Puschelhasi schrieb:Du lebst darin mit deiner Familie und den Familien der Angestellten. Du weisst aber ohne deinen Sachverstand und deine Arbeit, bricht das Haus zusammen, und die Leute verlieren ihren Job und ihre Heimat?
In Berlin gibt es ein kleines (unter 20 Mitarbeitern) junges (5-10 Jahre alt) Unternehmen, dessen Struktur von Anfang an so antihierarchisch wie möglich war.
Der Chef und Gründer verdient nicht sehr viel mehr, als Seine "Angestellten".
Alle Entscheidungen werden in demokratischer Weise gemeinsam von der gesamten Belegschaft erarbeitet und beschlossen.
Es läuft prima.
Nach einiger Zeit hatte man sich zu einem Experiment entschlossen.
Es wurde eine allgemein in Unternehmen dieser Art und Grösse übliche Hierarchie "eingeführt".
Die Lohnstruktur wurde in allgemein üblicher Weise gestaltet.
Entscheidungen traf allein der Chef (natürlich wirkte auch hier die Stimmung der Belegschaft indirekt auf seine Entscheidungen ein).
Es funktionierte prima.
Aber,
@Puschelhasi , der Chef machte eine völlig neue Erfahrung.
Seine Angestellten fällten keine Entscheidungen mehr.
Die Kunden der Firma hörten plötzlich am Telefon:
"Dafür bin ich nicht zuständig"
Die Kunden wurden von Einem zum Anderen "durgereicht" und landeten letztendlich beim Chef, der auf einmal viel mehr zu tun hatte.
Der Chef hatte seine 35 Stunden bereits in 2Tagen voll und sah seinen viel höheres Gehalt, dass nun weit über dem Gehalt seiner Angestellten lag, als völlig gerechtfertigt an.
Der Chef konnte ja vor Arbeit kaum mehr aus den Augen schauen.
* Also musste er Arbeit nach unten delegieren, ohne etwas an der Lohnstruktur zu ändern.
Das sah jedoch keiner seiner Angestellten ein.
Der Chef musste zu sanftem Druck greifen.
Die Belegschaft identifizierte sich dafür nicht mehr mit dem Unternehmen.
Die Kunden spürten das ...
Lange Rede, kurzer Sinn.
Das Experiment wurde gestoppt.
Heute ist wieder alles beim Alten
* Ab dem Sternchen habe ich es 16 Jahre lang in einem großen DAX-Unternehmen selbst erlebt.
Auf uns lastete so viel unternehmerische Verantwortung, die über die Jahre auf uns herabdelegiert worden war,
dass unsere Arbeitszeit quasi freigegeben wurde.
Wir hätten so wenig arbeiten können, wie wir wollten.
Aber
@Puschelhasi wir taten es nicht - wir haben, jeder einzelne von uns, mindestens so hart und lange gearbeitet wie Du.
Ohne Dank und Anerkennung und bei sukzessive sinkenden Löhnen.
Wir brachten Identifikation mit dem Unternehmen ein
und erhielten als Lohn diffizilen Druck in Form der Angst um den Arbeitsplatz.
@Puschelhasi Nichts ist statisch.
Identifikation mit dem Unternehmen schlug um in Hass auf das Unternehmen.
Daran kann auch kein relativ großzügiges Abfindungsprogramm für uns Ältere etwas ändern.
Wir sind nicht so dumm uns weismachen zu lassen, unser Unternehmen sei ein Einzelfall.
Indem man so viel unternehmerisches Denken auf uns herabdelegierte, brachteman uns unabsichtlich bei, wie der Hase läuft.
Wir beobachteten sehr wohl, wie unsere oberste Chefetage auf Hauptversammlungen stolz von ihren globalen Übernahmeerfolgen berichtete, die sich Monate später in aller Stille regelmässig als finazielle Fiasken entpuppten
Und wir beobachteten mit Sorge, wie immer wieder die Abarbeitung der Verbindlichkeiten unseres Unternehmens, die wir durch für lau geleistete Arbeit abzutragen suchten, durch einige wenige globale Transaktionen unseres Spitzenmanagements zunichte gemacht wurden.
( Das gleiche kam diese Woche bei der Diskussin mit Bahnchef Grube bei Beckmann zur Sprache.)
Wir haben es oft genug unserer Unternehmensführung aufs Brot geschmiert:
Ein jeder von uns Belegschaftsmitgliedern hat mehr Verantwortungsgefühl und Identifikation mit unserem Unternehmen im kleinen Finger, als diese Spitzenmanager.
@Puschelhasi , weißt Du was die antworteten?
Die lächelten hämisch.
Du weißt gar nicht, wie sehr meine Erfahrungen denen von
@Warhead gleichen.
Ich liebe alle Wesen, auch die Spitzenmanager, doch ich hasse dieses System abgrundtief.
Das System hat es mich selbst gelehrt.
Das ist kein Versuch, irgendjemanden von etwas zu überzeugen, sondern einfach meine Sicht, von der ich überzeugt bin, dass sich ihr immer mehr anschließen werden.