EinElch schrieb:Magst du das präzisieren?
Der § 211 StGB, "Mordparagraph" genannt, ist in der Welt im Prinzip einzigartig, nicht einmal in Österreich wird Mord so definiert. Er stammt vom wohl berüchtigsten Juristen der Nazizeit, Roland Freisler, und spiegelt die Rechtsauffassung der Nazis wieder, die Mord nicht, wie sonst üblich von der objektiv erfolgten Tat definieren (z.B. in Österreich oder den USA: Mord ist einen Menschen zu töten...) sondern von der Gesinnung des Täters her, so Freislers Formulierung: "Mörder ist wer..." einen Menschen aus "niedrigen Beweggründen tötet."
Das Gesinnungsstrafrecht war ein Kern der Nazi-Rechtsphilosophie: nicht die Tat an sich ist entscheidend, sondern aus welchem Motiv heraus der Täter handelt. So war dann auch klar: wer aus dem hehren Motiv heraus, das deutsche Volk zu schützen, einen Juden tötet, kann kein Verbrecher sein.
1941 wurde so das deutsche Strafrecht massgeblich unter dem Einfluss Freislers geändert. Begonnen hatte der Umbau der Rechtsordnung aber schon 1934, z.B. mit der Idee der "Staatsnotwehr." Hitler, dem juristische Feinsinnigkeit fern lag, soll das Ganze dann irgendwann noch salopper aber auch klarer formuliert haben: "Recht ist, was dem Volke nützt." Allerdings stammt der Spruch wohl von Justizminister Frank: "Alles, was dem Volke nützt, ist Recht, alles, was ihm schadet, ist Unrecht." So konnte unglaublicher Massenmord ganz legal werden, ohne das Strafrecht abzuschaffen. Und vieles mehr.
Diese Grundhaltung wurde im 3. Reich dann fleissig in bestehende Gesetze eingearbeitet, entweder wurden sinngemässe neue erlassen, oder bestehende in dieser Richtung umgearbeitet. Und das ist das Problem, dass diese Umarbeitung des gesamten Rechtsstaatsdenkens nach 1945 nicht radikal wieder ausradiert wurde.
Manche Juristen empfinden heute noch Probleme z.B. mit der allgemeinen Vorstellung, dass die Gesinnung des Täters der wichtigste Punkt der Betrachtung eines Tötungsdeliktes ist. Auch die Idee der Staatsnotwehr, dass in einer Notlage der Staat keine Rücksicht auf Gesetze mehr nehmen braucht, spukt in recht vielen Köpfen heute noch herum.
Das müssen nicht ausschliesslich Probleme der Nazi-Justiz sein, waren da aber eben im Vordergrund.