Kommunismus oder Demokratie - Welches ist die bessere Regierungsform?
20.01.2011 um 17:40
Falsch lagen Marx und Engels in ihrer Annahme,
historische Prozesse genau so beherrschen zu können wie etwa physikalische. Kommunistische Parteien bauten auf dieser Illusion, historische Entwicklungsprozesse zu durchschauen und - über die Lenkung der Produktionsprozesse - selbst steuern zu können. Dieser Glaube war irrational und hat zu all den Zwängen geführt, an denen das kommunistische System 1989 definitiv gescheitert ist. Falsch lag Marx auch, vor allem philosophisch, darin, dass er die ökonomischen Prinzipienzu den einzigen und alleine wirsamen historischen Prinzipien erklärt. In diesem Irrtum folgt ihm allerdings der Neoliberalismus getreulich. Zudem wird ihm vorgeworfen, er idealisiere Mensch und Gesellschaft, da er sie für fähig hält, in einem paradiesischen Endstadium ohne Privateigentum und Rechtszwang miteiander leben zu können. Abgesehen davon, dass diese Ziele vermutlich eher ein Zückerchen für die anarchistische Minderheit waren (Menschewiki) ... ist denn die Ideologisierung von Gier, Ehrgeiz, Eigennutz sooo viel besser? Auch diese Gesellschaft zeigt heute eben die entsprechenden Probleme.
Richtig lag Marx aber mit weitaus mehr seiner Thesen:
1. Vollumfänglich bestätigt sich seine Erwartung zur Zeit, dass der Kapitalismus in Überproduktion überflüssiger Dinge ersaufen müsse. s. Japan: 20 Jahre Rezession; s. generell die sinkenden Ertragsraten, vor denen sich das Kapital durch Finanzblasenwirtschaft zu retten sucht, s., als Ursache, die Folgen des Preis-Mengen-Gesetzes; als Mittel: Strukturwandel - Restrukturierungen - im 20. JH
2. Vollumfänglich richtig lag Marx mit seiner Erwartung zunehmender Konzentration - auch wenn diese Erwartungen nicht mal so weit gingen wie das, was wir heute mit den multinationalen Unternehmen haben. Dass Welthandel die Politik völlig unterlaufen wird, war damals nicht abzusehen.
3. Richtig liegt Marx mit seiner Problemstellung der Entfremdung: Der Arbeitnehmer muss sich vom Kapitaleigentümer für dessen Produktionsprozess einspannen lassen, ohne Einfluss auf dessen Art oder Ziel zu haben.
1. Heute sind wir sogar noch eine Stufe weiter: Der Möchtegern-Arbeitnehmer muss sich nicht nur einspannen lassen, er muss sich darum reissen, eingespannt zu werden, muss seine gesamte Zeit, sein Geld, seine Interessen dem einzigen Ziel opfern, arbeitsmarkttauglich zu bleiben. Die Dressur war allerdings damals wie heute ein wichtiges Ziel:
Zugleich wird die Arbeiterschaft in immer grösseren Betrieben zu derjenigen Arbeitsdisziplin herangezogen, die in der späteren sozialistischen Wirtschaft gleichberechtigter Bürger notwendig und natürlich ist.
4. Richtig lag Marx mit seiner Ansicht über den Mehrwert (wenn auch nicht in allen Details, vor allem weil die alte Arbeitswerttheorie die Preise unter globaler Konkurrenz und bei "arbeitendem Kapital" nicht im geringsten mehr zu erklären vermag). Das Problem wird heute völlig übersehen. Da praktisch alle auch von der Pensionskasse für das Alter abhängig sind, vertreten alle automatisch die Interessen von Kapitaleigentümern - und ziehen sich damit, als Kleinsteigentümer, gleich selbst über den Tisch, denn höhere Renten, höhere Zinsen für das Kapital, heisst auch, tiefere Löhne. Nein zum Rentenklau heisst also ja zum Lohnklau. In der Beziehung hat die Aufklärung total versagt. Gemessen am Wissensstand sind die Menschen heute noch genau so desinformiert (um anständig zu bleiben und nicht von dämlich zu reden), wie im 17. Jahrhundert.
5. Richtig lag Marx mit seiner Verelendungstheorie, im 19. JH voll, im 20. und 21. nur noch soweit, als, demokratiebedingt, die Verelendung nie so weit gehen darf, dass Armut eine Mehrheit erreicht, denn sonst ist, ganz demokratisch, Ende der Fahnenstange: Peniakratie!
Was Marx nicht sah, nicht mal falsch, war das Problem mit der Umweltverschmutzung und den Grenzen des Wachstums, was für den Kommunismus und Sozialismus nämlich genau so zuträfe wie für den Kapitalismus, dort aber noch schwerer durchführbar ist, da ja dort die Produktion nicht zur Bereicherung einiger Weniger, sondern zum Wohle aller dient. Produktivismus ist DER UNGEIST, der beiden Systemen zugleich eigen ist - weshalb heute definitiv keines von beiden mehr taugt.
http://www.brainworker.ch/Orientierung/rechtsphilosophie.html