@al-chidr:
Man kann den 2. Weltkrieg auch als die Fortsetzung des 1. mit anderen Mitteln ansehen, so eine Art "2. Halbzeit", will man es sportlich sehen.
Die Kriegsziele nach einem deutschen Sieg im 1. WK entsprachen etwa den Forderungen der deutschen Wirtschaftsverbände wie sie in den "Alldeutschen Blätter(n)" von 1916, S. 502- 504 niedergelegt wurden:
"Neben den Forderungen eines Kolonialreiches, das den vielseitigen wirtschaftlichen Interessen Deutschlands voll genügt, neben der Sicherung unserer zoll- und handelspolitischen Zukunft und der Erlangung einer ausreichenden, in zweckmäßiger Form gewährten Kriegsentschädigung, sehen sie das Hauptziel des uns aufgedrängten Kampfes in einer Sicherung und Verbesserung der europäischen Daseinsgrundlage des Deutschen Reiches nach folgenden Richtungen:
Belgien muss, wegen der notwendigen Sicherung unserer Seegeltung, wegen unserer militärischen und wirtschaftlichen Zukunftsstellung gegenüber England, und wegen des engen Zusammenhanges des wirtschaftlich so bedeutenden belgischen Gebietes mit unserem Hauptindustriegebiet, militär- und zollpoltisch sowie hinsichtlich des Münz-, Bank- und Postwesens, der deutschen Reichsgesetzgebung unterstellt werden. Eisenbahnen und Wasserstraßen sind unserem Verkehrswesen einzugliedern. Im übrigen müssen Regierung und Verwaltung des Landes, unter Scheidung eines wallonischen und eines überwiegend flämischen Gebietes und unter Überführung der für die Beherrschung des Landes wichtigen wirtschaftlichen Unternehmungen und Besitzungen in deutsche Hand, so geführt werden, dass die Bewohner keines Einfluss auf die politischen Geschicke des Deutschen Reiches erlangen.
Was Frankreich betrifft, so muss, aus dem gleichen Gesichtspunkte unserer Stellung zu England, der Besitz des an Belgien grenzenden Küstengebietes bis etwa zur Somme und damit der Ausweg zum Atlantischen Ozean als eine Lebensfrage für unsere künftige Seegeltung betrachtet werden. Das hierbei mit zu erwerbende Hinterland muss so bemessen werden, dass wirtschaftlich und strategisch die volle Ausnutzung der gewonnenen Kanalhäfen gesichert ist. Jeder weitere französische Landerwerb hat, abgesehen von der notwendigen Angliederung der Erzgebiete von Briey, ausschließlich nach militärstrategischen Erwägungen zu geschehen. Mann kann hierbei nach den Erfahrungen dieses Krieges wohl als selbstverständlich ansehen, dass wir unsere Grenzen nicht weiterhin feindlichen Einfällen preisgeben dürfen, indem wir die uns bedrohenden Festungsstellungen, insbesondere Verdun und Belfort und den dazwischen liegenden westlichen Abfall der Vogesen, den Gegnern belassen. Mit dem Erwerb der Maaslinie und der französichen Kanalküste wäre, ausser dem erwähnten Erzgebiete von Briey, auch der Besitz der Kohlengebiete des Departements du Nord und des Pas de Calais gegeben. Auch diese Erwerbungen setzen - nach den elsaß- lothringischen Erfahrungen wohl selbstverständlich - voraus, dass die Bevölkerung der angegliederten Gebiete nicht in die Lage gebracht wird, politischen Einfluß auf die Geschicke des Deutschen Reiches zu erlangen, und dass die in diesem Gebiete vorhandenen wirtschaftlichen Machtmittel, einschließlich des mittleren und größeren Besitzes, derart in deutsche Hand überführt werden, dass Frankreich deren Eigentümer entschädigt und übernimmt.
Für den Osten muss zunächst die eine Erwägung maßgebend sein, dass der im Westen zu erwartende große industrielle Machtzuwachs ein Gegengewicht durch ein gleichwertiges im Osten zu erwerbendes Landwirtschaftsgebiet finden muss. Die gegenwärtige wirtschaftliche Struktur Deutschlands hat sich im jetzigen Kriege als so glücklich erwiesen, dass die Notwendigkeit ihrer Erhaltung für eine absehbare Zukunft wohl als allgemeine Überzeugung unseres Volkes bezeichnet werden kann.
Die Notwendigkeit, auch die gesunde landwirtschaftliche Grundlage unserer Volkswirtschaft zu stärken, eine großangelegte deutsche ländliche Besiedelung sowie die Zurückführung des im Auslande, namentlich in Rußland lebenden und jetzt entrechteten deutschen Bauern in das deutsche Reichs- und Wirtschaftsgebiet zu ermöglichen und unsere wehrkräftige Volkszahl stark zu erhöhen, fordert eine erhebliche Erweiterung der Reichs- und preußischen Grenzen gegen Osten durch Angliederung mindestens von Teilen der Ostseeprovinzen und der südlich davon liegenden Gebiete unter Berücksichtigung des Zieles, unsere östliche deutsche Grenze militärisch verteidigungsfähig zu gestalten.
Der Wiederaufbau Ostpreußens verlangt eine bessere Sicherung seiner Grenzen durch die Vorlagerung weiterer Landstriche, und auch Westpreußen, Posen und Schlesien dürfen nicht die gefährdeten Außenmarken bleiben, die sie jetzt sind. Hinsichtlich der Verleihung politischer Rechte an die Bewohner der neuen Gebiete und der Sicherung des deutschen wirtschaftlichen Einflusses in ihnen gilt das hinsichtlich Frankreich Gesagte. Die Kriegsentschädigung von seiten Rußlands wird in großem Umfange in der Übereignung von Land bestehen müssen."
Die deutschen Ziele nach einem "Siegfrieden" entsprachen im Großen und Ganzen diesen Forderungen der deutschen Wirtschaftsverbände vom 20. Mai 1915.