Ist das Kopftuch jetzt zum Accessoir degradiert worden? Da hab ich meine Zweifel. Die Frau schützt sich durch das Kopftuch vor den Blicken fremder Männer.
Denn sie muss ihr Haar bedecken, nur der eigene Ehemann und einige Verwandte dürfen ihre Haare sehen. Für einige ist das Kopftuch mit Ehre und mit der männlichen Sexualität verbunden. Und wenn ich Ehre meine, dann meine ich damit die Ehre des Ehemannes.
Es ist mit ein Produkt der männlichen Sexualität und vielleicht auch einer krankhaften Eifersucht. Es mag sein, dass es heutzutage anders wahrgenommen wird, ändert aber nichts an den Gründen, die zu dem Tragen von Kopftüchern geführt haben. Es ist ein Relikt , eine Bürde der Männer, die auf die Frau abgeladen wurde. Die Frau muss sich verhüllen, damit sie die Männer nicht reizt.
Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich habe über die letzten Jahre einen Anstieg in der Zahl von jungen Kopftuchträgerinnen bemerkt, vornehmlich aus dem türkischen Kulturkreis. Ich denke diese Entwicklung geht mit der politischen Entwicklung in der Türkei einher. Also ja, das Kopftuch kann auch ein Zeichen einer Ideologie sein.
Ich finde man wird der Thematik allgemein nicht gerecht, wenn die anderen Gesichtspunkte außer Acht gelassen werden und man sich nur auf das Kopftuch einschiesst.
Erst im Kontext mit allen anderen gesellschaftlichen/religiösen Regeln gemeinsam wird ein klareres Bild daraus und ich denke dann kann man das Kopftuch besser einordnen.
Deshalb frage ich:
Können muslimische Frauen frei über ihre Sexualität bestimmen? Die meisten können es nicht.
Inwiefern sind die muslimischen Frauen in der Lage das Kopftuch wieder abzulegen? Leider sind einige Teile der Gesellschaft bzw. der Muslime noch nicht in der Lage das Kopftuch als eine individuelle Sache anzusehen. Denn nur dann kann es eine freie Entscheidung geben.
Stattdessen aber wird gesellschaftlicher Druck auf die meisten muslimischen Frauen ausgeübt. Das fängt im kleinen an z.B. mit "Was sagen die muslimischen Bekannten/Nachbarn über uns?".
Ein ganz wichtiger Punkt ist auch das Alter. Eine Entscheidung in jungen Jahren pro Kopftuch halte ich für problematisch. Jede Religion der Welt möchte die Schäfchen gerne so früh wie möglich in den Glauben einführen, das gilt sicher auch für das Kopftuch. Spätestens mit Eintritt in die Pubertät gilt man im Islam als "Religionsmündig". Ich denke das darf nicht außer Acht gelassen werden.
Ich vermute mal, dass viele Mädchen in jungen Jahren mit dem Kopftuchtragen anfangen. Wie sehr kann man da von einer freien Entscheidung reden bei Menschen, die noch so jung sind?
Tussinelda schrieb:da sie zuvor ausgegrenzt wurden für etwas, dass sie wenn sie klein sind, gar nicht verstehen.
Haben wir nicht das selbe Problem, wenn die Kleinen ein Kopftuch tragen? Oder bist du der Meinung, dass sie das Kopftuch verstehen?
Eine Statistik ab wann Muslimas mit dem Kopftuchtragen anfangen wäre sehr interessant, leider habe ich keine gefunden.
An dieser Stelle würde ich gerne nochmal den Koranvers, aus dem einige/viele? Muslime einen Kopftuchzwang ableiten, zitieren:
O Prophet! Sprich zu deinen Frauen und deinen Töchtern und zu den Frauen der Gläubigen, sie sollen ihre Übergewänder reichlich über sich ziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, daß sie (dann) erkannt und nicht belästigt werden. Und Allah ist Allverzeihend, Barmherzig. [33:59]
Quelle: islam.deDieser Vers ist in einigen Kreisen umstritten. Manche sind der Auffassung, dass man hieraus keinen Kopftuchzwang ableiten kann. Wiederum andere leiten aus diesem Vers einen Burkazwang ab.
Interessant ist aber die Aussage, dass die Frauen durch das "Übergewand" erkannt und nicht belästigt werden.
Wichtige muslimische Gelehrte sind der Auffassung, dass das "Übergewand" auch zur Unterscheidung zwischen ehrbaren Frauen und Sklavinnen dient. Das leiten sie aus dem Vers ab, genauer aus dem Teil: "..., daß sie erkannt und nicht belästigt werden."
Also könnte man eigentlich auch argumentieren, dass es keinen Zwang gibt, schliesslich wurde die Sklaverei in der heutigen Welt abgeschafft. Man brauch nicht zwischen Frau und Sklavin zu unterscheiden. Aber das wäre wiederum eine moderne Lesart des Islam, den die meisten Muslime ablehnen.
Interessant sind noch die Verse vor und nach dem eben zitiertem Vers.
Ansonsten hätten wir noch diesen Koranvers:
Und sag zu den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham hüten, ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer dem, was (sonst) sichtbar ist. Und sie sollen ihre Kopftücher auf den Brustschlitz ihres Gewandes schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer ihren Ehegatten, ihren Vätern, den Vätern ihrer Ehegatten, ihren Söhnen, den Söhnen ihrer Ehegatten, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und den Söhnen ihrer Schwestern, ihren Frauen, denen, die ihre rechte Hand besitzt, den männlichen Gefolgsleuten, die keinen (Geschlechts)trieb (mehr) haben, den Kindern, die auf die Blöße der Frauen (noch) nicht aufmerksam geworden sind. Und sie sollen ihre Füße nicht aneinanderschlagen, damit (nicht) bekannt wird, was sie von ihrem Schmuck verborgen tragen. Wendet euch alle reumütig Allah zu, ihr Gläubigen, auf daß es euch wohl ergehen möge! 23:31
Quelle: islam.deMeiner Meinung nach gibt es einen Kopftuchzwang im Islam, für mich wird das aus dem nächsten Koranvers zumindest viel wahrscheinlicher:
O die ihr glaubt, tretet nicht in die Häuser des Propheten ein – außer es wird euch erlaubt – zu(r Teilnahme an) einem Essen, ohne auf die rechte Zeit zu warten. Sondern wenn ihr (herein)gerufen werdet, dann tretet ein, und wenn ihr gegessen habt, dann geht auseinander, und (tut dies,) ohne euch mit geselliger Unterhaltung aufzuhalten. Solches fügt dem Propheten Leid zu, aber er schämt sich vor euch. Allah aber schämt sich nicht vor der Wahrheit. Und wenn ihr sie um einen Gegenstand bittet, so bittet sie hinter einem Vorhang. Das ist reiner für eure Herzen und ihre Herzen. Und es steht euch nicht zu, dem Gesandten Allahs Leid zuzufügen, und auch nicht, jemals seine Gattinnen nach ihm zu heiraten. Gewiß, das wäre bei Allah etwas Ungeheuerliches. Sure 33:53
Quelle: islam.deDer von mir in Fettschrift unterlegte Teil des Verses gibt Aufschluss darüber, welcher Gesinnung der Urheber des Korans ist. Wenn man etwas von den Frauen des Propheten haben möchte, so soll dies ohne Blickkontakt stattfinden. Das sagt doch schon viel darüber aus. Deshalb ist ein Kopftuchzwang nicht weit hergeholt. Denn die Praxis des Propheten ist im Islam bindend und dessen Einstellung zu zwischen menschlichen Beziehungen sieht eine Isolation der Frauen vor.
Malihülya schrieb:Das schadet uns allen im großen und ganzen aber nicht. Es macht uns aus, dass wir alle verschieden sind, mit verschiedenen Lebensansichten, Werten usw. Davon profitieren wir alle irgendwo.
Sehr schön, aber bitte bitte bitte propagiert diese Ansichten doch auch in "euren Ursprungsländern". Da werden Menschen anderen Glaubens oder Herkunft sehr stark diskriminiert und das meistens von dem Lager zu dem sich die Frauen mit Kopftuch zugehörig fühlen.
Sorry, ich musste das loswerden, das soll natürlich nicht bedeuten, dass wir nicht über die Diskriminierung von Frauen mit Kopftuch in Deutschland reden sollen.
Malihülya schrieb:Ein islamisches Kopftuch oder andere religiöse Symbole, sind nur äußerliche Merkmale, wo ich nicht verstehen kann, wieso man sich darauf so versteift, wenn doch klar ist, dass kein Mensch absolut neutral durch die Welt wandert. Sowas gibt es nicht.
Sowas muss es aber geben und das gibt es auch, z.B. bei einer Richterin oder einem Richter. Anders geht es nicht. Tut mir echt leid, dass du dir das nicht vorstellen kannst. Es gibt noch viele andere Bereiche im Leben. Wenn jeder so eine Einstellung hätte, würden sich die nicht-muslimischen Leute ganz bestimmt nicht gegen ein Kopftuchverbot stark machen. (Bevor es mir unterstellt wird, das finde ich sogar sehr gut so)
Malihülya schrieb:Man versteift sich hier viel zu sehr auf die Symbolik des Kopftuchs, dabei ist es aber auch irgendwo ein ganz normales Kleidungsstück. Mit einem Kopftuchverbot, würde man auch so mancher jungen Muslima die Freiheit in ihrer Selbstfindung nehmen.
Ich stelle hier nochmal meine Frage von weiter oben: Dürfen muslimische Frauen über ihre Sexualität bestimmen oder hört es beim Kopftuch auf?
Malihülya schrieb:Das sehe ich anders.
Viele Muslime setzen sich ganz eigenständig mit dem Islam auseinander und hinterfragen, dazu zähle ich mich selbst auch. Auch nach tiefgründiger Hinterfragung des Islam, kann man weiterhin überzeugt davon sein.
Die Statistiken sehen aber anders aus. Nur die wenigsten Muslime lesen z.B. den Koran in der Muttersprache. Öfter wird diese Lesart sogar als minderwertig angesehen.
Malihülya schrieb:Aber von islamkritischer Seite maßt man sicht öfter mal die Deutungshoheit im Bezug auf viele islamische Themen an und meint alle Muslime seien irgendwie vernebelt oder unterdrückt, wenn sie nicht am besten gleich vom Islam abfallen und alles ablehnen was damit zu tun hat. Die Negativdarstellung des Islam wird einfach häufig als ultimative Meinung und als Fakt hingestellt. Das kann man leider auch hier im Thread sehr gut beobachten.
Sorry, aber das tue ich mal als verzweifelten und pauschalisierenden Versuch ab, um Islamkritiker zu diskreditieren oder mundtot zu machen. Wenn du Argumente hast immer her damit.
Malihülya schrieb:Dann dürfte es praktisch keinerlei Erziehung mehr geben, denn alle Eltern lassen in der Erziehung ihrer Kinder eigene Wertevorstellungen und ihr eigenes Weltbild mit einfließen, nicht nur religiöse Eltern.
Diesen ganzen Neutralitätswahn empfinde ich als nicht gesund.
Hier stellt sich wieder die Frage, wie sehr die Eltern die eigenen Wertevorstellungen hinterfragen. Denn ohne eine gewisse Objektivität ist z.B. kein Einstehen für die Rechte Anderer oder Andersgläubiger möglich. Sorry, aber mit dieser Einstellung darfst du dich nicht über die religiös oder ideologisch motivierten Kopftuchgegner wundern. Denn ich befürchte, dass diese Einstellung Minderheitenrechte über kurz oder lang beschränken wird, was ja auch in den meisten muslimischen Ländern der Fall ist.
@TopicMal davon abgesehen, ich bin gegen ein Kopftuchverbot. Ein eigens verdientes Einkommen der Frau kann zu mehr Emanzipation führen und es würde auch Gelegenheiten eröffnen um aus einer eventuellen Unterdrückung zu fliehen, falls natürlich Bedarf besteht. Ich akzeptiere jedoch die romantischen Vorstellungen von einigen Usern nicht, die die Kopfbedeckung verniedlichen wollen.
Wenn sich die Muslime zu scharen mit ihrer Religion auseinandersetzen würden, würden sie früher oder später über die Funktion als Unterscheidungsmerkmal zu den Sklaven stolpern und das sollte doch Fragen aufwerfen. Einige User hier sind ja bereits über die Funktion des Kopftuches als Unterscheidungsmerkmal gestolpert, wenn ich mich nicht irre waren darunter auch nicht-muslimische User dabei. Warum gelingt das den meisten Muslimen nicht, wenn sie sich doch so stark und individuell mit dem Islam auseinandersetzen?
Von da aus könnte man auf das Thema Islam und die Sklaverei stoßen. Mit weiterer Recherche würde man dann darauf stoßen, dass die Muslime die Sklaverei aufs äußerste betrieben haben. Nur leider fehlen die Leute, die sich mit den unangenehmen Teilen der muslimischen Geschichte auseinandersetzen oder sie werden zum Schweigen gezwungen. Das nur so nebenbei.
Deshalb bin ich strikt gegen diese Aussage von
@Malihülya Malihülya schrieb:Das sehe ich anders.
Viele Muslime setzen sich ganz eigenständig mit dem Islam auseinander und hinterfragen, dazu zähle ich mich selbst auch. Auch nach tiefgründiger Hinterfragung des Islam, kann man weiterhin überzeugt davon sein.
Das hinterfragen ist dann eher ein "sich selbst bestätigen im Glauben"