shionoro schrieb:Wir müssen Einzelinhalte von medialer struktur trennen. Ich weiß nicht, ob du marshall mc luhan kennst, aber in der medientheorie gibt es den satz 'the medium is the message'.
Man kann medien nicht nach ihren Inhalten bewerten, im sinne von 'fernsehen ist gut, wenn da viele gute sendungen drin laufen', sondern man muss sich anschauen, wie die medienstruktur und die bevölkerung ein medium wohl formen werden, sodass bestimmte INhalte zwingend erscheinen.
Es ist vollkommen irrelevant selbst wenn du mir 100 beispiele von schlechtem jouranlismus oder schlechten sendungen aus dem ÖR gibt, genauso wie es für meine Bewertung des spiegel erstmal egal ist, was claas relotius macht.
Wichtig sind dahinterliegende strukturelle Zwänge.
Welche strukturellen Zwänge sollen das sein? Die 17,50 Euro im Monat für etwas zu bezahlen, das man nie konsumiert? Irgendwie sind wir nun an einen Punkt bei dem das Programm des ÖRR noch so mies sein kann, so lange es überall empfangen werden kann, hat es seinen Sinn, so meine Lesweise.
shionoro schrieb:Nein, nachvollziehen kann ich das nicht, weil die argumentation einfach schrecklich schwach ist. Auch Richter am Verfassungsgericht haben zum Teil ein Parteibuch oder die vorstände wichtiger stellen wie Gewerkschaften, Polizeichefs und ähnliches. Nur beim ÖR soll das ein Problem sein, ob wohl ganz klar vom Grundgesetz die Verantwortung des Rundfunk an die Bundesländer gegeben wird.
Da müsstest du schon das Grundgesetz ändern, wenn du in den Aufsichtsgremien keine Politiker haben willst. Die müssen da sitzen. Das Problem vorher war, dass da zu viele Regierungsnahe Menschen saßen, nicht, dass die ein Parteibuch hatten.
Okay, ich versuche es dir mal anschaulicher zu erklären. Nehmen wir mal an wir führen ein Gespräch über einen hoch dotiertieres DAX Unternehmen, bei dem der Vorstand aus 10 Leuten besteht, von denen 5 direkt oder indirekt aus der Politik kommen. Würdest du meinen Einwurf als Schwachsinn verwerfen, wenn ich dem Unternehmen unterstellen würde, dass wahrscheinlich es politischer Einflussnahme ausgesetzt ist?
shionoro schrieb:Dir einen VOD zu holen für dein Entertainment und da den einen amazon prime, den anderen netflix holen zu lassen, ist ein ding. Ein Luxus, den viele mögen. Das ist vollkommen in ordnung, ähnlich wie das erwerben einer spielekonsole, die ja auch nicht alle spiele abspielen kann.
Ich denke hier lebst du 20 Jahre in der Vergangenheit. Niemand holt sich das weil er sich den Luxus gönnen will, sondern weil er dort ein Medienangebot bekommt, das seine Interessen füttert. Die Bezeichnung Luxus entspringt den Grundgedanken, dass er doch genauso gut für die bereits gezahlten 17,50 Euro zufrieden mit dem dargebotenen Programmangebot sein könnte.
Wenn dem so wäre, hast du mal überhaupt nichts verstanden, wie Medien und Medienkonsum heute funktioniert.
Nein, das Abo bei der Welt hab ich nicht, weil es für mich Luxus ist, sondern weil es für mich die einzige bezahlte Quelle ist, bei dem ich mich Nachrichtentechnisch informieren möchte. Und es wären vielleicht sogar mehr, wenn mir nicht 17,50 Euro jeden Monat am Medienbudget fehlen würden.
shionoro schrieb:Der gut recherchierte journalismus ist was für die 10%, die bereit sind, dafür zu zahlen. Die anderen werden mit tendenziösen berichten und fakenews zugeballert.
Dafür bewahrt uns der ÖR, weil der eben mit weiter reichweite nichttendenziöse berichterstattung gewährleistet, eine unterhaltungsgrundversorgung gewährleistet (die man dann kostnepflichtig privat ergänzen kann) und grundsätzlich für alle kostenlos ist.
Deine Definition von 'kostenlos', 'nichttendenziöse Berichterstattung' und 'Unterhaltungsgrundversorgung' lässt mich schaudernd erstarren. Das sind die Momente wo ich merke wie weit wir im Grunde schon voneinander entfernt leben und es ist nicht mal die Entfernung der Bubbles die uns trennt, sondern die Anzahl an Jahren, die du medial noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen bist.
shionoro schrieb:40% der Amerikaner haben vertrauen in ihre Medien.
https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/glaubwuerdigkeit-der-medien-2020/
80% der Deutschen vertrauen dem ÖR.
Es mutet schon etwas seltsam an etwas im Vergleich zu setzen, wo man einerseits fragt, vertraut ihr den Medien und vertraut ihr diesen einen Medium, weil die erste Frage ja explizit auch auch alle privaten Anbieter mit einschließt. Wenn du das vergleichen willst, musst du z.B. fragen wie viele Menschen z.B. der Zeit vertrauen und das dann meinetwegen mit dem ÖRR Angeboten gegenüberstellen. Glaubst du ernsthaft da kommen keine 80 % für die Zeit rum?
Der Konsument wird immer ja sagen, wenn du die Vertrauensfrage stellst, wodurch man sowieso im Vorfeld das befragte Publikum besser vorsortiert hätte sollen. Man setzt hier einen spezifisches Medienangebot im Vergleich zu allen anderen - das ist doch klar dass die Statisitik daraus irgendwie verzerrt sein wird.
shionoro schrieb:Naja aber du kannst z.b., wenn du markus lanz sehen willst weil da Armin laschet war, einfach 'markus lanz mediathek' bei google suchen und kommst da sofort drauf. Das geht schnell und einfach.
Ich verstehe, was du da sagst, ich glaub aber, bei den meisten zuschauern ist das anders rum.
Na ja, aber ich kann, wenn ich z.B. aktuelle Corona-Zahlen eingebe auch genauso gut auf welt.de oder bei regionalen Medienanbietern landen. Das Armin Laschet jetzt beim ÖRR war und nirgendswo anders, macht das Ergebnis der Suche natürlich so, dass man beim ÖRR landet. Wenn Armin Laschet aber der Zeit eine Exklusivinterview gibt, landest du auf jedenfall bei der Zeit.
Generell ist deine Warnhinweis "Achtung USA" zwar gut gemeint, aber gleichzeitig denkst du keine Sekunde dran dass man nicht auch "Achtung VR China" rufen könnte. Du argmuntierst damit dass die Privaten tendientiös seien, obwohl sich er ÖRR zunehmend im gleichen Maße nicht mehr davon abhebt. Du verlangst quasi von uns, dem kritischen Beobachter, dass wir die Falschinformationen aus dem RBB Beitrag als Einzelfall hinnehmen sollen, denn der Rest was auf dem ÖRR so läuft wird schon stimmen. Das ist schon ziemlich viel verlangt, dafür dass ich es eigentlich nicht mal hätte sehen wollen.