Auch die Grünen haben inzwischen geantwortet.
(Die Antworten von CDU, FDP und SPDfindet Ihr auf der vorigen Seite, ebenso meine Frage an sie.)
GRÜNE
Sehr geehrte Frau F.,
vielen Dankfür Ihre Mail. Bündnis 90/Die Grünen fordern z.B. seit langem Instrumente der direktenBeteiligung und der direkten Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger und haben sich wiekeine andere Partei für die Einführung plebizitärer Elemente eingesetzt.
Es ist unswichtig, dass Politik mehr ist als nur Zuschauerpolitik. In den
vergangenen beidenLegislaturperioden war es unserer Initiative zu
verdanken, dass die Einführung vonVolksinitiative, Volksbegehren und
Volksentscheid ins Grundgesetz in die rot-grüneKoalitionsvereinbarung
aufgenommen wurde. Gemeinsam mit dem Koalitionspartner SPDwurde ein
Gesetzentwurf in Bundestag eingebracht, der aufgrund der Haltung der
Opposition (besonders der CDU/CSU) nicht die erforderliche 2/3-Mehrheit
fürGrundgesetzänderungen erhielt. Wir haben ihn auch in dieser
Legislaturperiode, alsoaus der Opposition heraus, wieder eingebracht.
Das von uns vorgeschlageneVerfahren sieht folgendermaßen aus (die
Begriffserklärungen gehen daraus hervor):
*Volksinitiative*
400.000 Stimmberechtigte können einen Gesetzentwurf in denBundestag
einbringen. Der Bundestag muss sich mit diesem Gesetzentwurf befassen.
Die Vertrauensleute der Volksinitiative haben das Recht auf Anhörung.
*Volksbegehren*
Hat das Parlament den eingebrachten Gesetzentwurf nicht innerhalbvon acht Monaten verabschiedet, können die Vertrauensleute der Volksinitiative dieDurchführung eines Volksbegehrens einleiten. 5 Prozent der Stimmberechtigten, d. h. rund3 Millionen Bürgerinnen und Bürger müssen innerhalb von 6 Monaten das Volksbegehrenunterstützen.
*Volksentscheid*
Ist das Volksbegehren erfolgreich, findetinnerhalb von sechs Monaten ein Volksentscheid statt. Ein Gesetz kommt dann durchVolksentscheid zu
Stande, wenn ihm die Mehrheit der Abstimmenden zugestimmt hat undsich
mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten an der Abstimmung beteiligt
haben (Beteiligungsquorum). Verfassungsänderungen erfordern ein
höheresBeteiligungsquorum von 40 Prozent der Stimmberechtigten. Außerdem ist eineZweidrittelmehrheit der Abstimmenden erforderlich.
*Referendum*
EinReferendum ist sozusagen ein Volksentscheid von oben. Es sieht vor,
dass dieBundesregierung, der Bundesrat oder der Bundestag selbst einen
Antrag stellenkönnen, um verfassungsändernde Gesetze dem Volk zur
Entscheidung vorzulegen. Stimmen2/3 der Abgeordneten des Bundestags
dem Antrag zu, wird dieses Gesetz dem Volk zurabschließenden Entscheidung
vorgelegt.
Die Beteiligungsrechte müssen sichnatürlich ebenso wie parlamentarische
Initiativen und Entscheidungen an denGrundrechten (im Grundgesetz) und
an den Übrigen verfassungsrechtlichen Bestimmungenausrichten.
Fragen zu unserer Politik beantworten wir gerne und freuen uns auchüber
realitätsnahe Anregungen. Allerdings gibt es viele Ideen, die oberflächlichbetrachtet, sehr attraktiv wirken, sich aber als nicht durchführbar erweisen. DieAuswirkungen von Änderungen sind im Hinblick auf finanzielle, strukturelle undgesamtgesellschaftliche Aspekte oft sehr komplex und nur von Fachleuten in ihrerTragweite zu beurteilen.
Darüber hinaus gibt es auch Hürden hinsichtlich derRechtmässigkeit von
Massnahmen. Wir leiten konstruktive und hilfreiche Vorschlägejedoch an
unsere zuständigen Experten im Bundestag zwecks Kenntnisnahme und
eventueller Einbeziehung interessanter Aspekte in die jeweilige Fachdebatte weiter.
Leider ist Politik aber auch kein Wunschkonzert, das vergessen manche
Bürgerinnen und Bürger. Ohne Mehrheiten hinter sich zu haben - bei
innerparteilichen Entscheidungen, im Parlament und auch in der
Bevölkerung -kommt man nicht weiter. Das ist der Grundgedanke der
Demokratie. PolitischeVeränderungen dauern deshalb länger und sind
schwieriger zu erreichen, als man sichdas wünschen mag. Fast immer
aber bestehen sie aus Kompromissen derunterschiedlichsten Interessen.
Politik ist das geduldige Bohren dicker Bretter mitAugenmaß und
Leidenschaft, wie Max Weber, bekannter deutscher Soziologe und
Nationalökonom, gesagt hat. Das erfordert, täglich die schrittweise
Verbesserungder bestehenden Zustände zu versuchen und nicht auf den einen großen Tag zu warten, andem sich alles auf einmal ändern lässt.
Wenn Sie an den politischenVorstellungen unserer Partei interessiert sind, informieren wir Sie gern ausführlicher,oder schauen Sie einmal in unserer Internetangebot.
Mit freundlichen Grüßen
Donate Hochstein
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BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Bundesgeschäftsstelle
Referat Öffentlichkeitsarbeit
E: pr@gruene.de
http://www.gruene.de/