shionoro schrieb:Natürlich gibt es ehrverständnis der familie und über dritte.
Das bestreite ich nicht. Die Quelle der sozialen Normen, auf der das Ehrgefühl basiert, stammen aus der Umgebung. Aber das Ehrgefühl selbst entsteht bei der Person selbst. Der Soldat begeht eine Handlung, weil es in seiner Umgebung so anerkannt ist. Aber er trifft die Entscheidung für seine Handlung und er entscheidet, dass er damit ehrenhaft handelt.
Natürlich wirkt das Umfeld auf ihn ein, aber das Ehrgefühl, das die Basis des Motivs der Handlung ist, entsteht im Kopf des Handelnden.
Fierna schrieb:Wo außer familienintern sollte das sonst auftreten?
Dass jemand auf Basis einer "Ehrenstruktur" Verbrechen begeht? Na in kriminellen Vereinigungen, in diversen Motorradclubs, in freundschaftlichen Strukturen ...
Halt überall, wo die Umstände zu einem starken Ehrenkodex führen.
Fierna schrieb:Das ist nichts, was ich mir ausdenke.
Aber ich bestreite doch gar nicht das Phänomen "Familienehre". Ich habe auf einen Einwand, Ehrverbrechen gäbe es hier im Grunde nur bei Muslimen angemerkt, dass das ein zu eng gefasster Ehrbegriff ist.
Verbrechen, denen als Motiv ein Bestreben des Täters zugrunde liegt, einem Ehrverständnis zu entsprechen, gibt es viele. Die Verbrechen der Familienehre sind ein Teil davon, aber nur das. Mir geht es darum, das in ein Gesamtbild einzordnen.
Fierna schrieb:Das tut er eben nicht bzw nicht primär. Erklärung oben.
Ich sehe da keine Erklärung für diese Schlussfolgerung in dem zitierten Text.
Natürlich bedarf es eine Kollektivs, das ein solches Regularium für angemessene Verhaltensweisen entwickelt. Es geht doch nicht um den Ursprung der Umstände, die zu dem Begriff der Ehre führen.
Ich halte es für immer wahrscheinlicher, dass wir von verschiedenen Dingen sprechen.
Du von dem Ursprung der sozialen Sollvorschriften und ich von der Entscheidung des Täters, diesen Vorschriften diesen besonderen Entschlusswert beizumessen.
Natürlich handelt derjenige, der sich nicht den sozialen Konventionen beugt, in den Augen der anderen unehrenhaft. Aber das bedingt ja nicht das Verbrechen (also es übt natürlich einen sozialen Druck aus und wenn der Täter diesen hinreichend gewichtet führt der auch zum Tatentschluss). Aber die Tat selbst wird - sofern der Täter grundsätzlich zurechnungsfähig ist, durch den Täter beschlossen. Und hier gibt es nun zwei Möglichkeiten:
- Der Täter kennt das Wertesystem inhaltlich an und tötet, weil er möchte, dass unehrenhaftes Verhalten auch sanktioniert wird oder
- der Täter erkennt es nicht an und beugt sich nur dem äußeren Druck.
Aber warum soll der erste Fall ein Verbrechen aus Ehre sein?
Ich bestreite auch hier nicht, dass in vielen Fällen der Täter das Wertesystem der Gruppe nicht selbst vertritt und letztlich gegen sein Gewissen handelt. Aber hier reden wir eben auch von einer externen Zwangssituation, bei dem der Ehrbegriff der Gruppe als Druckmittel verwendet wird, eine Handlung zu erzwingen.