@uatu Dass Erdowahn davon träumt nicht nur den ottomanischen Sultan zu beerben, sondern gar an "Grösse" zu übertreffen, ist nichts Neues. Allerdings sind in der Vergangenheit schon kleinere Pläne der Vereinigung islamischer Länder gescheitert, in der Regel daran, dass deren Elite keine Lust hatte, unter einem anderen zu stehen. Bekanntestes Beispiel dafür ist wohl Gamal A. Nasser mit seiner "United Arab Republic," die aber in den drei kurzen Jahren ihres Bestehens nicht über die Union zwischen Syrien und Ägypten hinauskam. Als Gegenbewegung gab es dann die ebenso kurzfristige Vereinigung des Irak mit Jordanien, Arabische Konföderation genannt. Auch Nord-Jemen spielte mal kurz mit, aber all das war nicht sonderlich ernst zu nehmen.
Später hatte auch Gaddafi mal solche Allüren, wie sie Erdowahn jetzt hat, und gründete die Föderation Arabischer Republiken, die wieder Ägypten, Syrien sowie den Sudan und eben Libyen umfassen sollte. Auch diese kam allerdings nicht einmal aus den Startlöchern und wurde nach 5 Jahren sang- und klanglos begraben.
Gaddafi probierte es weiter und schlug eine Vereinigung von Libyen und Tunesien vor, die "arabische islamische Republik," die eines Tages auch Marokko und Algerien umfassen sollte, aber ebenfalls nie implementiert wurde.
Ägypten versuchte es dann mal wieder mit dem Irak, was ebenfalls zu nichts führte ("Vereinigte Politische Führung).
Interessant ist neben der Tatsache, dass keiner der jeweiligen Herrscher Lust hatte, Kompetenzen und Souveränität abzulegen, dass diese Unionsbemühungen vor allem auf Seiten Nassers von arabischem Nationalismus geprägt wurde - und der war gerade als Gegenbewegung zum ottomanischen Erbe entstanden. Das sollte Erdowahn auch heute zu Denken geben, so sehr er sich als Führer der islamischen Welt generieren möchte. In den Augen der meisten Araber gehören die Türken nicht zu einem gemeinsamen Volk - genau wie die Perser nicht dazu gehören - und es ist zweifelhaft, dass man sich gerne wieder Istanbul unterstellen wird.
Und daran wird wohl auch Erdowahns Grössenwahn scheitern: die grössten islamischen Länder, wenn man einmal von Indonesien und Malaysia absieht, die gar keine sonstigen Berührungspunkte mit der arabischen Welt haben, sind nun mal Ägypten, Iran und Pakistan, neben der Türkei.
Iran und teilweise Pakistan vertreten aber die schiitische Variante des Islam, die mit der sunnitischen, die in Ägypten und der Türkei vorherrscht, völlig über Kreuz liegt. Dazwischen liegt dann noch das kleine, aber reiche Saudi-Arabien, die sich gerne selbst als oberste Wächter des Glaubens sehen und keinesfalls diesen Job an Erdowahn abgeben möchten.
Hat der arabische Nationalismus schon nicht zu nennenswerten Vereinigungen geführt, bezweifle ich, dass ein nur auf die Religion gegründetes Bündnis da erfolgreicher sein wird.
Und selbst die Russen, die bisher Erdowahns Gehabe noch wohlwollend ignorieren, werden kein Interesse an einer islamischen Grossmacht haben, genausowenig die Chinesen, die eine ganz andere Agenda verfolgen. Ohne deren Wohlwollen aber hat Erdowahn gar keine Aussicht, sein neues islamisches Reich zu etablieren.
Ach ja, und noch ein kleines Problem: Die immerhin teilweise säkularisierte und nicht ungebildete türkische Bevölkerung wird auch nicht so einfach dem Rückschritt in eine Scharia-Welt zustimmen.
Mich erinnert das an Phantasien eines anderen Diktators aus dem letzten Jahrhundert, der mal davon träumte alle Germanen der Welt in einem grossen Reich zu vereinen...was daraus wurde, wissen wir ja.