@leberkashawaii leberkashawaii schrieb:Man ist bei diesem Beispiel also davon ausgegangen, dass genau die 100.000 €, die angelegt wurden, eins zu eins an den Kreditnehmer weitergegeben wurden. Dabei wurde aber übersehen, das Banken das Recht haben, Giralgeldschöpfung zu betreiben. Sprich: Die Bank kann aus diesen 100.000 € beispielsweise Kredite in Höhe von 2.000.000 € vergeben.
Dieses "Recht" haben aber nicht nur Banken, sondern zum Beispiel auch du selbst:
Stell dir vor, jemand fragt dich nach einem Kredit von z.B. 1000 Euro. Kein Problem für dich: Du richtest demjenigen einfach auf einem Zettel ein Konto für ihn ein und schreibst darauf 1000 Euro gut. Schon hast du die 1000 Euro erschaffen, wie es die Banken machen. Und im Gegensatz zu echten Banken mußt du sich noch nicht einmal um die Mindestreserve kümmern, soweit mir bekannt.
Natürlich kommt man damit nicht sonderlich weit, denn dein Kreditnehmer möchte das Geld ja auch ausgeben und wird deshalb das Geld von deinem eingerichteten Konto als Bargeld abheben oder auf ein echtes Bankkonto überweisen wollen. Und dann hast du das Problem, das Geld gar nicht vorliegen zu haben.
Dasselbe Problem hat aber auch die Bank, die Giralgeld erschaffen hat. Das Geld, das sie erschaffen hat, muß auch irgendwie vorhanden sein. Denn wenn der Kreditnehmer das Geld auf ein Konto bei einer anderen Bank überweist, muß die Bank das Geld auch irgendwie haben.
Die Geschäftsbanken haben allerdings den Vorteil, daß relativ wenige Banken ziemlich viele Kunden haben. Die Wahrscheinlichkeit, daß das überwiesene Geld letztendlich wieder bei der ursprünglichen Bank landet, ist also relativ hoch. Also relativ hoch gegenüber der Wahrscheinlichkeit, daß das von dir privat geschaffene Geld wie oben beschrieben wieder bei dir landet.
Nehmen wir mal an, die Arlbergbank erschafft 1000 Euro aus dem Nichts und schreibt es einem Kreditnehmer gut. Der Kreditnehmer kauft sich nun im Laden eine Sache für 1000 Euro und zahlt per Lastschrift.
Im einfachsten Fall hat der Laden sein Konto ebenfalls bei der Arlbergbank. Dann funktioniert das Geld-Erfinden, da der Betrag nur zwischen den Konten in derselben Bank verschoben wird. Die Zahlungen, die der Laden im weiteren Verlauf veranlaßt, müßten im einfachsten Fall ebenfalls bei derselben Bank landen.
Im weniger einfachen Fall hat der Laden z.B. sein Konto bei der Brisbanebank. Die 1000 Euro werden also von der Arlbergbank auf die Brisbanebank überwiesen. Das funktioniert nur dann, wenn z.B. der Laden das Gehalt seines Angestellten überweist, der wiederum sein Konto bei der Arlberbank hat. Die 1000 Euro Überweisung von der Arlbergbank zur Brisbanebank können mit der Überweisung in der anderen Richtung verrechnet werden.
Und nun kann man noch viele weitere Zwischenstationen einbauen, bis es der Realität entspricht. Aber es sollte klar sein: Das "erfundene" Geld muß immer komplett zur ursprünglichen Bank zurückwandern, sonst stimmt es mit der Abrechnung nicht. Halt, eine andere Möglichkeit gibt es noch, nach folgendem Schema:
Die Arlbergbank schafft 1000 Euro Giralgeld als Kredit, und die Brisbanebank ebenfalls. Der Kreditnehmer der Arlbergbank überweist sein Geld an ein Konto bei der Brisbanebank, und der Kreditnehmer der Brisbanebank überweist sein Geld an ein Konto bei der Arlbergbank. Aber auch hier wandern die jeweils geschaffenen 1000 Euro komplett zurück an die schaffenden Banken.
Nächster Gedankenschritt: Nehmen wir einfach mal an, es gibt 5 gleich große Banken. Eine davon erschafft 1000 Euro Giralgeld, die anderen vier nicht. Nach der Wahrscheinlichkeit dürften damit nach einigen Überweisungen zwischen den Banken auf jeder Bank 200 Euro angekommen sein. Von den geschaffenen 1000 Euro kommen also nur 200 wieder zur erschaffenden Bank zurück, das funktioniert also wegen der Verrechnung zwischen den Banken nicht. Aber es gibt noch Hoffnung.
Und zwar erst einmal ein Schritt zurück. Mit echtem, nicht-geschaffenen Geld funktioniert das alles natürlich. Kunde A bringt 1000 Euro Bargeld zur Bank, die Bank gewährt Kundem B einen Kredit über 1000 Euro, der gibt das Geld aus und bei jeder Bank landen am Ende 200 Euro. Hier funktioniert die Verrechnung, da die kreditgebende Bank mit dem physikalisch vorhandenen Geld bezahlen kann.
Aber wenn die Bank am Ende doch wieder 200 Euro zurückbekommt, dann hätte sie das doch gleich als Kredit anbieten können... und genau das ist der Betrag, den die Bank als Giralgeld schöpfen kann, den sie also aus dem Nichts schaffen kann. Also: Bei einer Kreditsumme von 1000 Euro kann der geschaffene Anteil 200 Euro sein. Noch einmal das ganze mit der Geldschöpfung:
Kunde A bringt 800 Euro zur Bank. Diese schafft zusätzlich 200 Euro und vergibt einen Kredit über 1000 Euro an Kunde B, der das Geld ausgibt, und bei jeder Bank landen 200 Euro. Die vier anderen Banken können mit dem eingezahlten Bargeld von 800 Euro verrechnet werden, und die restlichen 200 Euro verrechnet die kreditgebende Bank mit sich selber.
Lange Rede kurzer Sinn: Die Banken können nicht beliebig Giralgeld erschaffen wie sie wollen, sondern können nur einen Bruchteil des tatsächlich eingezahlten Geldes zusätzlich erschaffen. Dieser Wert hat auch mit der Mindestreserve nichts zu tun.
Und bevor der Einwand kommt, Geschäftsbanken könnten sich einfach Geld von der Zentralbank besorgen und damit die Verrechnung mit den anderen Banken durchführen: Geld von der Zentralbank gibt es nur gegen Sicherheiten, die nicht einfach geschaffen werden können.
Ein weiteres Thema, dass bei der Giralgeldschöpfung eine große Rolle spielt, ist die Mindestreserve.
Wikipedia: Mindestreserve
Vielleicht sind hier Bänker anwesend, die es noch etwas genauer erklären können.
Das ist ganz einfach der Anteil von eingezahltem Geld, der nicht als Kredit ausgegeben werden darf.
leberkashawaii schrieb:Zu guter Letzt noch ein Beispiel, wie groß der Zinseszinseffekt eigentlich ist. Es handelt sich um den sogenannten "Josefspfennig" - wird auch von Dirk Müller im Video erwähnt.
Wenn man im Jahr 0, also zu Christi Geburt, einen Euro-Cent angelegt hätte und dieser sich mit 5% pro Jahr verzinst, dann hätte sich heute, in 2013, ein Vermögen angehäuft, dass dem Wert mehrerer Weltkugeln aus purem Gold entspricht.
Das aus dem Munde von Herrn Müller zeigt eigentlich auch wieder, daß er selber nicht darüber nachgedacht hat. Traurig für jemanden vom Fach:
Dem Guthaben, das man mit dem Pfennig anhäuft, steht immer ein Kredit in gleicher Höhe gegenüber. Ein Kredit wird aber nur in Anspruch genommen, wenn er benötigt wird. Wenn der Kreditmarkt gesättigt ist und keine neuen Kredite benötigt werden, dann kann Josef seine Zinseinkünfte jedoch nicht als neuen Kredit vergeben und damit keine Zinseszinsen erwirtschaften. Das exponentielle Wachstum des Vermögens bricht damit zusammen.
Soll heißen: Entweder die Sparkasse, bei der Josef seinen Pfennig anlegt, senkt im Laufe der Zeit die Zinsen, bis sie der Nachfrage entsprechen, oder sie kündigt ihm irgendwann das Konto, weil sie die Zinsen ansonsten absehbar nicht mehr bezahlen könnte.
Die Annahme, man könnte sein Geld für konstant 5% Zinsen anlegen, ist absolut unrealistisch. Wie man zur Zeit sieht. Die Nachfrage nach Krediten ist gering, die Zinsen sind so weit unten wie es eigentlich überhaupt nur geht.
Oder anders gefragt: Wer hätte heutzutage in der Summe Bedarf nach einem Kredit, der mehreren Weltkugeln aus Gold entsprechen würde?
leberkashawaii schrieb:Das Problem besteht doch darin, dass einige wenige das Geld, egal ob jetzt Bar- oder Giralgeld, auf sich konzentrieren und dem Wirtschaftskreislauf entziehen.
Wie wird denn das Geld dem Wirtschaftskeislauf entzogen? Riesige Geldspeicher a la Dagobert Duck dürften auch heutzutage nicht zu finden sein...
Zäld