Griechenland, Frankreich - wie Protest funkt.
23.01.2009 um 15:26
o je, o je, o je
Bisher bin ich davon ausgegangen, das die Frotzeleien, die Revolutionäre (also ernstzunehmende Marxisten) und Pseudorevolutionäre (also die User von Allmystery, von ganz links bis ganz rechts), über die gewissen Ängste von Bürgern, gezielt als solche abdrücken, nämlich um jemanden gekonnt zu necken. Wo man aber vom Volkssturm gegen "Bankster" und co. träumt, weil man zu dumm ist das Kapitalverhältnis zu begreifen, und zum einen Marx nur als Legitimationsideologe gebraucht wird, um sich ja auch "Kommunist" ans Revers zu heften bzw. sich weiter selbst mit linker Propaganda verdummt wird, ist die Sehnsucht nach kollektiv werdender Enthemmung kein pseudorevolutionärer Mummenschanz sondern Ausdruck autoritären Charakters.
Zu den klassischen Albträumen des Bürgers gehören die Aufstände, Unruhen, Revolutionen und Riots. Früher waren aber die Ängste der Bürger nahezu deckungsgleich mit denen der Revoluzzer. Der spontane Ausbruch der Unterdrückten, die sinnlosen Gewaltorgien, diese Feste der Zerstörung, das Abrechnen mit den imaginierten wie tatsächlichen Unterdrückern gehören dazu. Spontane Aufstände - früher war das allgemeines revolutionäres Wissen - bringen regelmäßig die archaischen Ablagerungen in der kollektiven Seele hervor, also jene sehr böse Mischung aus verdrängten Triebwünschen, erfahrener bzw. erlebter Gewalt oder einfach der Frustration über die nie erfüllten Begierden. Im haßerfüllten Schrei der vom Leben enttäuschten ist immer auch die Bereitschaft zu unkontrollierten Gewaltorgien enthalten. Gerade die französischen Revolutionäre sollten das wissen (und die Banlieueracailles gehört so wenig dazu wie die Schüler und Studenten die ein Kündigungsverbot erhalten wollen, von dem sie am meisten selbst betroffen sind): sind diese Albträume in Form von Massakern doch an den besiegten Aufständischen von 1848 bzw. 1871 wahr geworden.
Sogar Lenin, dieser Sozi, der alles andere als frei von derlei Plattheiten war, wusste, das man Volkes Gerechtigkeitsempfinden lieber nie erleben sollte. Besser wäre gar nicht erst daran zu appellieren. Jedenfalls: wenn bürgerliche Gesellschaft zerfällt, dann in nach ethnischen und produktivitätsstandpunkten gespaltene Banden. Ergebnis: bürgerkriegsähnliche Zustände, der Krieg aller gegen aller im postzivilisatorischen Gangland, aus dem dann eine Bande nach der nächsten als "siegreich" hervorgeht und aufs neue bekämpft wird. Es stimmt nicht mal froh das sich die "Revolutionäre", die vom Volksaufstand einen feuchten Traum kriegen, dann gegenseitig totschlagen.
Zum Glück ist das Volk ja nicht so willig im Moment. Zwar wütend und zum Aufstehen bereit - der Sturm will aber nicht so recht losbrechen, auch wenn die Nazis (und damit alle die vom Volk reden, das man mobilisieren müsse und die diesem als Avantgarde voranpreschen) propagieren, agitieren, appellieren und dies ohne Rast und ohne Ruh'.
Ach, nochwas: vollkommen egal ob die Menschen wütend sind: es kommt drauf an was diese Wut zusammenhält. Das ist zwar bei näherem Hinsehen gut antikapitalistisch, aber mit einer Kritik der politischen Ökonomie, also Marxismus, nicht zu vergleichen. Wenn man das, was allerortens eingefordert wird, einlöst, endet man dort, wo man zwangsläufig durch solchen Mist landen muss: bei der negativen Aufhebung des Kapitalverhätnis; der Versöhnung von Kapital und Arbeit, dem autoritären Sozialstaat (natürlich mit üppigem Existenzgeld), und vielleicht auch wieder - für die Unwilligen, versteht sich - bei der Zwangsarbeit und der Reichsarbeitsfront, beim kargen Leben, der moralischen Zwangsgemeinschaft und dem hinvegetieren und lebendigen verotten auf niedrigsten, aber gerechten und einfachem Lebensniveau. In einem Wort ist das: nazifaschistisch.