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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

3.317 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Skandal, NPD ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

07.12.2019 um 21:58
@kiki1962

Erst mal ein Disclaimer: Ich finde, das war auch ein Unding und was passierte, kann nicht im Sinne des Erfinders sein!


Letztendlich subsumiere ich aber: Ok. Das war jetzt ein spezifischer Fall, der auch schon was her ist.

Ich müsste jetzt recherchieren oder mutmaßen (Dunkelziffer), wie oft das noch vorgekommen sein könnte wo es belegt ist oder eben nicht. Das wird aber mit vermutlich hoher Wahrscheinlichkeit nur eine Teilmenge sein. Du wirst andere Fälle haben wo solche Informanten und Co. vermutlich wertvolle Arbeit leisten und vielleicht hat so was schon woanders Anschläge oder größere Probleme verhindert. Ich stelle mal die provokante Gegenfrage, ob du dieses ganze Informantenwesen bei Polizei und VS jetzt abschaffen willst, weil es in einer Teilmenge der Fälle zu Fehlern kam oder man auch von mir aus auf gut Deutsch grandios verkackt hat.

Willst du?


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

07.12.2019 um 22:02
@Warden
ja - will ich der VS hat versagt.
Weder "schützte" er die Verfassung noch das Leben von anderen.
Das ist kein DKavalierselikt oder als "Kollateralschaden" zu sehen.

Wie andere Behörden arbeiten und "undercover" einsetzen zum Thema Drogen, mafiöse Strukturen läuft sicher anders ab.

das gehört nicht hier in die Diskussion.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

07.12.2019 um 22:04
Na dann. Letztendlich soll (aus meiner Sicht) die Fachaufsicht wie auch die parlamentarische Kontrolle letzten Endes entscheiden ob das gewinnbringend ist oder nicht.

Aus meiner Sicht hat es wenig Sinn die Flinte ganz ins Korn zu werfen weil es zu Fehlern in einem spezifischen Fall bzw. einer Fallkonstellation (wie Thür. HS oder NSU) kam. Dann optimiert man es, wenn es am Ende doch irgendwo gewinnbringend ist, und stampft nicht alles ein. Und wenn nicht (was dann die entsprechenden Ministerien und Politiker, Gremien usw. entscheiden mögen), dann wird eben eingestampft.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

07.12.2019 um 22:56
@Warden
Kann Dir nur zustimmen. In manche Szenen kann die Polizei oder der VSchutz gar keine eigenen Leute einschleusen oder es würde Jahre dauern. Und so Aktionen gingen schon gut in die Hose, siehe Celler Loch. Somit ist der Gedanke, das abzuschaffen, naiv.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

07.12.2019 um 23:50
@Warden
der VS ist jenseits von Aufsichten. Es ist ein Geheimdienst und die V-Männer stehen unter dem Schutz dieser Behörde. Der Quellenschutz ist fragwürdig.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

12.12.2019 um 10:10
@kiki1962
Der Quellenschutz kann überlebenswichtig sein.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

24.02.2020 um 21:01
@abberline
In welcherlei Hinsicht meinst du das genau?


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

24.02.2020 um 21:11
@Glitter
Wenn Geheimdienste anfangen würden, ihre Quellen zu nennen, kann das zum einen für besagte Quellen und deren Familien lebensgefährlich sein, als auch für einen Vertrauensverlust sorgen, so dass es evtl in anderen Fällen keine Quellen mehr gibt. Ich mein da jetzt nicht unbedingt gezielt diesen Fall, sondern generell. So wurden zb schon einige Anschläge jeglicher Coleur in D verhindert.
Dass nicht immer alles ganz sauber läuft, wissen wir seit RAF Zeiten (der Schmücker Mord etc) und noch früher. Geheimdienste und VLeute sind nicht unbedingt Engelchen. Aber wichtig sind sie.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

25.02.2020 um 14:04
Naja, man könnte auch alle Behörden die mit sensiblen Quellen arbeiten gleich in diesen Bereichen abschaffen, wenn man das alles unüberlegt in die Welt posaunt - zudem sich künftige Leute auch die Frage stellen würden, ob sie das überhaupt noch machen sollen wenn sie risikieren aufzufliegen, weil es in der Vergangenheit immer rumposaunt wurde.

Gewisse Informationsquellen (auch jene die mit Tücken daherkommen mögen) sind halt kritisch und auch kritisch zu behandeln, sonst machen die Leute das nicht mehr. Nicht alle mögen auf Dauer nützlich sein, das hat ja schon die Vergangenheit gezeigt weil manche auch die Szene finanziert haben (TB in Thüringen) aber man geht damit künftig sicherlich anders um um das Risiko zu reduzieren. Und an sich sind solche Quellen halt relevant.

Ich sehe das persönlich zwiegespalten / differenziert, grundsätzlich halte ich es aber für wichtig. Polizeien und Sicherheitsbehörden brauchen so etwas im Schnitt nun mal. Wichtig ist, dass es so geregelt ist, dass es abstrakte Risiken zum Nachteil der Bürger oder zum Nachteil des Kerngedankens dahinter eben soweit wie möglich ausschließt - also dass man z.B. mit der Kohle eben nicht im Sinne der Szene hantiert und die damit eigentlich stärkt, oder falsche irreführende Infos gibt um auf eine falsche Fährte zu locken.

Ich denke das wird man aber so langsam nach den diversen Skandalen oder Fehltritten auf dem Schirm haben müssen. Druck der Öffentlichkeit bzw. des Parlaments wird auch in jene Bereiche hineinwirken und alle Behörden haben laut Verfassung auf gesetzlicher Grundlage zu handeln. Auch VS/MAD/BND werden da neben der Polizei keine schwarzen Löcher sein, denke ich. Oder nicht mehr, wenn es denn vorher der Fall war.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

05.03.2020 um 21:15
man möge mich korrigieren, falls ich etwas verpasst habe, aber soweit mir bekannt, liegt die schriftliche Urteilsbegründung bzgl. des Urteil gegen Zschäpe noch immer nicht vor und daher hat die Frist für Revisionsanträge noch nicht begonnen hat und das Urteil ist noch nicht rechtskräftig ist?

Wenn ich § 275 StPO richtig interpretiere, müsste die Frist sehr bald ablaufen (11. Juli 2018 + 93 Wochen Frist)?


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

12.04.2020 um 15:11
ich antworte mal mir selbst mit einem Artikel der Süddeutschen, der meine Vermutung bestätigt: am 22. April, also in zehn Tagen muss die Urteilsbegründung spätestens veröffentlicht und den Prozessbeteiligten zugestellt werden:

https://www.sueddeutsche.de/politik/muenchen-justiz-nsu-prozess-urteilsbegruendung-1.4834179
Bald ist der historische Prozess gegen die rechtsradikale Terrorbande NSU zwei Jahre her. Doch noch immer gibt es kein schriftliches Urteil. Noch immer können die Verteidiger das Urteil nicht beim Bundesgerichtshof (BGH) überprüfen lassen. Noch immer herrscht keine Rechtssicherheit. Denn die fünf Richter des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts München arbeiten noch akribisch an ihrer Urteilsbegründung. Findet der BGH dort auch nur einen kleinen formalen Fehler, könnte den Richtern das ganze Urteil gegen Beate Zschäpe und ihre vier Mitangeklagten um die Ohren fliegen. In München weiß man, was das heißt: Der BGH hob 2002 ein Urteil in einem Mafia-Prozess auf, weil durch eine falsche Formulierung im Protokoll die Rechte des Angeklagten verletzt zu sein schienen.

Vom Tag des mündlichen Urteils am 11. Juli 2018 an hatte das Gericht im NSU-Verfahren genau 93 Wochen Zeit, das schriftliche Urteil zu verfassen. Diese 93 Wochen enden am 22. April. Werden die Richter bis dahin nicht fertig, ist das Urteil hinfällig, der Prozess müsste von vorn beginnen. Die zu lebenslang verurteilte Zschäpe würde auf freien Fuß gesetzt - denn die Verspätung des Gerichts dürfte nicht zu ihren Lasten gehen.
doch es wird wohl kräftig daran gearbeitet:
Doch so weit wird es wohl nicht kommen. Man sieht die Richter des 6. Strafsenats täglich im Gericht, sie arbeiten, das wird dort bestätigt. Der Vorsitzende Richter ist noch dabei, obwohl er längst zum Vizepräsidenten des Bayerischen Obersten Landesgerichts befördert wurde.
was ich angesichts der offenbar restlosen Ausschöpfung der 93 Wochen Frist und auch angesichts des erwarteten Urteilsumfang, irritierend finde, ist die Tatsache, dass die Prozessbeteiligten unverändert nur die immergleichen vier Wochen Frist haben, um dies nun zu lesen, zu prüfen und Revisionsanträge zu stellen:
Es wird ein Urteil von Gewicht - auch im wörtlichen Sinne. Schon die Anklage der Bundesanwaltschaft umfasste 480 Seiten, das Urteil selbst "könnte schon umfangreich werden", sagt der Gerichtssprecher. Sehr umfangreich sogar. An die 2000 Seiten könnte es haben, sagen Juristen. Dazu kommt ein Konvolut von 6152 Anträgen, die alle während des Prozesses gestellt worden sind. Sie werden dem Protokoll beigefügt. Die längsten umfassten an die 30 Seiten. Selbst wenn man nur von fünf Seiten je Antrag ausgeht, kommt man auf 30 000 Seiten. Um sie zu fassen, sind 60 Aktenordner nötig.
...
Doch die schiere Menge ist die geringste Sorge der Verteidiger. Ihnen geht es vor allem um die kurze Frist, die sie haben, um Tausende Seiten zu prüfen. Statt 93 Wochen wie das Gericht haben sie genau vier Wochen Zeit, um Fehler zu finden und die Revision vorzubereiten. 93 zu vier - ein Ungleichgewicht, das bei diesem historischen Prozess besonders deutlich wird.



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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

13.04.2020 um 03:24
Aus dem Link von @otternase
Statt 93 Wochen wie das Gericht haben sie genau vier Wochen Zeit, um Fehler zu finden und die Revision vorzubereiten. 93 zu vier - ein Ungleichgewicht, das bei diesem historischen Prozess besonders deutlich wird.
Das ist eigentlich nicht ok und sollte definitiv erweitert werden, wenn es sich um Prozesse handelt, bei denen das Urteil allein mehrere Tausend Seiten umfassen kann. Der Zeitaufwand für die Prüfung ist enorm, in vier Wochen kaum zu bewältigen, selbst wenn sich eine Gruppe damit befaßt. Die Zschäpe ist mir in dem Fall völlig egal, ein gewisses zeitliches Gleichgewicht sollte aber dennoch gegeben sein, was die Fertigstellung und auch Prüfung des Urteils angeht.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

13.04.2020 um 19:39
Zitat von Photographer73Photographer73 schrieb:Aus dem Link von @otternase

Statt 93 Wochen wie das Gericht haben sie genau vier Wochen Zeit, um Fehler zu finden und die Revision vorzubereiten. 93 zu vier - ein Ungleichgewicht, das bei diesem historischen Prozess besonders deutlich wird.

Das ist eigentlich nicht ok und sollte definitiv erweitert werden, wenn es sich um Prozesse handelt, bei denen das Urteil allein mehrere Tausend Seiten umfassen kann. Der Zeitaufwand für die Prüfung ist enorm, in vier Wochen kaum zu bewältigen, selbst wenn sich eine Gruppe damit befaßt. Die Zschäpe ist mir in dem Fall völlig egal, ein gewisses zeitliches Gleichgewicht sollte aber dennoch gegeben sein, was die Fertigstellung und auch Prüfung des Urteils angeht.
Ob Dir das nun gefällt oder nicht, die Revisionsfrist von einem Monat ist rechtsverbindlich! Siehe § 548 ZPO Revisonsfrist und Folgende.
Der NSU- Prozess ist nicht der erste Prozess in der bundesrepublikanischen Rechtssprechung, der sich über einen sehr langen Zeitraum zieht und aufgrund der komplizierten Rechtslage, Tatgeschehen, mehrfachen Verteidigerwechsel, Zeugenanhörungen, Nebenklage usw. zu einer sehr ausgedehnten Urteilsbegründung führt. Nicht zuletzt dauert die Niederlegung der Urteilsbegründung deshalb so lang, weil jede einzelne Formulierung bestand vor der nächst höheren Instanz haben muss.
Auch ich bin durchaus der Meinung, dass es dem Verteidigerteam nicht leicht fallen wird, in so kurzer Zeit, den gesamten Akt durchzuarbeiten. Allerdings besteht gemäß ZPO die Möglichkeit, die Revisionsbegründung zu einem deutlich späteren Zeitpunkt (zwei Monate nach Einreichung des Antrages auf Revision, - rein rechnerisch sind wir da schon bei 3 Monaten Zeit, um die Urteilsbegründung durchzuarbeiten- ) einzureichen. §551 ff. ZPO.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

13.04.2020 um 19:58
@Snayder
dass das der geltenden Rechtslage entspricht und dass hier weder für noch gegen Zschäpe eine Extrawurst gebraten wird, ist klar.

Aber völlig unabhängig von dem konkreten Fall sehe ich es wie @Photographer73 und wie auch in der SZ angedeutet: die bei "normalen" Prozessen sinnvollen Regeln für Fristen geraten so weit ins Extrem geführt wie hier in diesem Mammutprozess in nicht mehr sinnvolle Regionen. Weder die 93 Wochen Frist für die Urteilsbegründung als Folge einer mit der Länge des Prozesses linear steigenden Frist, die hier offenbar restlos ausgeschöpft werden noch die völlig vom Umfang des Prozesses und der Urteilsbegründung unabhängige Frist von vier Wochen für Revisionsanträge (die ja nicht nur für die Verteidigung, sondern auch zB. für Nebenkläger gilt) sind einzeln, und schon gar nicht in Kombination sinnvolle Fristen.
Fair wäre es, wenn diese Fristen aneinandergekoppelt würden (wenn es n Wochen dauert, ein Urteil zu begründen, dann ist es plausibel, dass es ebenfalls n Wochen dauert, das Urteil nachzuvollziehen und zu prüfen), aber die Frist für die Urteilsbegründung nicht linear mit der Prozessdauer steigt, sondern nach oben gedeckelt wird, zB. auf maximal ein halbes Jahr (wenn Richter sich in der Lage fühlen, aus einem Mammutprozess am Ende ein klares Urteil zu fällen, dann sollten sie auch in der Lage sein, dieses in endlicher Zeit zu begründen, schliesslich sollen sie da ja "nur" noch die Begründung niederschreiben, nicht sich hinterher nach dem Urteil eine passende Begründung für das Urteil ausdenken, die Richter sollten spätestens zum Urteil daher die Urteilsbegründung fertig abgewogen im Kopf haben und "nur" ausformuliert zu Papier bringen müssen...)


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

13.04.2020 um 21:13
@otternase
Ich stimme Dir dahingehend zu, dass eine 93 wöchige Frist zur schriftlichen Urteilsbegründung nicht unbedingt in einem gesunden Verhältnis zur Monatsfrist für die Einlegung der Revision steht. Wie bereits genannt, sind noch weitere 2 Monate für die Revisionsbegründung möglich.
Möglicherweise bietet dieser Prozess auch die Chance, dieses Mitßverhältnis entsprechend in juristischen Fachgremien zu diskutieren und weitere Strategien für zukünftige Prozesse ähnlicher Dimension zu erarbeiten.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

14.04.2020 um 07:09
Zitat von SnayderSnayder schrieb:Ob Dir das nun gefällt oder nicht, die Revisionsfrist von einem Monat ist rechtsverbindlich! Siehe § 548 ZPO Revisonsfrist und Folgende.
Zitat von SnayderSnayder schrieb:Allerdings besteht gemäß ZPO die Möglichkeit, die Revisionsbegründung zu einem deutlich späteren Zeitpunkt (zwei Monate nach Einreichung des Antrages auf Revision, - rein rechnerisch sind wir da schon bei 3 Monaten Zeit, um die Urteilsbegründung durchzuarbeiten- ) einzureichen. §551 ff. ZPO.
Ups, das ist leider voll daneben. Denn bei dieser hier zitierten Sachlage handelt es sich um Revisionen in Zivilverfahren, für die die Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO) massgeblich sind.

Hier aber geht es um ein Strafverfahren, und da gilt nicht die ZPO, sondern die Strafprozessordnung (StPO). Und die schreibt vor:
(1) 1Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. 2War zu dieser Zeit das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung.
§ 345 StPO

https://dejure.org/gesetze/StPO/345.html

Viele Juristen sind wie ich der Meinung, dass hier der Gesetzgeber fahrlässig gehandelt hat, vermutlich weil er sich solche Mammutprozesse nicht vorgestellt hat. Zwar hat das Gericht eine Möglichkeit, das Urteil je nach Verfahrenslänge später als in der üblichen Frist schriftlich zuzustellen, auf die Revisionsbegründungsfrist nach § 345 hat das aber keinen Einfluss. Der Gesetzgeber hat hier anders als in Zivilverfahren geregelt. Das wird, wie gesagt, durchaus von vielen Juristen auch sehr nachvollziehbar kritisiert, aber so lange der Gesetzgeber oder eventuell eines Tages mal das Bundesverfassungsgericht dazu etwas anderes sagt, ist das geltendes Recht, das auch der BGH immer wieder bestätigt hat.

Hier dazu ein prägnanter Kommentar eines Juristen:
Urteile in Strafprozessen sind sehr häufig -oft nicht zu Unrecht- Kritik ausgesetzt.

Kommt die Kritik von den Verfahrensbeteiligten (Staatsanwaltschaft, Verteidigung, Angeklagter, Nebenkläger) besteht die Möglichkeit gegen dieses Urteil Rechtsmittel einzulegen (für den Nebenkläger nur unter bestimmten Umständen, § 400 StPO).

Wurde das Urteil durch das Landgericht oder das Oberlandesgericht gesprochen, ist gegen dieses gemäß § 333 StPO nur noch das Rechtsmittel der Revision zulässig. Im Rahmen der Revision wird das Urteil mithilfe von sogenannten Sach- und Verfahrensrügen auf Rechtsfehler überprüft.

Eingelegt werden muss die Revision, wie auch die Berufung oder das unbestimmte Rechtsmittel, binnen einer Woche nach der Verkündung des Urteils bei dem Gericht eingelegt werden, dass das Urteil verkündet hat (§ 341 Abs. 1 StPO). Etwas anderes gilt nur, wenn das Urteil -in bestimmten Fällen- in Abwesenheit des Angeklagten verkündet wurde. Dann beginnt die einwöchige Frist mit der Zustellung des Urteils.

Ist die Revision eingelegt, ändert dies zunächst am weiteren Ablauf nichts. Es ist nun die Aufgabe des Gerichts das zuvor mündlich verkündete Urteil zu verschriften und unverzüglich zu den Akten zu bringen wie es in § 275 Abs. 1 StPO heißt.

Die Höchstfrist binnen der das schriftliche Urteil zu den Akten gelangen muss, beträgt zunächst 5 Wochen ab Verkündung.

Allerdings verlängert sich diese Frist je nach dem wie lange die Hauptverhandlung gedauert hat. So beträgt die beschriebene Frist, wenn die Hauptverhandlung mehr als 3 Tage gedauert hat, nach § 275 Abs. Satz 2, 2. Halbsatz StPO bereits 7, statt 5 Wochen. Dauerte die Hauptverhandlung noch länger, verlängert sich auch die Frist immer weiter.

Hierzu ein Beispiel:

Fand die Hauptverhandlung an 92 Tagen statt, sind zur "Grundfrist" von 5 Wochen für jeden begonnenen Abschnitt von 10 Hauptverhandlungstagen weitere 2 Wochen hinzuzuaddieren (§ 275 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz StPO). Damit verlängert sich die Frist zur Absetzung des schriftlichen Urteils auf 25 (!) Wochen.

Demgegenüber verlängert sich die Revisionsbegründungsfrist nicht. Sie beträgt nach § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO immer einen Monat und beginnt mit der Zustellung des Urteils.

Dies bedeutet, dass auch wenn das Gericht u.U. mehrere Jahre Zeit hat um das schriftliche Urteil fertig zu stellen, bleibt dem Angeklagten bzw. dessen Verteidiger nur ein Monat um die eingelegte Revision zu begründen.

Dies führt zu schwerwiegenden Problemen und muss als unfair im besten Wortsinne bezeichnet werden.

Anders als eine Berufung, die, wird sie nicht beschränkt, zu einer neuen Hauptverhandlung mit allen prozessualen Möglichkeiten (z.B. Beweisantragsrecht etc.) führt, führt die Revision nur zur Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler.

Das bedeutet die Revisionsbegründung muss -vereinfacht ausgedrückt- mögliche Rechtsfehler herausarbeiten. Während dies bei der sogenannten Sachrüge, also der Rüge der Verletzung des materiellen Rechts noch relativ einfach ist, da diese nicht ausgeführt werden muss, ist dies bei den sogenannten Verfahrensrügen sehr kompliziert und zeitaufwendig.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellt derart hohe Anforderungen an die Begründung der Verfahrensrügen, dass es auch erfahrenenen Experten im Revisionsrecht in einigen Fällen nicht gelingt, diese zu erfüllen. Dabei müssen die Verfahrensfehler zumeist nur mit dem schriftlichen Urteil und dem Protokoll der Hauptverhandlung begründet werden. Eine Beweisaufnahme oder Ähnliches findet nicht statt.

Das Problem dürfte nun deutlich ersichtlich sein.

Man stelle sich nur vor, ein Urteil welches sich mit 92 Tagen Beweisaufnahme auseinandersetzt geht in der Kanzlei des Verteidigers ein. Allein ein solches, häufig mehrere hundert Seiten umfassendes Urteil durchzuarbeiten und auf Fehler zu prüfen, erfordert vollste Aufmerksamkeit und vor allen Dingen Zeit.

Dann muss ein entsprechender Entwurf gerfertigt, erörtert und angepasst werden. Nebenbei laufen jedoch auch andere Verfahren. Selbst eine hochspezialisierte Kanzlei stößt hier schnell an Grenzen.

Schließlich ist diese Ungleichbehandlung auch nicht zu begründen, so dass dringend zu fordern ist die Revisionsbegründungsfrist an die Urteilsabsetzungsfrist zu knüpfen.
https://www.benjamin-lanz.de/2019/03/16/der-tag-hat-24-stunden-urteilsabsetzungsfrist-vs-revisionsbegr%C3%BCndungsfrist/ (Archiv-Version vom 25.09.2020)

Das sind die Momente, an welchen jeder Revisionsexperte in den Notfallmodus schaltet, ich habe das in meiner Karriere auch schon machen müssen: Alle Kollegen müssen alles andere möglichst stehen und liegen lassen, wir besorgen die doppelte Menge Kaffee für die Kanzlei, als üblich, und wir arbeiten 12 oder mehr Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, an dieser Revisionsbegründung. Eine meiner Kolleginnen hat schon mal mehrere Nächte durchgearbeitet und ein paar Stunden unter dem Schreibtisch geschlafen. :)


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

14.04.2020 um 12:38
@Rick_Blaine
Was sicherlich fehlt, ist eine Möglichkeit, den Umständen nach eine flexiblere Handhabung zu ermöglichen (Fristverlängerung).
Aus der anderen Seite ist eine Urteilsbegründung dem Wesen nach wesentlich aufwändiger, als eine Begründung für eine Revision. Ein "Vergleich" von 93 Wochen zu einem Monat verbietet sich da eigentlich.

Die Frage ist letztlich: Gibt es Fälle, in denen ein Monat nicht genügte, eine Revisionsbegründung ordnungsgemäß zu verfassen. Wurden die Rechte der Prozessbeteiligten auf ein faires Verfahren verletzt, weil eine Revision aus unvermeidbarem Zeitmangel faktisch nicht eingelegt werden konnte.
12-Stunden-Tage sind sicherlich unangenehm, aber in Kanzleien, die solche Mammutfälle bearbeiten, nicht ungewöhnlich. Klar scheidet hier die kleine Kanzlei, die noch X weitere Fälle parallel bearbeiten muss, um ihre Brötchen zu verdienen, aus. Aber das ist ein anderes Problem.
Anwälte, die solche Fälle typischerweise bearbeiten, werden in aller Regel hinreichend dafür bezahlt und die Kanzlei gewinnt mit solchen Fällen gewöhnlich an Renommee.
Es ist in meinen Augen (und ich kann da fachlich mitreden), ein eher begrenztes Problem.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

15.04.2020 um 02:50
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Die Frage ist letztlich: Gibt es Fälle, in denen ein Monat nicht genügte, eine Revisionsbegründung ordnungsgemäß zu verfassen. Wurden die Rechte der Prozessbeteiligten auf ein faires Verfahren verletzt, weil eine Revision aus unvermeidbarem Zeitmangel faktisch nicht eingelegt werden konnte.
Nun, gerade in unserem Fall hier halte ich es durchaus für möglich, dass der Zeitdruck nicht die beste aller denkbaren Revisionsbegründungen erlaubt, gerade weil ich denke, dass es unzählige Argumente für eine Revision in diesem Fall gibt.

Aber auch generell denke ich, der Gesetzgeber sollte die Möglichkeit einer Fristverlängerung einräumen, schon aus Gründen der Fairness. Im Zivilverfahren funktioniert's ja auch.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

15.04.2020 um 03:22
Aber auch generell denke ich, der Gesetzgeber sollte die Möglichkeit einer Fristverlängerung einräumen, schon aus Gründen der Fairness.
Ich sehe das auch so. In dem konkreten Fall habe ich zwar keinerlei Mitleid mit der Mörderin Zschäpe, aber an Fairness darf es bei Mordprozessen niemals mangeln.

Ich gehe davon aus, dass die Urteilsbegründung sehr viel länger ausfällt als dies üblicherweise der Fall ist. Und es ist halt schon ein Unterschied, ob man innerhalb eines Monats 100 oder 1000 Seiten lesen muss.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

15.04.2020 um 03:28
Zitat von ZarastroZarastro schrieb:Und es ist halt schon ein Unterschied, ob man innerhalb eines Monats 100 oder 1000 Seiten lesen muss.
Genau, und nicht nur lesen, sondern auch verstehen, bewerten, und dann eine entsprechende Antwort auf gefundene Probleme formulieren, nachdem man diese juristisch erst einmal eruiert hat. Das ist nicht gerade einfach.

Ich habe vor 3 Monaten in einer ganz anderen Sache einen Antrag erstellt und mit entsprechenden Gutachten usw. eingereicht, das Gesamtpaket umfasste knapp 1000 Seiten. Dann hatte ich meinem Mandanten gesagt, so, für das nächste halbe Jahr wird erst einmal gar nichts passieren. Eine Woche später wurde unser Antrag genehmigt. Ich wette eine ganze Runde meines Lieblingsbieres, dass das ganze Paket nicht gelesen wurde. :D


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