"AAA"-Staaten unter Druck:
Europa zittert vor der Kernschmelze
Die Krise frisst sich durch Europa und greift Staaten an, die bis eben als gesund galten. Eine Waffe gibt es noch: die geldpolitische Bazooka der EZB. Ihr Einsatz aber ist gefährlich.
Mal wieder erlebte Europa einen Horrortag mit Horrornachrichten über horrende Zinsen. Mal wieder ließen Investoren diverse Euro-Länder in den finanziellen Abgrund schauen, indem sie Renditen für Staatsanleihen in ungeahnte Höhen katapultierten. Mal wieder griffen Spitzenpolitiker der Europäischen Union (EU) tief in die Schublade mit der Aufschrift "Pathos": "Wir müssen für unsere Wirtschafts- und Währungsunion kämpfen", beschwor EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Gemeinschaft und verkündete: "Das ist die Stunde der Wahrheit."
Und dennoch war es mehr als nur einer dieser Horrortage, an die sich Europa inzwischen gewöhnt hat. Der Kontinent erlebte vielleicht den Beginn seiner Kernschmelze - der finanziellen und womöglich auch der politischen. Erstmals setzten Anleger dem Währungsraum auf breiter Front zu. Die Euro-Retter mussten zusehen, wie Investoren - eine unheilvolle Allianz aus Spekulanten und Panikverkäufern - diverse Staaten vor sich hertrieben und so taten, als existiere der auf 1000 Milliarden Euro gehebelte Schutzschirm für die Währung nicht. "Die Seuche steckt mehr und mehr den Kern der Euro-Zone an", befand Commerzbank-Marktexperte David Schnautz.
Wie ein Bazillus
Zwar beruhigte sich die Lage am Mittwoch zwischenzeitlich wieder - wie so oft nach Horrortagen - aber ob es mehr als eine technische Erholung ist? Die Krise breitet sich aus wie ein gefährlicher Bazillus, gegen den Forscher trotz intensivster Bemühungen kein Gegenmittel finden, und erfasst Länder, die bis eben als gesund galten. So viel kann die EZB kaum nachkaufen. Getroffen hat es jetzt nicht nur die Wackelkandidaten Spanien und Italien, sondern auch Belgien und die "AAA"-Staaten Österreich, Frankreich, Finnland und die Niederlande. Die Renditeabstände zwischen zehnjährigen deutschen Bundes- und Staatsanleihen jener Länder erreichten Rekordstände. Die Zinsen für langlaufene italienische Anleihen stiegen wieder auf mehr als sieben Prozent - und damit über die Schwelle, ab der sich ein Land auf Dauer nicht genügend frisches Geld beschaffen kann, um seine Kredite samt Zinsen zurückzuzahlen und den Staatsapparat am Leben zu halten. Auch Kreditausfallversicherungen verteuerten sich. Kurzum, jetzt passiert genau das, was die Staatengemeinschaft unter allen Umständen vermeiden wollte: Nicht nur der Peripherie, auch Kerneuropa droht der Finanz-GAU.
EU-Ratspräsident van Rompuy, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker machten am Mittwoch vor dem EU-Parlament in Straßburg noch einmal deutlich, dass der Euro um jeden Preis verteidigt werden soll. Barroso warnte vor einer "systemischen Krise". Doch in den Märkten hat sich inzwischen der Argwohn tief eingenistet, weil Europa zu lange braucht, klar Schiff zu machen.
Analysten verweisen bei der Suche nach den Gründen für die jüngsten Massenverkäufe auf die quälend langsamen und schwierigen Regierungsbildungen in Griechenland und Italien. "Das spiegelt ein Misstrauen gegen die Währungsunion als ganzes wider", fasste Helaba-Analyst Ulrich Wortberg zusammen.
Auch an anderer Stelle zeigte die Staatengemeinschaft am Horrortag, wie schwierig sie sich tut, markigen Worten Taten folgen zu lassen. Obwohl die Europäer - jüngst wieder nach der S&P-Panne um Frankreich - die Macht der Ratingagenturen brechen oder wenigstens beschneiden wollen, konnten sie sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.
EZB greift schon wieder ein
Eine wirksame Waffe hat der Kontinent noch, die Ausbreitung der Krise zu stoppen, deren Einsatz aber politisch heikel ist und einen nicht zu reparierenden Kollateralschaden verursachen könnte: die geldpolitische Bazooka der Europäischen Zentralbank (EZB) scharf zu machen. Der Ruf wird immer lauter, dass die EZB sich bereit erklären müsse, die entfesselten Märkte durch den ungebremsten Kauf von Anleihen der gefährdeten Staaten zu bändigen, um die Zinsen nachhaltig zu drücken. Am Mittwoch griff sie offenbar wieder massiv am Markt ein, um italienische Anleihen zu kaufen.
"Mit der jüngsten Eskalation muss die EZB entschlossen eingreifen und als letzter Retter agieren", sagte Dani Rodrik, Ökonom an der Harvard University, der FTD. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger sekundierte: "Das ist keine Schönheitsoperation, das ist Notfallmedizin." Mindestens Deutschland, Luxemburg und die Niederlande werden das nicht zulassen. Wenn die EZB die Schleusen öffnen würde, stiege das Inflationsrisiko ungefähr in dem Maße, wie der Druck auf die Regierungen der Fastpleitestaaten nachlassen würde, ihre Länder zu reformieren. Die EZB würde ihr wichtigstes Tabu brechen, wenn sie auf diese Weise die Kassen der Krisenstaaten füllen würde. Deutschland würde ausscheren - das Ende der Euro-Zone wäre gekommen.
Quelle:
http://www.stern.de/wirtschaft/news/aaa-staaten-unter-druck-europa-zittert-vor-der-kernschmelze-1751763.html#utm_source=standard&utm_medium=rss-feed&utm_campaign=alleErstaunlich, dass das niemandem auffällt, oder es hier diskutiert wird. Stattdessen werden drei blöde Nazi-Honks zur Staatskrise aufgebauscht. Manchmal frage ich mich wirklich, ob wir als "Volk" nur bekommen, was wir verdienen, weil "wir" so unendlich doof sind?!