Der nächste Krieg der USA wird gegen den Iran sein
04.04.2012 um 19:17
Hier der ganze Artikel:
3. April 2012
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Der Iran hat zum ersten Mal zugegeben, ein militärisches Nuklearprogramm zu verfolgen und kurz vor der Bombe zu stehen - und kaum jemand hat es bemerkt. Überbringer der Nachricht ist Hossein Mousavian, ehemaliger iranischer Botschafter in Deutschland und von 2003 bis 2005 Sprecher der iranischen Verhandlungsdelegation in Sachen Nuklearprogramm, bevor er von Präsident Mahmud Ahmadinedschad abgesetzt wurde.
Mousavian, der zurzeit mit einem Stipendium an der Universität von Princeton forscht, hat am 31. März einen Gastkommentar im Boston Globe geschrieben. Darin versucht er einen Ausweg zu skizzieren aus der momentanen Blockade in den Nuklearverhandlungen. Er argumentiert, dass es ohnehin zu spät sei, das iranische Atomprogramm zu stoppen: „Der Westen muss verstehen, dass schmerzvolle Sanktionen, verdeckte Operationen und Militärschläge das iranische Nuklearprogramm vielleicht verzögern können, es aber nicht stoppen werden. Tatsächlich ist es auch zu spät zu verlangen, dass der Iran seine Anreicherungsaktivitäten einstellt; es beherrscht die Anreicherungstechnologie und hat die Fähigkeit zum break-out schon 2002 erreicht und ist stetig dabei, seine Fähigkeiten zur Urananreicherung zu verbessern“.
Der von Mousavian gebrauchte Begriff der „break-out capability“ bezeichnet in der Expertensprache den Zeitpunkt, an dem ein Staat grundsätzlich in der Lage ist einen zündfähigen Nuklearsprengkopf zu bauen. „Es bedeutet, dass ein Land über etwa 25 Kilogramm bombenfähiges spaltbares Material verfügt und zumindest über ein kalt getestetes Sprengkopfdesign, weil man sichergehen muss, dass das Implosionsprinzip auch wirklich funktioniert“, sagt Nuklearexperte Hans Rühle.
Der Iran wäre demnach schon vor neun Jahren an einen Punkt gekommen, von dem die amerikanischen Geheimdienste glauben, dass ihn Teheran selbst heute noch nicht erreicht habe. Noch vor wenigen Wochen sagte Robert Einhorn, Berater im US-Außenministerium, Teheran sei dem break-out „nicht einmal nahe gekommen“. Die neuen Entwicklungen kommentierte das Auswärtige Amt in Berlin auf Nachfrage der “Welt” lediglich mit den Worten, man beteilige sich nicht an derartigen Spekulationen. Iran solle die geplanten Gespräche mit den E3+3 dazu nutzen, um endlich umfassende Transparenz in Bezug auf sein Nuklearprogramm herzustellen.
Bisher hat das iranische Regime stets geleugnet, überhaupt ein Programm zum Bau von Atomwaffen zu verfolgen. Die vergangenen beiden Berichte der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) haben erneut erhebliche Zweifel geäußert an der bisherigen iranischen Darstellung, weil die Experten über zu viele Hinweise auf ein militärisches Nuklearprogramm verfügen, die sich nicht mit ziviler Nutzung der Kernenergie erklären lassen.
Auch westliche Geheimdienste gehen seit Jahren davon aus, dass Iran ein Atombombenprogramm verfolgt. Zu transatlantischen Differenzen hat jedoch die Einschätzung der amerikanischen Geheimdienste von 2007 geführt, wonach Iran seine Bemühungen zur Entwicklung eines nuklearen Sprengkopfdesigns 2003 gänzlich eingestellt hatte.
Davor hatte es systematische iranische Anstrengungen gegeben, die verschiedenen technischen Aspekte des Sprengkopfbaus in den Griff zu bekommen, das glaubt inzwischen auch die IAEA in Wien. Mehrere europäische Dienste hatten die Einschätzung der Amerikaner allerdings nicht geteilt, dass Teheran 2003 wirklich alle Aktivitäten in diesem Bereich aufgegeben hat. Aber weder diesseits noch jenseits des Atlantiks hatte man angenommen, der Iran könnte schon vor 2003 alle technischen Hürden zum Bau eines Sprengkopfes genommen haben, wie es nun Mousavian behauptet.
„Als Unterhändler hat Mousavian stets die offizielle Linie vertreten, dass das iranische Nuklearprogramm nur zivilen Zwecken diene. Dass er nun schreibt, der Iran habe schon 2002 die Fähigkeit zum break-out erreicht, kann sich nur auf das geheime militärische Programm beziehen, das Mousavian gekannt haben muss“, sagt der italienische Iran-Experte Emanuele Ottolenghi. „Das beantwortet auch einige nagende Fragen, die niemand nach der US-Geheimdiensteinschätzung von 2007 sich zu fragen bemühte, nämlich warum Iran das getan hat und wie weit die iranischen Wissenschaftler vor der Suspendierung gekommen waren. Analysten waren bisher davon ausgegangen, dass der Iran 2003 eine US-Invasion fürchtete. Was Mousavian uns nun sagt ist stattdessen: Iran hatte bis 2002 alle Phasen erreicht, die es für den break-out brauchte. Es musste sein militärisches Programm nicht weiterführen, weil dieser Teil des Programms fertig gestellt war.“
Mousavian bestätigt auch einen Beitrag Hans Rühles in der „Welt“. Darin schrieb der ehemalige Leiter des Planungsstabes im Bundesverteidigungsministerium, dass der Beginn des aktuellen iranischen Atomprogramms noch in die Zeit von Ajatollah Khomeini zurückreiche. „Ein weiterer Beleg für die durch Khomeini 1984 ausgelöste dramatische Veränderung der iranischen Nuklearpolitik ergibt sich aus den 1985 anlaufenden Aktivitäten der iranischen Regierung, sich mit der Technologie der Urananreicherung vertraut zu machen und Kontakte zu potenziellen Geschäftspartnern aufzubauen“, schrieb Rühle. „Bereits 1987 erwarb der Iran nach Erkenntnissen der IAEA vom pakistanischen Atomschmuggler Abdul Qadeer Khan Schlüsselkomponenten für ein nukleares Anreicherungsprogramm, einschließlich der Pläne zur Herstellung von waffenfähigem Uran.Vor diesem Hintergrund kann es als gesicherte Erkenntnis gelten, dass der Iran 1984 die Entscheidung getroffen hat, Nuklearwaffen zu entwickeln und zu produzieren.“
In einem Artikel in der „Welt am Sonntag“ hatte Rühle außerdem darauf hingewiesen, dass es noch viele offenen Fragen gebe hinsichtlich der iranischen Aktivitäten von 1998 bis 2003. „Die IAEO kontrolliert nur die Anreicherungsanlagen von Natans und Fordo. Das bedeutet, dass die Anreicherung von Uran im Iran mit der Inbetriebnahme von Natans im Jahr 2007 begonnen hat. Zugleich weiß die IAEA aber, wie ihr früherer stellvertretender Direktor vor einiger Zeit unmissverständlich feststellte, dass im Iran spätestens seit 1998 Uran angereichert wurde – wo auch immer. Wenn das aber stimmt – und darüber gibt es keine ernsten Zweifel –, wo ist dann die Produktion aus der Zeit von 1998 bis 2007?“ Hier könnte jedenfalls die Erklärung dafür liegen, warum Teheran laut Mousavian schon im Jahr 2002 über ausreichende Mengen an Spaltmaterial zum Bau einer Bombe verfügte.
Oliver Thränert, Experte für das iranische Atomprogramm bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, hat gewisse Zweifel, ob Mousavian tatsächlich die Existenz eines militärischen Nuklearprogramms zugeben wollte. „Was mich jedoch wundert ist, dass ein Mann, der sich in der Materie auskennt diesen Begriff der break-out capability benutzt,“ sagte Thränert der „Welt“. „Er will damit forcieren, dass man den Iranern bei den anstehenden Atomgesprächen die Urananreicherung lässt“, sagt Thränert. „Ob er das allerdings bekommt, da habe ich große Zweifel.“ Auch der französische Nuklearexperte Bruno Tertrais mahnt zur Vorsicht bei der Interpretation. „Vielleicht war Mousaviani nur gedankenlos, oder er meinte mit break-out einen Durchbruch bei der Urananreicherung, vielleicht wollte er aber auch eine absichtlich zweideutige Botschaft senden“, meint Tertrais.
Die Absicht Mousavians scheint relativ klar zu sein. Wenn er schreibt, Iran habe die Möglichkeit zum Bau einer Bombe, habe es aber dennoch nicht getan, dann will er sein Land als verantwortungsvollen Akteur darstellen, mit dem ein Arrangement in Sachen Atom möglich sei. Die zweite Intention ist wahrscheinlich, die Debatten in den USA und in Israel über Sinn und Unsinn eines Militärschlages zu beeinflussen. Wenn der Iran tatsächlich über eine „break-out capability“ verfügen sollte, dann würde ein Militärschlag das Programm nur unwesentlich zurückwerfen. „Akzeptiert diese Realität und findet euch damit ab“, ist der Subtext seines Beitrags. Er verspricht gleichzeitig, dass Iran im Falle eines Abkommens die Schwelle zur tatsächlichen Atommacht nicht überschreiten und vom Bau der Bombe absehen würde.
Es scheint zumindest denkbar, dass Mousavian die iranischen Fortschritte beim Bombenbau übertrieben hat, um seine Argumentation zu stützen. Der Kollateralschaden für Teheran ist aber in jedem Fall, dass hier jemand, der jahrelang intensiv mit dem Nuklearprogramm befasst war, zum ersten Mal öffentlich zugibt, dass der Iran die Weltgemeinschaft neun Jahre lang nach Strich und Faden belogen hat.
Hans Rühle jedoch glaubt, dass Mousavians Einschätzung zum Stand des iranischen Atomprogramms durchaus zutreffen könnte. „Ich bin nicht überrascht, dass sie so weit sind“, sagt Rühle, „sondern darüber, dass Mousavian es uns nun so beiläufig mitteilt“.
Der Boston Globe gehört nicht mehr zu den ersten Adressen des amerikanischen Journalismus. In diesem Fall hat er aber eine Nachricht verbreitet, die dazu angetan ist die Welt zu erschüttern.
http://flatworld.welt.de/2012/04/03/iran-unterhandler-gibt-zu-wir-stehen-kurz-vor-der-bombe/
Wird doch sachlich diskutiert . Nur Leutchen wie Nuru lehnen solche Artikel ab,weil nicht ins Weltbild passend. Vielleicht hätte das Günther Grass vorm Dichten auch mal lesen sollen...