1 Euro Jobber als Wachleute?
08.01.2012 um 13:08
Ich möchte nochmal etwas die Geschichte ausführen, wie sich solche Problemschulen meiner Beobachtung nach häufig entwickeln:
Also ich hab bisher noch kein Kind kennengelernt, dass, sobald es laufen konnte, sofort andere verprügelt hat.
Diese Einstellung, alles mit Gewalt zu lösen, kommt vielmehr durch Erlernen zu Stande - bzw. durch Nicht-Erlernen von anderen Möglichkeiten der Konfliktlösungen.
Oftmals besteht in den Familien, aus welchen die Kindern kommen, Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Selbstverständlich heißt das nicht automatisch, dass Arbeitslose Kinder nicht gut erziehen können, das auf keinen Fall.
Jedoch läuft es leider häufiger so, dass der Vater die ganze Zeit zu Hause sitzt, weil er keinen Job hat, er langweilt sich, möglicherweise ist er auch wütend über seine Situation, trinkt, hängt mit ebenfalls arbeitslosen Kumpels an der Bahnhaltestelle rum...
Jedenfalls ist er kein Vorbild für das Kind, wie er es eigentlich sein sollte. Normalerweise sollten Eltern Kindern unter anderem einen gewissen Leistungswillen beibringen, ihnen vorleben, dass man mit Engagement und anständiger Ausbildung auch was erreichen kann.
Zudem sollten sie ihnen beibringen, dass man sich nicht nur immer mit der Faust behauptet.
Wird das nicht gemacht, bringt man den Kindern aus Desinteresse keine Werte bei oder eben nur die Werte:,,Guckt jemand dumm, hau ihn um", wenn die Eltern sogar selbst gewalttätig sind, dann handelt das Kind auch dementsprechend.
Dann merkt es sich, dass man Probleme mit Gewalt löst. Eltern machen das so, Freunde in der gleichen Situation machen es genau so, also macht man es auch, wenn man kann.
Es fehlen dann allein schon Wille und Fähigkeit, in die Schule zu gehen, anständig zu lernen, was aus sich zu machen und andere Konfliktlösungen als Gewalt anzuwenden.
Das setzt sich dann nach unten fort, die älteren, dominanteren Schüler leben den jüngeren ihre Art vor, die machen es nach und sind dann wiederum Vorbilder für neue Schüler.
Als Lehrer kannst du da kaum was machen, nicht unter den gegenwärtigen Bedingungen im Bildungssystem.
Schüler, die nur das Recht des Stärkeren kennen, nur Respektlosigkeit gegenüber angeblichen Autoritätspersonen, denen noch nie Grenzen gesetzt wurden, kann man nicht einfach mal so in 45 Minuten oder in 90 wirklich erreichen.
Das ist einfach viel, viel zu wenig Zeit, um ihnen Sozialverhalten, ethische Werte und dann auch noch Bildungsinhalte zu vermitteln, wenn sie vorher nur völlig anderes kannten.
Wer deshalb meint, die Lehrer wären so schlecht und unfähig, der hat schlicht und einfach keine Ahnung vom Berufsalltag und sollte sich mit solch unqualifizierten Äußerungen zurückhalten.
Und nein, eigene Schulzeit oder mal eine Elternsprechstunde reichen nicht, um sich ein wirkliches Bild vom Alltag der Lehrer machen zu können.
Da müssen Lehrer an manchen Schulen mit fertig werden, dass ein Schüler, wenn er überhaupt zum Unterricht kommt, einfach mal im Unterricht mit dem Handy telefoniert und dem Lehrer, wenn dieser das Handy einkassieren will, eine klatscht oder ihn anschreit, was ,,der dumme Wichser" sich eigentlich erlaube.
Und dagegen kann der Lehrer so gut wie nichts machen. Strafarbeiten verteilen? Nachsitzen? Zum Direktor? Das funktioniert auf Schulen mit einem relativ hohen Sozialniveau vielleicht. Aber nicht in Brennpunktschulen.
Eltern informieren? Die sind entweder desinteressiert, überfordert oder kommen wutentbrannt vorbei und echauffieren sich, wie man seinem Kind ,,sein Eigentum" wegnehmen könne.
Man kann von Lehrern nicht verlangen, dass sie grundlegendste Erziehungsaufgaben übernehmen. Das geht einfach nicht unter den gegenwärtigen Verhältnissen. Will man so etwas anstreben, dann müssen zwingend mehr Leute her und mehr Zeit und Möglichkeiten für den Umgang mit den Schülern.
Dann mal zum Stichwort Respekt: Der Respekt vor Personen wie Lehrern oder Polizei oder Richtern ist nicht mehr vorhanden, weil Jugendliche immer nur sehen, dass ihnen nichts weiter passiert.
Eltern kümmert es nicht, wenn ein Anruf von der Schule kommt, den Polizisten, der einen gestern wegen Körperverletzung festgenommen hat, sieht man schon am nächsten Tag wieder und kann ihm hämisch grinsend zuwinken, der Richter hat nur mit dem erhobenen Zeigefinger gewedelt und gesagt, er will einen nicht noch einmal sehen - was sind das denn für Botschaften?
Das bringt allein die Botschaft rüber:,,Mir kann keiner was. Ich kann machen, was ich will, klauen, Idioten auf`s Maul hauen und sie abziehen, Drogen verticken, Strafe krieg ich eh nicht."
Ohne Respekt aber kann man Kinder und Jugendliche nicht erziehen.
Respekt muss keinesfalls Angst bedeuten und muss nicht durch drakonische Strafen erzwungen werden.
Jedoch muss klar sein, wer der Chef ist und warum, es muss klar sein, dass man Lehrer und Polizisten nicht einfach beschimpft und verachtet und aus Prinzip sich allem verweigert.
Respekt müssen die zu Respektierenden sich einerseits erarbeiten, andererseits müssen aber auch spürbare Sanktionen vorhanden sein. Nicht nur 1 Woche Ausschluss vom Unterricht (=Urlaub) oder richterliche Verwarnung (=das druck ich mir auf`s T-Shirt).
Dann eine Geschichte, die man auch ansprechen muss:
In Familien mit ausländischem Hintergrund, die einen niedrigen Bildungsgrad und ein niedriges, soziales Niveau haben, bestehen häufig gesonderte Probleme.
Die Eltern sind noch der alten Kultur verhaftet und können oft kein oder nur sehr schlechtes Deutsch. Das führt dazu, dass man Jungen oft sehr, sehr viel durchgehen lässt, schließlich war`s zu Hause auch so und eigentlich versteht man auch gar nicht so richtig, was das Kind überhaupt angestellt hat.
Deutsch wird wenig gesprochen, kann wegen fehlender Fähigkeiten nur wenig gesprochen werden, was heißt, dass die Kinder oft schon mit ziemlichen, sprachlichen Defiziten in die Grundschule kommen und bald Schwierigkeiten haben, den Unterricht sprachlich zu verstehen - selbst wenn sie kognitiv eigentlich intelligent genug wären.
Dies führt zu Frust, es führt dazu, dass man zurück bleibt hinter den anderen (vielleicht noch unterstützt dadurch, dass auch andere Schüler nicht gut Deutsch können, aber dafür die eigene Sprache), die Leistungen und der Leistungswille sinken und am Ende bleibt nur noch Hauptschule oder ähnliches.
Die Eltern können aufgrund sprachlicher Defizite auch nicht helfen, sie verstehen zu wenig vom Schulsystem oder bei Elterngesprächen oder es interessiert sie auch schlicht nicht bzw. Frauen bekommen nicht die Erlaubnis, zu solchen Treffen zu gehen.
Man sieht also, wieviel an der Sprache hängt.
Deshalb bin ich übrigens auch klar dafür, verpflichtende, qualitativ gute Deutsch-Kurse anzubieten. Diese Angelegenheit und die daraus resultierenden Folgen sind zu wichtig, als dass man nur auf pure Freiwilligkeit und guten Willen setzt.
Was wir brauchen, sind nicht Wachmannschaften und eventuell irgendwann amerikanische Verhältnisse, wo echte Polizisten mit einer Sicherheitsschleuse am Eingang warten und jeden auf Pistolen, Messer, Schlagringe und andere Waffen filzen müssen.
Vielmehr brauchen wir wieder eine Kultur von Erziehung, nicht bloß Angebote und guten Willen, sondern auch klare Regeln und ein gewisses Maß Zwang.
Eltern sollten nach Möglichkeit auch gezwungen und dabei unterstützt werden, ihre Kinder vernünftig zu erziehen, Kinder und Jugendliche müssen von klein auf wieder klare Werte gelehrt und vorgelebt bekommen, Werte wie gegenseitigen Respekt, Rücksichtnahme, Konfliktlösung auch ohne Gewalt und so weiter.
Dann bekämpfen wir wirklich die Basis der Probleme und versuchen nicht nur, ein wenig Kosmetik zu betreiben mit Ideen wie Wachdiensten an Schulen.