wuec schrieb:Das Argument wäre einiges schlüssiger, wenn RTL Arte, Phoenix und Telekolleg im Angebot hätte.
Nicht ganz, denn die Ausgangslage war ja, wieso Kochsendungen und Musikantenstadel - also Sendungen mit geringen Anspruch mitfinanziert werden müssen. Man muss hier schon den Ursprung des Zitats berücksichtigen.
Geisonik schrieb:Wenn eine Nachricht keine Reichweite hat, dann hat sie keine Reichweite.
Wenn eine Nachricht viral geht und dadurch Millionen Menschen erreicht, dann hat sie Reichweite. Demnach ist es dann keine Nachricht die keine Reichweite hat, sondern eine Nachricht die Reichweite hat.
Eine Nachricht die keine Reichweite hat, kann nicht Millionen Menschen oder gar die ganze Welt erreichen, denn dann wäre es eine Nachricht mit Reichweite.
Was ist denn daran nicht zu verstehen?
Ich glaube leider du hast zumindest diesbezüglich Verständnisprobleme.
Ja, danke für den Hinweis. Es gibt hier ein Verständnisproblem. Kann ich aber leicht aufklären. In meiner Erklärung ist die Nachricht ohne Reichweite, der Passant mit dem Smartphone. Also er kann maximal zum nächsten Fußgänger laufen und fragen ob er das auch gesehen hat. Er ist aber kein Medienkonzern, der das mitgefilmt hat. Geht er mit seinem Material aber an ein beliebiges Medium, dann hat eine Nachricht ohne Reichweite plötzlich exponential viel Reichweite. In dem Sinne haben wir wohl wirklich etwas aneinander vorbei geredet. Muss ich mir ein Stück weit ankreiden, weil man es ja tatsächlich auch anders verstehen kann.
Doors schrieb:Trotzdem halte ich solche Formen des Journalismus für sinnvoll. Ich möchte das Informationsgeschäft nicht Springer und Bertelsmann überlassen.
Warum? Weil der "Anführer" des ÖRR ein besserer Mensch ist als der von Bertelsmann? Auch private Medienkonzerne haben Aufsichtsräte, werden kontrolliert und arbeiten zudem noch unter Erfolgsdruck. Geschwurbel oder gar Lügen zu produzieren, ist wirtschaftlich fatal. Ein Blogger, der durch Spenden unterstützt wird, kann genauso unabhängig sein, wie ein privater, der durch Werbung unterstützt wird und genauso unabhängig, wie ein ÖRR mit Aufsichtsräten, in den Politiker und Kirchenvertreter sitzen. Der Gedanke, dass die Herkunft der Finanzierung immer und in jedem Fall ein Nachteil für die Unabhängigkeit von Nachrichten ist, ist bestenfalls eine Unterstellung, aber kein Faktum. Denn im Endeffekt entscheidet nicht der Werbepartner über Erfolg eines Medienkonzerns, sondern der Käufer, der Endabnehmer.
navi12.0 schrieb:Klar muss der ÖR ein halbwegs attraktives Angebot machen, sonst laufen die Konsumenten davon. Mag sein, dass er ökonomisch nicht so unter Druck steht. Kulturell tut er es, denn er hat eben den Anspruch die Gesellschaft richtig zu informieren, und einen Bildungsauftrag.
Welche Konsumenten? Arte wird doch nicht für die breite Masse gemacht, sondern für Minderheiten. Quotenorientes Senden ist was für privat finanzierte Medienanstalten. Es gibt keinen Konkurrenzdruck. Das ist ja nun mal ein fester Makel des ÖRR. Scheiß egal, was du sendest, es wird auf jeden Fall finanziert. Wie willst du damit Qualität sicher stellen? Durch die Leute oben in den Gremien, die ihr Geld ja auch sicher haben?
Der ÖR steht augenblicklich kulturell unter gar keinen Druck mehr. Ein Teil der Bevölkerung hasst sie ja bereits und es ist ihnen trotzdem egal. Abseits davon klaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit halt gravierende Lücken. Warum brauche ich denn den ÖR gar nicht in meinen Leben? Weil es so wahnsinnig viele bessere Alternativen gibt.
navi12.0 schrieb:Der ÖR muss also hier alles geben, um die Gesellschaft so aufgeklärt wie ihm nur möglich zu halten, um sich damit selbst erhalten zu können.
Woher stamm dieses "muss" in deinem Satz? Wer bestimmt das? Der Staatsvertrag? Es gibt und gab bereits Verfehlungen im Sendebetrieb und es hat nie Konsequenzen deswegen gegeben. Das "muss" ist mehr so etwas wie ein Leitfaden, ohne Konsequenzen bei Verstoß. Der Erhalt des ÖR ist nicht durch die Akzeptanz in der Bevölkerung gesichert, sondern von der Akzeptanz der Politik und die Politik wird ihr Spielpferd mit Sicherheit nicht freiwillig aufgeben.
navi12.0 schrieb:Alles Leute, die von einer aufgeklärten Gesellschaft in bestimmte Ämter berufen wurden. Diese Ämter ihrerseits werden ebenso durch bestimmte Kontrollmechanismen überwacht. So ergibt sich schon summa summarum ein relativ gut geregeltes System, dem man noch eher vertrauen schenken kann, als z.B. irgendeinem Kanal einer AG, die nur von Leuten kontrolliert wird, die hauptsächlich ihrem eigenen Bankkonto verpflichtet sind, und sonst niemandem weiter.
Ja, weil die Leute in den Gremien, die dort herein gewählt werden ja auch ehrenamtlich arbeiten und keinerlei finanzielle Interessen verfolgen .... oder wie? Bleib doch mal realistisch. Ein Mensch der im privaten Sektor arbeitet ist genaus gut oder schlecht in seiner Gesinnung, wie jemand der im ÖR-Sektor arbeitet. Es geht um Geld und um Macht. Es gibt keine Qualifikation die einen Menschen dazu beruft das er nur das beste für die Bevölkerung will. Sieh dir Elon Musk an oder meinetwegen auch Steve Jobbs. Das sind Leute, die mit ihren Ideen und Visionen die Welt für die Menschen besser machen woll(t)en. Klar wollten die auch Geld verdienen, aber das will wohl am Ende jeder Mensch, der von irgendwas leben will. Greenpeace hat sicher auch edle Ziele, aber auch die sind manchmal radikaler als nötig. Es gibt also keine universelle Formel, die da lautet, nicht Öffentlich = schlecht.
navi12.0 schrieb:Soweit ich weiß haben die ÖR-Kanäle einen über 50%igen Marktanteil. Schwankend, und altersabhängig, zugegeben. Das ist trotzdem schon massig. Mir ist auch kein Privater bekannt, der diese Werte erreicht.
Und klar spielt das eine Rolle, wieviel Menschen eine Bestimmte Info erreicht, wenn man hier den Anspruch hat, die Gesellschaft aufzuklären.
Ganz genau! Marktanteil! Das heißt, von 100 % TV-Zuschauer, haben sie im besten Fall, 50 % auf ihrer Seite, aber was sind schon 100 % TV-Zuschauer in Zahlen? Und in Relation zu Netflix? Oder zu wen sonst noch ...
Reichweite ist halt mehr als nur die Leute, die noch Fernsehen schauen.
Ist es am Ende nicht viel mehr so, dass z.B. die ARD eine Nachricht raus haut und jeder andere Medienanbieter automatisch darauf Zugriff hat? Selbst ein ARD mit nur 100.000 Zuschauern, wäre durch die globale Medienlandschaft ohne Reichweite durch einen viralen Effekt in der Lage eine Nachricht weltweit zu übermitteln, selbst wenn man nur eine regionale Reichweite hätte.
kleinundgrün schrieb:Warum dient eine möglichst unabhängige Medienlandschaft nicht der Allgemeinheit?
Die Frage ist klug gestellt, aber natürlich unterschlägt sie einen wichtigen Sachverhalt. Unabhängig setzt du mit gut und gemeinnützig gleich, was ja auch nicht unbedingt verkehrt ist, aber gleichzeitig suggerierst du damit, dass ein abhängiges Medium - konkret, Abhängig vom Endabnehmer - etwas schlechtes für die Allgemeinheit ist. Zumindest kann man das so auslegen.
Im ursprünglichen Ausgangswortlaut hatte ich die übrigens geschrieben dass man Steuern, die der Allgemeinheit dienen, von einer Medienabgabe trennen muss, die nur einen bestimmten Clientel dienen. Ich hatte dir also durchaus geantwortet, warum ich es nicht so sehe dass der ÖRR der Allgemeinheit dient. Man könnte jetzt sagen, der ÖRR ist dafür angedacht allen und somit dem Allgemeinwohl zu dienen, aber das ist ungefähr so als würde man sagen, dass jeder gerne Fleisch isst, obwohl die Vegatierer das sicher anders sehen werden.
kleinundgrün schrieb:Eben. Und das Geld dafür bekommt er durch steuern. Und Gebühren.
Gebühren sind in manchen Konstellationen geeigneter, weil sie dem Staat eine Möglichkeit der Beeinflussung nehmen. Steuern sind in manchen Konstellationen geeigneter, weil sie grundsätzfrei verwendet werden können.
Warum reden wir auf ein mal von Gebühren? Ich denke wir sind thematisch bei den Beiträgen des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks. Kann dir gedanklich gerade nicht ganz klar folgen.
kleinundgrün schrieb:Machst Du nicht. Du profitierst vom mittelbaren Nutzen. Davon, dass es überhaupt diese Angebot gibt und dass Konzerne und staatliche Stellen sich einem Kontrollmechanismus ausgesetzt sehen, den es sonst in diesem Umfang nicht gäbe.
Und diesen Vorteil hast Du, auch wenn Du nicht eine einzige Sekunde das Programm sieh
Also, wenn es keinen ÖRR gäbe, dann könnten staatliche Stellen alle Art von Schindluder treiben ohne dass es jemanden interessiert? Oder wie soll ich diese Argumentation verstehen. Ist es nicht ein freier Journalist gewesen, ein gewisser Tilo Jung, der dem Staat in Bundespressekonferenzen regelmäßig auf die Füße tritt und Jedermann des Staates Schwächen und Versagen aufzeigt? Sind die journalistischen Leistungen des Spiegels, der Zeit, der Welt oder anderer Medienhäuser denn nur noch einen Dreck wert? Nein, diese gibt es trotz ÖR, nicht wegen. Den mittelbaren Nutzen, den du mir attestierst, gibt es daher auch nicht. Ich weiß. Das kann man nicht glauben, wenn man es nicht selbst so (er)lebt, aber es ist nun mal "leider" so.
kleinundgrün schrieb:Aber diese Art der Finanzierung trägt dazu bei, dass es ein solches Medium gibt. Es kann aus anderen Gründen auch andere solche Medien geben, aber ohne eine entsprechende Konkurrenz, die hier inhaltliche Maßstäbe setzt, eher wenig wahrscheinlich.
Was du als wenig wahrscheinlich betitelst ist witzigerweise bereits Praxis. Inhaltliche Maßstäbe kann jeder Medienanbieter setzen ohne dass ihn ein Zwangsbeitrag am Leben hält. Die Maßstäbe setzt nämlich der Mensch, der das Medienhaus betreibt, nicht die Art der Finanzierung.
Woher der Gedanke kommt, dass ohne ÖR alle privaten Medienanbieter quasi anfangen würden ihre Arbeit einzustellen und nur noch mit halber Kraft recherchieren, habe ich bisher nicht nachvollziehen können.
kleinundgrün schrieb:Weniger Abhängigkeit von der Wirtschaft, da Werbeeinnahmen nicht in dem selben Maße essentiell sind.
Weniger Abhängigkeit vom Staat, da es keine Finanzierung aus einer Steuer ist.
Was bringt das? Nun, zum einen eine mediale Instanz, die ein Gegengewicht zu Wirtschaft und Staat ist. Und eine Instanz, die gewisse staatliche oder gemeinschaftliche Bedürfnisse befriedigen kann, ohne dass sie dabei auf wirtschaftliche Tragfähigkeit angewiesen ist. Bildungsangebote z.B. Die könnte man natürlich auch durch Steuern bezahlen, aber warum so kompliziert?
Vielen Dank noch mal für deine kleine Auflistung der Argumente pro ÖRR. Ich würde sie kurz durchgehen, denn schließlich hattest du ja den Verdacht, ich würde mich vor Antworten darauf drücken.
;)1. Weniger Abhängigkeit von der Wirtschaft, da Werbeeinnahmen nicht in dem selben Maße essentiell sind.
-> Letztendlich kannst du bombastische Werbeeinnahmen haben, aber wenn du den Endabnehmer mit deinen Inhalten nicht zum Kauf/Zusehen bewegst, nützt dir das auch nichts. Einflussnahme durch Werbeträger ist ein Mythos oder läuft seit Wallraff etwa keine McDonalds Werbung mehr auf RTL?
2. Weniger Abhängigkeit vom Staat, da es keine Finanzierung aus einer Steuer ist.
-> Defintiv ein Vorteil, auch wenn natürlich die Frage erlaubt sein muss, ob der Zweck die Mittel heiligt, wenn es um die Finanzierungsfrage geht
3. ...
-> Gibt es ein Drittens oder gehört das noch zu zweitens, was du sonst geschrieben hast. Sieht für mich so aus. Also ich hatte vor ein paar Seitene 8 Punkte aufgeschrieben gegen der ÖRR und dann abgebrochen, weil es exemplarisch schon gereicht hatte.
Bin ich damit zufriedenstellend auf deine Argumente eingegangen oder willst du es ausführlicher?
:)kleinundgrün schrieb:Irgendwie scheinst Du hier ein Problem mit Gebühren zu haben. Aber warum? Warum sind Steuern gut und Gebühren nicht? Ich vermute, Du hast ein falsches Bild davon, was eine Gebühr ist, oder?
Warum reden wir wieder von Gebühren? Habe ich mich irgendwann mal vertippt oder sollten wir nicht über die Beiträge zum ÖRR reden? Ich bin verwirrt.
kleinundgrün schrieb:1. Sie stellen den Dienst nicht ein, die Qualität würde aber sinken. Bitte sieh Dir mal Nachrichten in den USA an.
2. Verstehe diese Aussage nicht. Der Nutzen ist mittelbar.
3. Nicht gleichgeschaltet. Aber ohne eine Messlatte, an der sich andere orientieren müssen, sinkt die allgemeine Qualität.
4. Natürlich orientiert sich nicht jedes Medium daran - aber manche anderen schon. Oder wählst Du die Bildzeitung als Quelle und nicht vielleicht etwas seröseres? Wäre das genau so seriös, wenn es keine Vergleiche fürchten müsste?
1. Kann ich mir nicht lieber die Nachrichten in Dänemark ansehen?
:) Nein, Spaß beiseite. Ganz im ernst. Die USA haben ein Medienproblem. Ohne Zweifel. Dort gibt es Medienhäuser, die Mogulen unterliegen, die teilweise auch noch eine gewisse Treue zum jeweiligen Präsidenten der USA haben. Es ist das Extrem, aber einerseits gibt es in den USA auch die New York Times und andere Medienhäuser, die wirklich guten Journalismus machen. Die USA ist doch nicht die Messlatte für die Welt. Ach ja, und andererseits, profitiere ich ja bereits von den bestehenden Medien, die es jetzt gibt, obwohl es den ÖRR ja auch gibt, von dem ich widerrum nicht profitiere. Ich habe lieber die freie Wahl als dass mir jemand vorschreibt, welches Medium das universelle und beste ist, das ich gefälligst du finanzieren habe.
2. Das Passiv-Raucher-Prinzip kommt zur Anwendung, wenn man eigentlich den Kontakt zu schädlichen Dingen vermeidet, durch die Umwelt, die einen umgibt, also durch die Mitmenschen, dann dem sich dann aber doch nur eingeschränkt entziehen kann.
3. Das Thema Messlatte hatten wir in diesem Posting schon. Dem habe ich hier erst mal nichts hinzuzfügen
4. Die Bild-Zeitung nimmt sich selbst als Messlatte, als Stimme des Volkes. Nicht meine, übrigens. Hab noch nie eine gekauft. Mir haben kritische Auseinandersetzungen von anderen Leuten damit schon gereicht. Ist aber nur ein Randthema gerade, denn die eigentliche Frage blieb unbeantwortet. Was macht den ÖRR zur Messlatte für andere? Die Art der Finanzierung? Wohl kaum. Warum kann ein Elon Musk als Privater die Messlatte für CO2-freies fahren legen, ohne dass er finanziell zwangsgefördert wurde?