ich nicht nachvollziehen - wenn die gewählte Partei in die Minderheit ist, dann wird das andere Program der Gewinnerpartei durchgeführt und zwar ohne Kompromisse.
Wenn du meinen Kommentar in Gänze gelesen hättest, müsste dir aufgefallen sein, das ich da mental auf Abstand zum Partei-Parlamentarismus gegangen bin. Sprich, es ist etwas das jenseits des Parteienspektrums und des Parlamentarismus erfolgen müsste. So wie man eben einst Monarchien und Despotien überwunden hat, durch entsprechende Entwicklungsprozesse, so müsste man dann auch den (in meinen Augen) inzwischen antiquierten Parlamentarismus überwinden. Sprich, es muss eine Weiterentwicklung einsetzen, bei der man bloße Parteienpolitik überwindet und als obsolet erkennt. Parlamentarismus ist eigentlich auch nur eine Zwischenetappe zur wirklichen Demokratie. Parteien sind nur Interessenstellvertreter, doch wie man eben weiß, besteht eine Gesellschaft aus unterschiedlichsten Interessen und diese können einzelne Parteien nicht mehr repräsentieren. Das zeigt sich ja auch an parteiinternen Widersprüchen und Konflikten, die dann sogar den Kurs einer einzelnen Partei mal schnell ins Wanken bringen können.
Mit anderen Worten, man muss erstmal erkennen, das jene Parteien selbst nie wirkliche Problemlösungen bieten, sondern nur irgendwie versuchen Probleme zu verwalten, oder im schlimmsten Fall Lösungen erzwingen, die mit Teilen der Gesellschaft im Konflikt stehen. Oder noch verkürzter, Parteienpolitik kann es nie allen recht machen, das erzeugt automatische Spaltungen und Polarisierungen, die dann langfristig nichts Konstruktives mehr bieten, sondern eher nur noch kontraproduktiv, bis destruktiv, oder eben stagnativ agieren.
Das zeigt sich besonders in Zeiten, wo eine hohe Dynamik und Ereignisdichte im Spiel ist, da können Parteien nicht mehr angemessen reagieren und agieren, sondern rennen und/oder dümpeln mit starker Latenz hinterher.
Abahatschi schrieb:Siehe als Beispiel die AKW Abschaltung, die einen wollten, die anderen nicht - es wurde abgeschaltet, kein Kompromiss (ich nehme jetzt mal Scholzis 3 Monaten Verlängerung raus).
Ja und genau an solchen Beispielen zeigt sich ja die mangelnde Kompetenz einiger Parteien, die irgendwie versuchen auf Krampf eine Repräsentanz zu haben. AKWs haben ihre Risiken, sind jedoch relativ effiziente Energiequellen, es gab Rückschläge, aber ebenso laufen noch ca. 412 AKW in ca. 32 Staaten weltweit, ohne größere Probleme. Für mich ist es daher logisch, gerade in Zeiten wo es geopolitische Spannungen gibt, den Energiemarkt zu diversifizieren und möglichst unabhängig von einzelnen Staaten zu sein, mit denen man geopolitisch nicht auf einem Nenner ist. Sprich, da muss man "flexibel" auf eine dynamische Lage reagieren können. Jedoch langfristig sind auch AKW ein Problem, denn Uran und spaltbares Material können ebenso verknappen, wie fossile Energieträger, zudem ist der Aufwand der Verarbeitung und Aufbereitung, wie auch Anreicherung sehr hoch. All das müssen einzelne Parteien dann berücksichtigen und darauf angemessen reagieren. Das ist nicht einfach und durch die Komplexität allein unserer Energie-Fragen, stößt damit auch die Parteienpolitik mehr und mehr an ihre Grenzen.
Parteien bestehen aus einer bestimmten Anzahl an Mitgliedern und Ministern, so auch an Beratern und jenen, die auch noch Medien und Informationen auswerten und filtern müssen. Das Regieren in solchen Zeiten unter solchen Bedingungen ist fast unmöglich, daher ergeben sich auch zahlreiche Probleme innerhalb einzelner Parteien und deren Koalitionen, die das dann noch zusätzlich verkomplizieren.
Ich sehe momentan jedenfalls keine einzige Partei und Koalition, egal ob in Regierung, oder Opposition, die da angemessen agieren und entscheiden kann, so auch noch die Bevölkerung vereinen kann. Die Polarisierungen sind zu groß und man macht viel zu viel von Parteien abhängig, als das die Bevölkerung sich ihrer Eigenverantwortung bewusst wäre. Man schiebt die Schuld gern auf andere, statt bei sich selbst anzufangen und genau daraus resultieren zahlreiche Probleme. Im Grunde bräuchte man eine ganze Armee an solidarischen, gebildeten Pragmatikern, die aber auch gute Ideen entwickeln können. Nur treten wir uns lieber gegenseitig auf die Füße und betreiben gegenseitige Schuldzuweisungen, die uns zunehmend polarisieren und lähmen, oder gar zerreißen und Chaos schaffen.
hidden schrieb:Da bleibt wohl nur professionelle Hilfe aus der Wirtschaft (mit Risiko des Totalverlust) oder eine KI. Ansonsten wird das den verschiedenen Bevölkerungsschichten nicht zu vermitteln sein.
Ja als Übergangslösung, weg vom Partei-Parlamentarismus, gäb es eine Technokratie, diese könnte dann aus einem Mix bestehen, zum einen Vertreter direkt aus der Wirtschaft, die jedoch auch insbesondere Augenmerk auf die Infrastruktur legen. Dann Vertreter aus sozialen Institutionen, die soziale Strukturen im Fokus haben, sich aber auch mit der Wirtschaft befassen und kooperieren, dann noch Vertreter die Umweltfragen im Blick haben. Strukturelle Knotenpunkte könnten dann tatsächlich in dieser hochvernetzten Technokratie von KIs gemanaged werden (natürlich mit paralleler Zugriffsberechtigung durch jene Vertreter). Mag erst mal kalt und berechnend wirken, aber es könnte einige komplexe Fragen und Probleme lösen, die vorher über den Umweg häufig auch mal inkompetenter Parteien gegangen sind. Man sollte auch nie vergessen, Parteien agieren, reagieren und regieren auch überwiegend zum Selbstzweck und Selbsterhalt, ganz ähnlich wie einst auch jene Monarchen. Davon muss man sich mal langsam lösen, nur setzt das, komplexe Entwicklungsprozesse voraus, die noch sehr mangelhaft erscheinen, gar hier und da von Rückschritten geprägt sind, gerade weil die Gesellschaft viel zu stark polarisiert ist. Zudem muss dieser Schritt auch in entwickelten Ländern erfolgen, die gewisse Grundbedingungen dafür erfüllen. Da kann man keine Etappen aussparen.
Die Macht sollte jedenfalls nie wieder in den Händen einiger weniger liegen. Länder mit stark autoritären Strukturen zeigen, wie sehr die Welt durch eigenwillige und willkürliche Entscheidungen, einiger weniger, massiv in Schieflage geraten kann. Ebenso sollten Demokratien, sich nie von einzelnen Parteien abhängig machen, auch nie von ihnen polarisieren/spalten lassen, damit man ihren Selbstzweck anfüttert und ihnen mehr Macht gibt, als sie verdienen. Man muss irgendwie aus dem Sumpf irrationaler und von Widersprüchen zerfressenen Verhältnissen herauskommen und mehr Rationalität in die Welt bringen. Man sollte sich an positiven Beispielen orientieren, konstruktivere Ansätze finden, mehr Eigenverantwortung übernehmen, auch im kommunalen Bereich, gar schon in der eigenen Nachbarschaft. Irgendwo zwischen einem Idealismus (frei von Illusionen und Ideologien) und Pragmatismus. Als Teil einer gut vernetzten Struktur, die entsprechend von Situationen auch dynamisch agieren kann, frei von Bürokratie und frei von verwalterischen Umwegen. Es müsste tatsächlich wie ein solides Servernetzwerk aufgebaut sein.