Link: www.heise.de (extern) Stakeholder = Feudalismus pur!
von Oglala
Na dann fassen wir doch mal zusammen:
Drinnen, in der von den beamteten Dienern der Macht bestens bewachten
Burg, findet sich der versammelte Adel - neudeutsch Stakeholder, das
sind die, die viel Eigentum und Macht zu verlieren haben - zusammen,
um einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Das dürfte der
versammelten Herrschaftlichkeit leicht fallen, muss doch der Pöbel -
das sind die, die den Preis der Freiheit durch ihre Unfreiheit
bezahlen dürfen - logischerweise draußen bleiben. Denn wer nichts
(mehr) hat, der hat auch keine Interessen - oder sagen wir mal, keine
die denen drinnen irgendwie wichtig wären.
Es geht also nur noch darum, wie man die Meinungsmaschine so
gleichschaltet, dass besagter Pöbel glaubt, zu den Gewinnern zu
gehören. Da er trotz dann vermutlich "freiwillig" gleichgeschalteter
Presse - natürlich darf jeder schreiben was er will,nur wenn er
seinen Arbeitsplatz behalten will tut er das nicht - auf die Nummer
nicht reinfällt, muss besagter Pöbel wie in guten alten Zeiten
gezüchtigt werden. Hierzu steht die Industrie mit
Mikrowellenstrahlern, Infraschall und Elektroschockern Gewehr bei
Fuß. Zitat: Maximales Schmerzerlebnis.
Natürlich ist das, weil neuer, alles viel humaner als die gute, alte
Karbatsche oder neunschwänzige Katze, die der Pöbel in früheren
Zeiten bei staatsgefährdenden Taten wie dem Ruf nach einem Lohn, von
dem man auch leben kann, zu spüren bekam. Etwa so viel humaner wie
die Hinrichtung auf dem Elektrischen Stuhl - der Galgen war ja so
inhuman.
Und um einen Großeinsatz dieser neuen Spielzeuge nicht notwendig
werden zu lassen (könnte ja doch rauskommen), zieht man besser vorher
diejenigen aus dem Verkehr, die womöglich nicht von jeder Reform
begeistert sind. Dazu muss man natürlich jeden immer und jederzeit
beschnüffeln...
Und diese Art der Entscheidungsfindung nennt sich dann also
Demokratie?
Europa besinnt sich offenbar auf seine demokratischen Wurzeln. Die
Patrizier entscheiden demokratisch, auf Kölsch "klüngeln", der Plebs
- nun ja, ist halt der Pöbel und hat nichts zu melden. Nur
konsequent, meine Hochachtung vor so viel Respekt vor der eigenen
Geschichte.
Was also ist der Preis der Freiheit? Oder, um genauer zu sein, der
Sicherheit? Die Unfreiheit? Vielleicht sollte man eher fragen, wer
diesen Preis denn eigentlich bezahlen soll. Oder ist hier Freiheit
und Sicherheit für die einen Unfreiheit und Prekariat für die
anderen? Sieht mir so aus.
Die "ich bin wichtig" Stakeholder sollten sich mal eins hinter die
raffgierigen und für die Nöte anderer völlig tauben Ohren schreiben:
Wenn sie glauben, das Volk den Preis des Schnüffelstaates,
willkürlich auslegbarer Gesetzte und ähnlicherfeudalistischer
Methoden bezahlen lassen zu können, nur damit sie die völlige
Sicherheit haben, übersehen sie eine Kleinigkeit: Dem geknechteten
Sklaven ist es nämlich egal, von wem er die Peitsche zu spüren
bekommt. Und dann, genau dann haben Islamisten, Faschos, Stalinisten
und ähnliche Irre eine Chance. Sonst haben sie keine, denn wer ein
ganzes Volk gegen sich hat, kann machen was er will - gewinnen kann
er nicht.
Aber wer, aus rein paranoider Angst um seinen eigenen Arsch, pardon,
um seine überreichen Pfründe, meint, Grundrechte und den Rechtsstaat
abbauen zu müssen, wird irgendwann feststellen, das keiner mehr da
ist, der diesen Staat noch verteidigen will. Der König ist tot? Es
lebe der König! Mir doch egal.
Freiheit, Gleichheit, Rechtsstaat, Demokratie - dies bin ich nach wie
vor bereit, zu verteidigen. Aber für die Pfründe von Politikern,
Bossen und Beamten werde ich keinen Finger rühren. Niemals.