Türkei im zweiten Weltkrieg
18.03.2010 um 13:51http://www.tagesspiegel.de/politik/international/Tuerkei-Armenien-Genozid;art123,2685552 (Archiv-Version vom 10.02.2009)
Istanbul - „Ich entschuldige mich.“ In diesem einfachen Satz steckt viel Sprengkraft, wenn es um die Türkei und um die Armenier geht. Mit einer noch nie da gewesenen Initiative hat sich am Montag eine Gruppe Intellektueller in der Türkei im Internet zu Wort gemeldet, um ein Tabu zu brechen und sich bei den Armeniern für die türkischen Massaker im Ersten Weltkrieg zu entschuldigen. Bis zum Nachmittag hatten sich mehr als 2000 Menschen der Aktion angeschlossen, darunter auch Grünen-Chef Cem Özdemir.
„Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, dass die große Katastrophe, der die osmanischen Armenier 1915 ausgesetzt waren, ohne Sensibilität behandelt und geleugnet wird. Ich weise diese Ungerechtigkeit zurück, ich persönlich teile die Gefühle und den Schmerz meiner armenischen Brüder, und ich entschuldige mich bei ihnen“, lautet die Erklärung der Gruppe auf der Internetseite www.ozurdiliyoruz.com. „Özür diliyoruz“ bedeutet „wir entschuldigen uns“.
Der Politikwissenschaftler Cengiz Aktar, einer der führenden Köpfe der Initiative, sieht Parallelen zwischen der Internetentschuldigung und der deutschen Vergangenheitsbewältigung nach dem Zweiten Weltkrieg. Ziel sei es, möglichst viele Menschen anzusprechen. Statt von „Völkermord“ ist von der „Großen Katastrophe“ die Rede – jenem Begriff, den auch die Armenier selbst verwendeten, sagte Aktar. Den Teilnehmern der Aktion geht es weniger um Schuldzuweisungen als darum, eine Diskussion zu eröffnen. Der Soziologe Ferhat Kentel brachte es in der Zeitung „Vatan“ auf den Punkt: „Es gab eine Million Armenier. Heute gibt es noch 60 000. Das bedeutet, sie sind nicht mehr da.“ Er wolle wissen, warum damals so viele Menschen sterben mussten.
Wenn es nach den türkischen Nationalisten ginge, würden solche Fragen nicht gestellt. Es gebe keine Verbrechen, für die sich die Türken zu entschuldigen hätten, sagt der Chef der Nationalistenpartei MHP, Devlet Bahceli. Die Türkei lehnt den Vorwurf eines Völkermordes ab und argumentiert, die Armenier seien während einer Umsiedlungsaktion ums Leben gekommen.
Istanbul - „Ich entschuldige mich.“ In diesem einfachen Satz steckt viel Sprengkraft, wenn es um die Türkei und um die Armenier geht. Mit einer noch nie da gewesenen Initiative hat sich am Montag eine Gruppe Intellektueller in der Türkei im Internet zu Wort gemeldet, um ein Tabu zu brechen und sich bei den Armeniern für die türkischen Massaker im Ersten Weltkrieg zu entschuldigen. Bis zum Nachmittag hatten sich mehr als 2000 Menschen der Aktion angeschlossen, darunter auch Grünen-Chef Cem Özdemir.
„Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, dass die große Katastrophe, der die osmanischen Armenier 1915 ausgesetzt waren, ohne Sensibilität behandelt und geleugnet wird. Ich weise diese Ungerechtigkeit zurück, ich persönlich teile die Gefühle und den Schmerz meiner armenischen Brüder, und ich entschuldige mich bei ihnen“, lautet die Erklärung der Gruppe auf der Internetseite www.ozurdiliyoruz.com. „Özür diliyoruz“ bedeutet „wir entschuldigen uns“.
Der Politikwissenschaftler Cengiz Aktar, einer der führenden Köpfe der Initiative, sieht Parallelen zwischen der Internetentschuldigung und der deutschen Vergangenheitsbewältigung nach dem Zweiten Weltkrieg. Ziel sei es, möglichst viele Menschen anzusprechen. Statt von „Völkermord“ ist von der „Großen Katastrophe“ die Rede – jenem Begriff, den auch die Armenier selbst verwendeten, sagte Aktar. Den Teilnehmern der Aktion geht es weniger um Schuldzuweisungen als darum, eine Diskussion zu eröffnen. Der Soziologe Ferhat Kentel brachte es in der Zeitung „Vatan“ auf den Punkt: „Es gab eine Million Armenier. Heute gibt es noch 60 000. Das bedeutet, sie sind nicht mehr da.“ Er wolle wissen, warum damals so viele Menschen sterben mussten.
Wenn es nach den türkischen Nationalisten ginge, würden solche Fragen nicht gestellt. Es gebe keine Verbrechen, für die sich die Türken zu entschuldigen hätten, sagt der Chef der Nationalistenpartei MHP, Devlet Bahceli. Die Türkei lehnt den Vorwurf eines Völkermordes ab und argumentiert, die Armenier seien während einer Umsiedlungsaktion ums Leben gekommen.