http://www.aixpaix.de/autoren/steinbicker/bundeswehrreform.html (Archiv-Version vom 16.07.2011)Brauchen wir noch die Bundeswehr und wenn ja wofür?
Darüber muss debattiert werden!
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Doch seit 1990 gibt es keinen „Feind“ mehr. Wer heute noch von „Landesverteidigung“ sprechen will, muss sagen, wer uns denn bedrohen soll: Russland? China? Liechtenstein?Mit welchen militärischen Mitteln und Strategien wird die Bedrohung ausgeübt und welche militärischen Maßnahmen dürften der angenommenen Bedrohung adäquat sein? Solche Bedrohungsszenarien aber werden derzeit von niemandem ernsthaft aufgestellt. Im Gegenteil: In seiner Antrittsrede als Verteidigungsminister gab Guttenberg zu erkennen, dass er die Landesverteidigung für überholt hielt. Niemand hat ihm widersprochen!
Da ist eher von anderen Bedrohungen die Rede, von Terrorismus und Cyberwar als Kriegführung im Internet. Doch solchen möglichen Bedrohungen ist nicht mit militärischen Mitteln beizukommen. Da sind intelligentere Lösungen gefragt.
Bleiben Auslandseinsätze der Bundeswehr für wirtschaftliche Interessen denkbar. „Blut für Öl“? Es ist ein Gedanke, der den Müttern und Vätern unseres Grundgesetzes als Lehre aus deutscher Geschichte zu Zeiten der Aufstellung der Bundeswehr undenkbar schien! Guttenberg hatte sich noch im November bemüht, dieses Tabu zu zerreden!
Jetzt, nach seinem Abgang und nach dem Scheitern seiner Bundeswehrreform ist eine ernsthafte gesellschaftliche Debatte nötig. Brauchen wir noch die Bundeswehr und wenn ja, wofür? Ist Militär überhaupt noch ein geeignetes Mittel für deutsche Politik? Afghanistan zeigt nur allzu deutlich, dass Militär weder Frieden noch politische Lösungen schaffen kann. Dass im Gegenteil der Versuch, durch Eskalation militärische Lösungen zu erzwingen, nur die Probleme eskalieren lässt.
In der deutschen Friedensbewegung mehren sich die Proteste gegen eine massiv verstärkte Werbung der Bundeswehr an den Schulen. Das ist gut so und es zeigt auch erste Wirkungen. Hier wird weiter zu arbeiten sein. Doch sollte sich Friedensbewegung nicht allein darauf beschränken. Auf ihr Wort, auf ihre ernsthafte Analyse und ihr Handeln kommt es entscheidend mit an, wenn eine ernsthafte gesellschaftliche Debatte über die Zukunft der Bundeswehr geführt werden soll. Und sie sollte den Mut haben, die deutliche Antithese zu formulieren: Eine Bundeswehr ist für Deutschland nicht mehr nötig und sinnvoll. Wenn es die Friedensbewegung nicht tut, wer soll sonst diese nötige Gegenposition in die Debatte werfen?
Allerdings muss dann vielleicht auch noch die eine oder andere Gruppe ihr Archiv aufräumen und sich von alten Papieren trennen, in denen noch vom „Ja zur Landesverteidigung“ oder womöglich von „Zustimmung zu Auslandseinsätzen im Falle von Völkermord“ die Rede ist.
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Würden meine Grundannahmen zutreffen wäre ein Einsatz in Bosnien garnicht notwendig geworden...
LG